Vierschanzentournee Deutsches Top-Duo verneigt sich vor Kobayashi

Bischofshofen · Erstmals seit Thoma und Weißflog schaffen es zwei Deutsche unter die ersten Drei bei der Vierschanzentournee. Nur der Überflieger aus Japan ist nicht zu schlagen. Ryoyu Kobayashi ist der dritte Springer in 67 Jahren, der alle vier Wettbewerbe gewinnt.

 Markus Eisenbichler (v.l.), Gesamtsieger Ryoyu Kobayashi und Stephan Leyhe jubeln auf dem Podium.

Markus Eisenbichler (v.l.), Gesamtsieger Ryoyu Kobayashi und Stephan Leyhe jubeln auf dem Podium.

Foto: Daniel Karmann

Aus Markus Eisenbichler brachen alle Emotionen heraus, Stephan Leyhe tanzte freudig auf seinen Skiern durch den Schneewirbel von Bischofshofen.

Die deutschen Skispringer haben sich in der Gesamtwertung der Vierschanzentournee nur dem überragenden Vierfachsieger Ryoyu Kobayashi geschlagen geben müssen. Eisenbichler beendete die Tournee nach dem Abschlussspringen am Sonntag auf dem zweiten Rang, Leyhe sprang nach einem starken Wettkampf noch auf Rang drei. Damit sind erstmals seit 1991, als Jens Weißflog und Dieter Thoma für das DSV-Team auf Rang eins und drei glänzten, wieder zwei Deutsche auf dem Podest des Traditionsevents gelandet.

"Geil, geil, geil, geil, geil, ohne Scheiß. Es ist einfach mega. Ich mag allen danken, die mich unterstützt haben. Ich bin einfach mega happy", sagte Eisenbichler, der vor 15.000 Zuschauern in dem finalen Wettbewerb zwar von Rang eins noch auf Platz fünf zurückfiel, darüber aber gar nicht länger nachdachte. Auf dem Podium feierten die DSV-Adler gemeinsam mit Überflieger Kobayashi, der sich mit vier Einzelsiegen nacheinander auf eine Stufe mit Sven Hannawald und Kamil Stoch katapultierte.

Sein finaler Satz auf 137,5 Meter war zu weit für die Konkurrenz und genug für den Vierfachsieg, den es zuvor nur zweimal in 66 Jahren Tournee-Geschichte gegeben hatte. Im Auslauf wurde Kobayashi von seinen Teamkollegen auf den Schultern getragen, neben Vorjahreschamp Stoch zählte auch sein Vorbild Noriaki Kasai zu den ersten Gratulanten im Auslauf. "Ich war so glücklich, dass Noriaki als Erster zu mir gekommen ist", sagte der 22-Jährige. Bei der vierten Hymne im vierten Springen kämpfte Kobayashi mit den Tränen, von dem Skispringer muss nach zwei Wochen medialer Daueraufruhr und Druck eine große Last gefallen sein.

Bundestrainer Werner Schuster freute sich über das starke Resultat seines Teams. Erstmals in seiner knapp elfjährigen Amtszeit brachte er zwei DSV-Adler auf das Gesamtpodest der Tournee, nur mit dem großen Triumph sollte es wieder nichts werden. "Wir sind leider wieder an einem Überflieger gescheitert. Gratulation, aber auch Gratulation an meine Mannschaft. Es war auch eine gute Tournee für uns", sagte der Österreicher, der vor dem japanischen Top-Athleten "seinen Hut" zog.

Kobayashi reckte bei der finalen Zeremonie jubelnd den Goldenen Adler in den total verschneiten Nachthimmel von Bischofshofen, der vom traditionellen Feuerwerk nach der Siegerehrung aufgehellt wurde. "Er hat es super gemacht", lobte Schuster den Athleten aus der japanischen Präfektur Iwate, der schon in Oberstdorf, Garmisch-Partenkirchen und Innsbruck Siege gefeiert hatte. "Er hat ein Wahnsinnspaket", lobte der Trainer aus dem Kleinwalsertal.

