EuGH: Bund kann Zuwanderern Hartz IV verweigern

Luxemburg/Brüssel · Deutschland kann arbeitslosen und nicht arbeitsuchenden Zuwanderern aus anderen EU-Ländern Hartz-IV-Leistungen verweigern.

 Im konkreten Fall ging es um eine Rumänin aus Leipzig, die auf Hartz IV geklagt hatte. Foto: Jens Büttner/Illustration

Im konkreten Fall ging es um eine Rumänin aus Leipzig, die auf Hartz IV geklagt hatte. Foto: Jens Büttner/Illustration

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Das entschied der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg am Dienstag in einem Grundsatzurteil (Rechtssache C-333/13). Die Bundesregierung sowie die kommunalen Spitzenverbände sehen damit die Kontrollmechanismen des deutschen Sozialsystems bestätigt. Auch die EU-Kommission begrüßte das Urteil.

Im konkreten Fall ging es um eine Rumänin aus Leipzig, die auf Hartz IV geklagt hatte. Das Jobcenter hatte der Frau diese Leistungen verweigert, weil sie keine Arbeit aufnahm. Die Frau hat keinen Beruf und arbeitete auch in ihrem Heimatland nicht. Das Sozialgericht bat den EuGH um Klärung.

Der EuGH schrieb, die Frau verfüge nicht über "ausreichende Existenzmittel" und könne deshalb laut EU-Recht kein Recht auf Aufenthalt in Deutschland geltend machen. Sie könne sich deshalb nicht auf das im EU-Recht verankerte Diskriminierungsverbot berufen.

Das höchste EU-Gericht in Luxemburg machte konkrete Vorgaben für den Ausschluss. Dieser sei möglich, falls Zuwanderer nur das Ziel hätten, "in den Genuss der Sozialhilfe eines anderen Mitgliedstaates zu kommen, obwohl sie nicht über ausreichende Existenzmittel (...) verfügen". Der EuGH gab dabei klar vor, jeden Einzelfall zu prüfen.

Der Fall hat wegen der Debatte über möglichen Missbrauch von Sozialleistungen durch Zuwanderer grundsätzliche Bedeutung. Es geht dabei vor allem um Migranten aus Bulgarien und Rumänien. Für deren Bürger gilt seit Jahresbeginn die volle Arbeitnehmerfreizügigkeit in der Europäischen Union.

Das Bundesarbeitsministerium, der Deutsche Städtetag und der Landkreistag begrüßten die Klarstellung. Auch die Union sah sich in ihrer Haltung bestätigt. Die CSU hatte Anfang des Jahres mit dem Slogan "Wer betrügt, der fliegt" eine Debatte über Sozialmissbrauch und sogenannten Armutstourismus angeheizt. Als Konsequenz hatte der Bundestag in der vergangenen Woche einen Maßnahmenkatalog mit weiteren Einschränkungen verabschiedet. Unter anderem müssen Zuwanderer bei Täuschung der Behörden künftig mit befristeten Wiedereinreiseverboten rechnen. Der Bundesrat muss noch zustimmen.

Auch die EU-Kommission sieht mit dem Urteil mehr Klarheit für EU-Bürger. Das Grundsatz der Freizügigkeit bedeute "nicht das Recht auf freien Zugang zu Sozialsystemen der Mitgliedstaaten", sagte eine Sprecherin der Behörde in Brüssel.

Der EuGH wies darauf hin, ein Mitgliedstaat sei nicht verpflichtet, Zuwanderern während der ersten drei Monate ihres Aufenthalts Sozialhilfe zu gewähren. In Deutschland erhalten einreisende Ausländer in den ersten drei Monaten kein Hartz IV. Danach wird geprüft, ob sie zum Zweck der Arbeitssuche ins Land kamen. Hat der Einreisende eine Arbeit in Deutschland gefunden und verliert sie wieder, kann er Hartz IV beziehen.

"Das EuGH-Urteil hat die Kontrollmechanismen des deutschen Sozialrechts bestätigt", erklärten die SPD-Europaabgeordneten Birgit Sippel und Jutta Steinruck. "Die Einzelfallprüfung ist ein rechtliches Grundprinzip, an dem nicht gerüttelt werden darf." Der Fraktionschef der konservativen Europäischen Volkspartei (EVP), Manfred Weber (CSU), sagte: "Die Freizügigkeit in der EU ist nicht verhandelbar. Aber es ist klar, dass von der EU kein Missbrauch und Sozialtourismus akzeptiert wird", so Weber.

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