Still sein, um zu überleben Filmkritik zu Horror-Thriller "A Quiet Place"

Bonn · Am Donnerstag kommt der Horror-Thriller "A Quiet Place" in die deutschen Kinos. GA-Mitarbeiter Martin Schwickert hat sich den Film schon anschauen können - Hier ein Kommentar.

 Sie spielt die hochschwangere Mutter in „A Quiet Place“: Emily Blunt (l.) mit Millicent Simmonds in ihrem Farmhaus.

Sie spielt die hochschwangere Mutter in „A Quiet Place“: Emily Blunt (l.) mit Millicent Simmonds in ihrem Farmhaus.

Foto: AP

Fast 40 Minuten dauert es, bis der erste Satz gesagt wird, und die gesprochenen Dialoge dieses Films dürften auf zwei Schreibmaschinenseiten passen. Still zu sein ist in John Krasinskis „A Quiet Place“ eine Frage des Überlebens. Auf der Erde haben sich nämlich Monster breitgemacht, die weder sehen noch riechen, dafür aber umso besser hören können. Das kleinste Geräusch können sie über Kilometer hinweg wahrnehmen und so Beute lokalisieren.

Die Filmhandlung folgt einer der wenigen überlebenden Familien, die sich umgeben von Maisfeldern und Silos in einem Farmhaus eingerichtet hat. Die Wege zu den Feldern und zum Fluss wurden mit Sägespänen ausgelegt, um Geräusche abzudämpfen. Auf den Dielen und Treppen sind die Stellen markiert, auf die man treten kann.

Mit ungeheurem Detailreichtum zeigt Krasinski den familiären Alltag, der unter dem Diktat der Stille nach Normalität und Geborgenheit strebt und gleichzeitig von strengen Überlebensregeln gekennzeichnet ist. Eltern und Kinder sprechen untereinander in Gebärdensprache. Die 14-jährige Tochter Regan (herausragend: Millicent Simmonds) ist gehörlos und durch ihre Behinderung in der feindlichen Welt besonders gefährdet.

Ihr ängstlicher, jüngerer Bruder Marcus (Noah Jupe) muss mit dem Vater (John Krasinski) immer wieder hinaus, um die wichtigsten Survival-Techniken zu erlernen. Mutter Evelyn (Emily Blunt) ist hochschwanger und die Eltern müssen Vorkehrungen für die Geburt treffen, bei der kein Geräusch nach außen dringen darf.

Krasinski lässt sich viel Zeit mit der Charakterisierung der einzelnen Figuren, die sich ja nicht in Dialogen äußern können, sondern auf Mimik und Gestik reduziert sind. Und so wird der Film getragen von intensiven Nahaufnahmen auf die Gesichter, in denen es mehr zu entdecken und zu lesen gibt als in so manchem redseligen Drehbuch.

Dem gegenüber stehen die ruhigen Naturaufnahmen von Kamerafrau Charlotte Bruus Christensen, in deren Schönheit sich stets auch die lauernde Gefahr verbirgt. Erst im letzten Drittel manifestiert sich die Bedrohung durch die sichtbare Präsenz der Monster. Aber der Film verliert sich nicht in einem stupiden, blutrünstigen Finale, sondern setzt den Schrecken pointiert ein, ohne den Kontakt zu den Figuren zu verlieren.

„A Quiet Place“ macht den elterlichen Beschützerinstinkt als stärkste Form der Liebe zum Dreh- und Angelpunkt der Erzählung. Die Intensität familiärer Bindungen wird hier äußerst plastisch vor Augen geführt, gerade weil das Konzept sich jegliches sentimentales Geschwätz selbst verbietet und dennoch auf pures Emotionskino setzt. ⋌Kinopolis

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