Als "brutale Macht" bezeichnete Tournee-Rivale Eisenbichler den Japaner, der sich in diesem Winter anschicken könnte, noch mehr Bestmarken fallen zu lassen. Seine blitzsaubere Absprungtechnik und die enorme Geschwindigkeit im ersten Flugdrittel sind derzeit einzigartig und werden von seinen geschlagenen Rivalen bewundert. Auch für die nächsten Weltcups und die WM in Seefeld (ab 19. Februar) muss Kobayashi als Favorit gelten. "Unglaublich. Ich habe die Stimmung genossen", rief er nach dem ersten japanischen Tournee-Sieg seit 21 Jahren durch das Stadionmikrofon den Zuschauern zu. Nur Kazuyoshi Funaki hatte vorher für Japan bei dem Traditionsevent gesiegt.

Für die Deutschen sind es in der elfjährigen Ära unter Trainer Werner Schuster immerhin das dritte und vierte Tournee-Gesamtpodest. Nach den zweiten Plätzen von Severin Freund (2015/2016) und Andreas Wellinger (2017/2018), die sich den jeweiligen Überfliegern Peter Prevc und Kamil Stoch geschlagen geben mussten, war auch diesmal ein überragender Solist nicht zu besiegen. Für Schuster, dessen Vertrag ausläuft und bislang nicht verlängert wurde, war es unter Umständen die letzte Tournee als DSV-Coach. Dass die lange Jahre im Schatten springenden Eisenbichler und Leyhe diese Tour auf den Rängen zwei und drei beenden, darf als großer Erfolg gewertet werden.

Für Schuster, dessen Vertrag ausläuft und bislang nicht verlängert wurde, war es unter Umständen die letzte Tournee als DSV-Coach. Dass die lange Jahre im Schatten springenden Eisenbichler und Leyhe diese Tour auf den Rängen zwei und drei beenden, darf als große Leistung gewertet werden. "Für beide Springer ist es ein toller Erfolg, sie mussten sich oft hinten anstellen. Nur einer war besser, aber der war wirklich viel besser", sagte Schuster, dessen Zukunft sich bis zum WM-Start entscheiden dürfte.

Lange war gar nicht klar, ob der finale Akt des Traditionsevents im Pongau überhaupt planmäßig über die Bühne gehen kann. Knapp ein Meter Neuschnee hatte am Samstag nicht nur für großes Chaos auf den Straßen und Autobahnen gesorgt, sondern die Austragung des Trainings und der Qualifikation unmöglich gemacht. Die Folge für die Athleten: Eine extrem frühe Anreise an die Schanze am Sonntagmorgen, um Training, Qualifikation und Wettkampf an einem Tag möglich zu machen.

Auch in der Nacht und am Sonntag schneite es aber weiter. Zahlreiche freiwillige Helfer waren in Bischofshofen am Sonntag ab frühmorgens auf den Beinen, um Springern und Zuschauern trotz der gewaltigen Schneemassen einen reibungslosen Anlauf zu garantieren und um die erste Absage eines Springens in 67 Jahren Vierschanzentournee abzuwenden.

Dies gelang, mit deutlich weniger Problemen als erwartet. Mit 25 Laubbläsern wurde der am Abend wieder stärker einsetzende Schneefall aus der Spur gepustet, sodass der Wettkampf pünktlich gestartet und reibungslos durchgezogen werden konnte. Für die einstigen deutschen Helden Richard Freitag und Andreas Wellinger endete die Tournee ohne ein großes Erfolgserlebnis.

Freitag wurde nach einem starken Probesprung 27., Wellinger belegte Rang 15, es war immerhin seine beste Platzierung bei dieser Tournee. Der frühere Weltmeister Severin Freund hatte die Tournee nach Garmisch verlassen und trat beim Continental Cup in Klingenthal an. Doch auch da kam er nicht über die Ränge sieben und 16 hinaus.

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