150-jähriges Bestehen Die Chronik von Mayschoß-Altenahr als Krimi

MAYSCHOSS · Zum 150-jährigen Bestehen legt die Winzergenossenschaft Mayschoß-Altenahr eine Festschrift in Romanform vor. Im Mittelpunkt der Handlung von 1868 steht das aus dem Bad Neuenahrer Kurhotel entführteMädchen Terese.

 Erzählen die Geschichte der ältesten Winzergenossenschaft der Welt (v.l.): Autorin Irini Höfer, Alina Bäcker und Präsident Matthias Baltes.

Erzählen die Geschichte der ältesten Winzergenossenschaft der Welt (v.l.): Autorin Irini Höfer, Alina Bäcker und Präsident Matthias Baltes.

Foto: Martin Gausmann

Eine Geschichte über die Geschichte der 150 Jahre alten Winzergenossenschaft Mayschoß-Altenahr. Was für eine Story! Und weil Krimis in der Regel Angst und Schrecken verbreiten und die existenziellen Sorgen der Mayschosser Winzer im Gründungsjahr 1868 nicht minder von Not, Armut und Entbehrung geprägt waren, ist die Festschrift wie ein spannender Roman aufgebaut. Mit einem aus Mayschoß stammenden Mädchen, das 1868 spurlos aus dem Bad Neuenahrer Kurhotel verschwindet und von Entführern nach Landau verschleppt wird.

Die Idee zur Verquickung von fiktiven Protagonisten und realen Personen hatte Irini Höfer aus Ahrweiler. Rein zufällig traf die Jungunternehmerin von „Die Storytellers“ bei der Ideenbörse des Kreises auf WG-Geschäftsführer Matthias Baltes. Schnell stand für die beiden und Alina Bäcker, Assistentin der Geschäftsleitung, fest, wie der rote Faden der Geschichte auszusehen hat. „Was wir definitiv nicht wollten: Unsere Erfolgsstory als älteste Winzergenossenschaft der Welt bis zur erneuten Auszeichnung zur besten Deutschlands in einer trockenen Auflistung von Jahreszahlen unterbringen“, so Baltes.

400 Mitglieder ernten Trauben für eine Million Liter Wein

Basis waren für Höfer, die im Herbst 2017 in die Schreibphase eintrat, viele Gespräche mit Mitarbeitern und einigen der 400 Mitglieder, die auf 140 Hektar Rebland Jahr für Jahr Trauben für eine Million Liter Wein ernten. Neben Bäcker und Baltes waren sein Vater Hartwig Baltes und der 81-jährige Ernst Näkel, beide ehemalige Vorstandsvorsitzende, informative Interviewpartner. Sie tauchen in der Geschichte um die verschwundene Terese als die Personen auf, die Simon Dresen auf den Spuren seiner Vorfahren im Jahr 2018 erzählen, wie es zur Gründung der Genossenschaft kam und wie sie sich weiterentwickelte.

Vor 150 Jahren war die fiktive Person Dresen Dorfpolizist in Mayschoß, der die vermisste 16-Jährige aufspürte, aber auch hautnah mitbekam, was die Mayschosser Winzer umtrieb. Trauben hatten sie genug, allein es fehlte ihnen an Absatz. Ziel sollte es sein, dem Gedanken Friedrich Wilhelm Raiffeisens folgend, Wege zu finden, den Wein zu verkaufen.

Und so erfährt Simon Dresen von den sympathischen Mayschosser Originalen, was es mit der Initiative des Küsters Johann Peter Cossmann auf sich hat, seit 1860 Wege aus der Misere zu finden. Schließlich kam 1868 Wanderlehrer Herrberg ins Dorf und überzeugte vom Nutzen einer Genossenschaft. Der erste Präsident war Gemeindevorsteher Nikolaus Näkel, elf weitere folgten ihm bis heute.

In „Eine Geschichte“ wird klar, dass es durch schlechte Erntejahre oder notwendige Weichenstellungen auch Kämpfe unter den Mitgliedern gab und nicht immer eitel Sonnenschein im Ort an der Ahr herrschte. Da kollidierte zum Beispiel der Wunsch einiger Mayschosser, lieber mit Touristen Geld zu verdienen als mit der notwendig zu verrichtenden Arbeit im Wingert. Die Flurbereinigung ab Anfang der 1960er Jahre war ein weiterer einschneidender Punkt.

Klasse statt Masse, Qualität vor Quantität

Richtig steil bergauf ging es für den Zeitzeugen Hartwig Baltes mit der Genossenschaft ab 1988, als mit Kellermeister Rolf Münster, heute noch mit Astrid Rickert für den Ausbau der Top-Weine zuständig, frischer Wind ins Haus kam. Münsters bis heute gültige Devise, mit der er einer der Vorreiter im Ahrtal war: Klasse statt Masse, Qualität vor Quantität.

Nur so sind die unzähligen Auszeichnungen, die übrigens auch auf den hinteren Seiten der 80 Seiten umfassenden Festschrift Erwähnung finden, zu erklären: von der Entdeckung des Jahres im Gault-Millau (2000) über ein Dutzend Ehrenpreise des Kreises, Staatsehren- und Große Staatsehrenpreise, viermalige Auszeichnung zur besten Winzergenossenschaft Deutschlands bis hin zu Bundesehrenpreisen. „Die wichtigsten Meilensteine findet der Leser, der ,Eine Geschichte' in 3000er Auflage bald für etwa neun Euro in unserer Vinothek erwerben kann und für deren Realisierung wir den Sponsoren danken, aufgelistet“, sagte Baltes, der auf die Jahrespräsentation am Samstag und Sonntag, 18./19. August, sowie auf das Festprogramm (siehe Kasten) aufmerksam machte.

So gehören sicher der Bau eines großen Kellers 1873, das Anwachsen auf 240 Mitglieder im Jahr des 100-jährigen Bestehens, der Saalbau im Jahr 1972 zur Meisterung des hohen Touristenaufkommens, die Fusion mit Altenahr 1982, die Übernahme des ehemaligen Staatsweingutes Kloster Marienthal mit den Weingütern Meyer-Näkel, Brogsitter und Dagernova 2004, die Fusion mit Walporzheim 2009 oder der Um- und Ausbau des großen Edelstahltanklagers und die Erweiterung der Lagerkapazitäten auf zwei Millionen Liter 2016 dazu.

Ein anerkennendes „Wow“ entfährt bei dieser Investition von mehr als drei Millionen Euro dem Hauptakteur Simon in der Geschichte. An dieser Stelle sei nur verraten, dass er das 1868 von Landauer Weinhändlern ob seines Wissens um die Mayschosser Genossenschaftspläne entführte Mädchen Terese befreien kann. Ob er herausfindet, ob und wie sie mit ihm verwandt ist? Bitte lesen Sie selbst.

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