TV-Kommissar Das sagt Axel Milberg zu seinem neuen Tatort aus Kiel

Bonn · Der Schauspieler Axel Milberg ist an diesem Sonntag zum 35. Mal als „Tatort“-Kommissar Klaus Borowski in Kiel im Einsatz. Die Dreharbeiten für den 36. Fall mussten im März krisenbedingt abgebrochen werden. Das sagt der Schauspieler zu der Folge.

 „Tatort Kiel“: Die Folge „Borowski und der Fluch der weißen Möwe“ mit Axel Milberg und Almila Bagriacik

„Tatort Kiel“: Die Folge „Borowski und der Fluch der weißen Möwe“ mit Axel Milberg und Almila Bagriacik

Foto: Tatort Kiel

Die Zuschauer kennen ihn als spröden Kieler „Tatort“-Kommissar: Seit 2003 ermittelt Axel Milberg in der traditionsreichen Krimireihe als Klaus Borowski in der Stadt an der Ostsee, jetzt ist er zum 35. Mal im Einsatz. In der Folge „Borowski und der Fluch der weißen Möwe“ (10.5., 20.15 Uhr, ARD) ersticht eine Polizeischülerin bei einer Übung einen Mitschüler und verweigert danach die Aussage. Die Dreharbeiten für einen weiteren Kieler „Tatort“ mussten im März wegen der Corona-Krise abgebrochen werden. Mit Axel Milberg sprach Cornelia Wystrichowski

GA: Herr Milberg, Sie ermitteln seit vielen Jahren als Kommissar Borowski. Warum ist die Figur inzwischen so viel netter und normaler als am Anfang?

Axel Milberg: Wir fanden, dass der jeweilige Fall und die Geschichte einer Kieler „Tatort“-Folge mehr im Vordergrund stehen sollten als der Kampf des Ermittlers gegen sich selbst, gegen seine sozialen Phobien und sein Einzelgängertum. Die Figur war am Anfang deutlich so angelegt, aber die Therapeutin für interne Konflikte bei der Polizei, damals Maren Eggert als Frieda Jung, hat ihm über die Jahre hinweggeholfen. Nun ist Borowski, glaube ich, professioneller unterwegs.

GA: Manche „Tatort“-Stars hadern damit, nach einer Weile in der Rollenschublade als TV-Kommissar zu stecken. Wie ist das bei Ihnen?

Milberg: Man kann nicht alles haben, und natürlich gibt es den „Tatort“ als starke Marke. Aber ich arbeite jedes Jahr noch in zwei, drei anderen Filmproduktionen, auch Komödien, spiele da ganz andere Charaktere.

GA: In der aktuellen Folge „Borowski und der Fluch der weißen Möwe“ geht es um die psychische Belastung, der Polizeibeamte ausgesetzt sind. Was reizt Sie an diesem konkreten Aspekt?

 Konzentrierter Moment: Der Schauspieler Axel Milberg blickt in die Kamera des Berliner Starfotografen Jim Rakete.

Konzentrierter Moment: Der Schauspieler Axel Milberg blickt in die Kamera des Berliner Starfotografen Jim Rakete.

Foto: Jim Rakete

Milberg: Es geht letztlich um die Erkenntnis, dass die Arbeit der Polizei in unseren Krimis ernst genommen wird, dass wir nicht crazy Helden spielen, die auf Bewunderung schielen. Das finde ich wichtig, das macht mich froh. Aber das war auch mal anders, wenn ich beispielsweise an die Zeit zurückdenke, als ich zwischen 17 und 23 Jahre alt war, Stichwort Anti-Atomkraft und so weiter.

GA: Welche Erinnerungen haben Sie?

Milberg: Damals hatte die Polizei noch nicht viel von Deeskalation gehört, sie neigte zum Überreagieren – und war deshalb oft der Buhmann. Das hat sich heute geändert, und wir haben dadurch eine ganz andere gesellschaftliche Anerkennung der Behörden. Wir brauchen sie, und sie brauchen den Rückhalt in der Bevölkerung.

GA: Sie gehören zu den wenigen Schauspielern, die als „Tatort“-Kommissar in der eigenen Heimat ermitteln. Achten Sie darauf, dass die Stadt Kiel gut rüberkommt in den Filmen?

