Nicht alle fliehen Das bange Warten auf Hurrikan "Florence"

Summerville/Myrtle Beach · Hurrikan "Florence" nähert sich der Südostküste der USA, die Behörden warnen vor lebensbedrohlichen Bedingungen. Und trotzdem: Nicht alle Menschen fliehen vor dem Sturm.

 Der Hurrikan wurde zwar von Stufe drei auf zwei heruntergestuft, könnte aber weiterhin sehr gefährlich werden und immense Schäden anrichten.

Der Hurrikan wurde zwar von Stufe drei auf zwei heruntergestuft, könnte aber weiterhin sehr gefährlich werden und immense Schäden anrichten.

Foto: Alexander Gerst/ESA

Warren Westburry ist obdachlos. Der 56-jährige Kriegsveteran sitzt vor einer Notunterkunft des Roten Kreuzes in Summerville in South Carolina, er ist wegen des Hurrikans "Florence" hier.

Eigentlich lebt er in einem Obdachlosenheim in der Küstenstadt Charlotte, aber das musste wegen des heranziehenden Sturms evakuiert werden, es könnte überflutet werden. Westburry hat das Nötigste zusammengepackt und ist hergekommen. Es ist nicht sein erster Hurrikan. Angst habe er nicht, sagt er. Gleich will der Veteran eine Bibelstunde leiten. Sein Glaube helfe ihm in der Situation, sagt er.

"Florence" nähert sich der Südostküste der USA - und wer fliehen konnte, ist geflohen. Hunderttausende haben ihre Häuser und Wohnungen verlassen. Der Sturm könnte Vorhersagen zufolge zwischen Freitagmorgen und Samstagmorgen Ortszeit vermutlich in den Bundesstaaten North Carolina oder South Carolina auf Land treffen. Die Behörden warnen vor lebensbedrohlichen Bedingungen durch schwere Regenfälle, Sturmfluten und heftige Winde.

Am Donnerstag sah es so aus, als könnte der Küstenabschnitt zwischen der Stadt Wilmington in North Carolina und dem beliebten Urlaubsort Myrtle Beach in South Carolina im Zentrum des Hurrikans liegen.

In beiden Bundesstaaten haben Helfer etliche Notunterkünfte errichtet. So auch in einer Schule in Summerville, wo das Rote Kreuz Platz geschaffen hat für insgesamt 102 Menschen. 62 sind bislang hier. Sie sitzen auf Feldbetten in einer Halle oder auf Bänken im Freien und vertreiben sich die Zeit. Nebenan in einer Turnhalle sind Tiere untergebracht: mehrere Hunde und Katzen, ein Hamster und ein Papagei.

Nicht alle Menschen, deren Häuser in der Evakuierungszone liegen, sind gegangen. Jack Edward Baldwin II. will bleiben und den Sturm in seinem Haus nahe des Flughafens von Myrtle Beach aussitzen. Angst habe er nicht wirklich, er müsse eben sehen, was passiere, sagt der 33-Jährige. Ändern könne er die Situation nicht. "Ich habe nicht die Mittel, um meine Wertsachen zu packen, ich habe nicht das Geld, um für eine Woche oder mehr woanders zu wohnen. Und ich werde meine fünf Hunde nicht im Stich lassen", sagt der Taxiunternehmer. Außerdem müsse er mögliche Schäden am Haus sofort reparieren, um Schlimmeres zu verhindern. Zur Sicherheit wolle er zwei Bäume in seinem Garten fällen, die sonst aufs Dach fallen könnten.

Baldwin sitzt in einem Spirituosenladen mit Bar am Highway 17. Das Geschäft ist eines von wenigen in der Gegend, das noch geöffnet hat. Die meisten Schnellrestaurants an der Straße sind geschlossen, ihre Neonlichter leuchten nicht: ein seltenes Bild in den USA.

Ein bisschen weiter südlich am Highway 17 hat Beryl Oberst gerade noch ein paar Besorgungen in einen Einkaufswagen gepackt. Die 77-Jährige und ihr Mann haben ein Haus am Meer, eigentlich wollten sie dort bleiben. Aber weil es nun doch schlimmer aussehe, hätten sie sich anders entschieden und wollten in eine Notunterkunft gehen, sagt Oberst. Auch sie hat Hunde, die sie nicht alleine lassen will. Ihre Lieblingssachen wolle sie mitnehmen, sagt die Rentnerin. Die Fenster ihres Hauses seien gesichert. Die Waschbecken wolle sie mit Wasser füllen - eine Vorsichtsmaßnahme, falls die Wasserversorgung nach dem Sturm nicht funktioniert.

An vielen Orten entlang der Küste sieht man verbarrikadierte Fenster. Auch Errol Thomas schraubt gerade noch eine Spanplatte an. Er wohnt nordwestlich der Stadt Charleston, seine Siedlung liegt ein bisschen erhöht. Er mache sich keine Sorgen, sagt Thomas. Andernorts in der Gegend sei die Hauptsorge, dass es zu Überflutungen kommt, meint er. Charleston erwischte es schon vor zwei Jahren schwer, als Hurrikan "Matthew" in South Carolina sein Unwesen trieb. Damals verwandelten sich ganze Straßen in der historischen Stadt in Flüsse.

Errol Thomas muss am Donnerstag in die Stadt fahren, er ist IT-Direktor bei dem lokalen Sender WCSC, in der Redaktion wird Hochbetrieb herrschen. Alle rüsten sich für Hurrikan "Florence".

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