Nachverhandelt wird nicht mehr EU-Gipfel könnte May im Brexit-Streit mit Erklärung helfen

Brüssel/Berlin · Die Lage in London sei ernst, sagt EU-Ratschef Donald Tusk. Beim EU-Gipfel am Donnerstag will man nach Wegen suchen, zur Entspannung beizutragen. Aber "die Lage ist dynamisch", hießt es in Brüssel.

 Theresa May, Premierministerin von Großbritannien, und Donald Tusk, Präsident des Europäischen Rates, beim Brexit-Sondergipfel vor gut zwei Wochen.

Theresa May, Premierministerin von Großbritannien, und Donald Tusk, Präsident des Europäischen Rates, beim Brexit-Sondergipfel vor gut zwei Wochen.

Foto: Olivier Hoslet/EPA

Vor dem Brexit-Gipfel hat die Europäische Union der schwer bedrängten britischen Premierministerin Theresa May Entgegenkommen signalisiert.

Zwar schloss Bundeskanzlerin Angela Merkel am Mittwoch erneut aus, dass der mit Großbritannien vereinbarte Austrittsvertrag verändert wird. Doch kündigte Ratschef Donald Tusk für Donnerstag eine Gipfel-Erklärung der 27 bleibenden EU-Staaten an. Was man May zusichern könnte, ließen Diplomaten offen.

Am Mittwoch blickten EU-Vertreter gespannt nach London, wo May am Abend eine Misstrauensabstimmung zu überstehen hatte. Aus deutschen Regierungskreisen hieß es aber, man rechne damit, dass May am Donnerstag zum Gipfel komme. Die 27 anderen Staats- und Regierungschefs würden sich dann anhören, welche Wünsche May für die Brexit-Vereinbarungen mitbringe.

Bundeskanzlerin Merkel sagte im Bundestag: "Wir haben nicht die Absicht, das Austrittsabkommen wieder zu verändern. Das ist die allgemeine Position der 27 Mitgliedsstaaten." Ein Regierungsvertreter erläuterte aber, dass dies für das knapp 600 Seiten starke Brexit-Abkommen gelte. Spielraum deutete sich dagegen bei der politischen Erklärung zur Zukunft der Beziehungen zwischen London und der EU an. Hier sei man bereit, "weiter zu gehen als wir ohnehin schon gegangen sind", hieß es aus Regierungskreisen.

May hat im britischen Parlament keine Mehrheit für das mit der EU über Monate ausgehandelte Vertragspaket. Konservative Brexit-Befürworter kritisieren vor allem die Regeln, mit denen Grenzkontrollen zwischen dem britischen Nordirland und der Republik Irland verhindert werden sollen, den sogenannten Backstop.

May war am Dienstag unter anderem bei Merkel und Tusk und bat um weitere "Zusicherungen". Ein EU-Diplomat sagte dazu: "Ich weiß nicht was möglich ist, aber ich weiß was nicht geht." Der Austrittsvertrag könne nicht aufgeschnürt und etwaige "Zusicherungen" könnten nicht dem Inhalt des Abkommens widersprechen. Alles andere sei offen.

Merkel betonte im Bundestag, man arbeite hart, um einen ungeregelten Brexit ohne Vertrag zu vermeiden. Ratschef Tusk stellte aber in seinem Einladungsbrief an die EU-Staats- und Regierungschefs auch klar, dass man sich nun verstärkt für ein solches Szenario wappne. "Da die Zeit davonrennt, werden wir auch den Stand der Vorbereitung für ein No-Deal-Szenario diskutieren", schrieb Tusk. Er bezeichnete die Situation in Großbritannien als ernst.

Das zweitägige Gipfeltreffen hat neben dem Brexit eine Reihe weiterer wichtiger Themen. Am Donnerstag wollen die Staats- und Regierungschefs erstmals die mittelfristige Finanzplanung ab 2021 besprechen - ein außerordentlich schwieriges Thema im Kreis der EU-Staaten. Merkel sagte, vor der Europawahl Ende Mai werde es keine Verständigung geben, aber die Struktur der Verhandlungen werde klarer.

Beschlossen werden soll die Fortschreibung der wegen der Ukraine-Krise geltenden Russland-Sanktionen. Am Freitag steht die Verabschiedung von Reformen der Eurozone auf dem Plan.

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