Milberg: Wir drehen, ehrlich gesagt, aus Kostengründen zwei Drittel der Filme in und bei Hamburg, es wäre sonst nicht zu finanzieren. Bei anderen „Tatort“-Produktionen läuft das ähnlich, auch sie entstehen nicht immer komplett in der Region, in der sie spielen. Früher sind wir zu Drehbeginn nach Kiel gefahren, haben ins Hotel eingecheckt und waren dann dort fünf Wochen. Daraus ist jetzt eine Woche geworden. Aber die Außenmotive, die im Film vorkommen müssen, drehen wir natürlich in Kiel.

GA: Ende März mussten die Dreharbeiten zu einem neuen Kieler „Tatort“, der 2021 laufen soll, wegen der Corona-Krise unterbrochen werden. Was genau ist passiert?

Milberg: Wir haben zunächst gedreht wie geplant. In der zweiten Hälfte der Produktion wurde dann bei uns Teammitgliedern jeden Tag vor Drehbeginn Fieber gemessen. Manche Kollegen sind nicht mehr zur Arbeit erschienen – jemand, der eine betagte Großmutter im Haushalt hat, und auch eine Mitarbeiterin, die an Asthma leidet, blieb zu Hause. Wir hätten noch weitere Szenen mit 30 Statisten gehabt, das unterblieb dann auch.

GA: Sie selber haben aber noch

weitergemacht?

Milberg: Ja, mit Handschuhen und Sicherheitsabstand. Zuletzt habe ich nur noch Szenen gedreht, die ohne Partner möglich waren.

GA: Welche Szenen waren das?

Milberg: Ins Auto einsteigen, Fahrt im Auto, aussteigen. Als wir dann aufhören mussten, bin ich im Leihwagen zurück nach München gefahren. Das Hamburger Hotel, in dem ich wohnte, schloss am nächsten Tag – ich war der letzte Gast, das war schon seltsam. Endzeit. Danach bin ich dann nach Hause zu meiner Frau und unserem Sohn, der übrigens seit dem 28. April wieder zur Schule geht.

GA: Und wer kam auf die Idee, dass Sie in der Corona-Zeit den Podcast „Milbergs literarischer Balkon“ sprechen?

Milberg: Es war eine spontane Idee. Es ging darum, etwas Relevantes zu produzieren, das mit Literatur, einer persönlichen Auswahl an Texten und natürlich der Stimme zu tun hat. In dieser Zeit stand ich täglich vor dem Bücherregal und suchte etwas aus, mit dem ich den Hörern jeden Morgen das Vergnügen an Büchern vermitteln konnte. (siehe auch Infokasten)

GA: Ihr Im vergangenen Jahr erregte Ihr autobiographisch gefärbter Roman „Düsternbrook“ viel Aufmerksamkeit. Schreiben Sie bereits an Ihrem zweiten Buch?

Milberg: Ich bereite gerade ein Hörbuch vor, einen neuen Thriller von Max Bentow. Was meinen nächsten Roman angeht, werde ich wohl erst später zum Schreiben kommen. Im Moment bin ich noch mit Vorarbeiten beschäftigt, mit Stoffsammlung und Recherche.

GA: Werden Sie die Pandemie darin thematisieren? Oder glauben Sie, dass die Krise auch mal Thema eines „Tatorts“ wird?

Milberg: Ob man das alles noch mal hören und sehen will, nachdem man monatelang damit gelebt hat, ist die große Frage. Hilfe, nein. Ich selber will und kann Corona, da alle darüber sprechen, nicht zum Thema meines Romans machen. Aber wer weiß, es gibt ja unendliche Möglichkeiten.

GA: Wird „Düsternbrook“ verfilmt?

Milberg: Bis jetzt nicht. Ich hüte diese Geschichte auch als kostbaren Schatz, wir haben es da nicht eilig.

GA: Vor zwei Jahren hat Almila Bagriacik als Borowskis Kollegin die Schauspielerin Sibel Kekilli abgelöst. Welche Folgen hatte dieser Personalwechsel im Hinblick auf die Dramaturgie?

Milberg: Mit diesem Wechsel hat sich der Ton der Filme geändert. Vorher war von der Redaktion eher die Auseinandersetzung zwischen uns beiden Ermittlern gewünscht. Der Umgang zwischen Borowski und seiner Kollegin ist nun vertrauter und kooperativer. Wärmer. Da arbeiten zwei Personen bei einer schwierigen Aufgabe zusammen – dass es sich um einen Mann und eine Frau handelt, spielt keine Rolle, genauso wenig wie der Altersunterschied.

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