Parteipolitischer Streit CSU weist Habecks Vorwürfe in Özil-Affäre zurück

Berlin · In der politischen Aufarbeitung des Falls Mesut Özil macht Grünen-Chef Habeck Innenminister Seehofer schwere Vorwürfe. Die Grünen erinnern vor allem an einen "fatalen" Seehofer-Spruch.

 Habeck bewertet die Wirkung von Seehofers Aussage als verheerend.

Habeck bewertet die Wirkung von Seehofers Aussage als verheerend.

Foto: Andreas Arnold

Die Affäre um den zurückgetretenen Fußball-Nationalspieler Mesut Özil sorgt auch parteipolitisch zunehmend für Streit.

Grünen-Chef Robert Habeck wies Innen- und Sportminister Horst Seehofer (CSU) eine Mitverantwortung für die Entfremdung vieler Deutsch-Türken und indirekt auch für Özils Abtritt aus der deutschen Nationalmannschaft zu. Daraufhin warfen die Christsozialen Habeck vor, den Fall parteipolitisch zu instrumentalisieren.

"Wenn der Sportminister sagt, dass der Islam nicht zu Deutschland gehört, dann ist das klar als Ausladung an alle muslimischen Spieler zu verstehen", sagte Habeck der "Rheinischen Post" (Mittwoch) mit Blick auf eine entsprechende Aussage von Seehofer im März.

Özil hatte in seiner öffentlichen Rücktrittserklärung am Sonntag Rassismus-Erfahrungen angeprangert und unter anderem kritisiert, Funktionäre des Deutschen Fußball-Bundes hätten seine türkischen Wurzeln nicht respektiert. Der 29-Jährige war vor allem wegen seiner Fotos mit dem türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan im Vorfeld der Fußball-WM heftig kritisiert worden.

CSU-Generalsekretär Markus Blume konterte, Habeck vertiefe mit seinen Aussagen die gesellschaftliche Spaltung, die er selbst beklage. "In seinem blinden Kampagneneifer gegen die CSU ist ihm keine Schuldzuweisung zu billig und niveaulos", sagte Blume der Deutschen Presse-Agentur in München. Bei Habeck habe "politische Scheinheiligkeit" Methode. "Heute Özil, am letzten Sonntag Amok: Am Jahrestag des Amoklaufs von München der CSU "Amok-Modus" vorzuwerfen, ist eine beispiellose Unanständigkeit. Da wäre mal eine Entschuldigung fällig."

Seehofer hatte im März der "Bild" gesagt: "Der Islam gehört nicht zu Deutschland. Deutschland ist durch das Christentum geprägt." Die hierzulande lebenden Muslime gehörten aber "selbstverständlich" dazu. Daraufhin war eine kontroverse Debatte entbrannt, in deren Verlauf sich nicht nur der Koalitionspartner SPD, sondern auch Kanzlerin Angela Merkel (CDU) klar von Seehofers Aussage distanziert hatten.

Habeck bewertete die Wirkung von Seehofers Aussage als verheerend. "Das Signal, das so an Menschen mit unterschiedlichen Wurzeln gesendet wird, ist fatal. Denn sie spüren genau, wie sie in unserem Land immer stärker ausgegrenzt und stigmatisiert werden."

Einer Umfrage zufolge bewerten zwei Drittel der Bundesbürger die öffentliche Kritik an Özil nicht als rassistisch motiviert. Das ergab eine Erhebung des Meinungsforschungsinstituts Civey, aus der die "Augsburger Allgemeine" (Donnerstag) vorab zitierte. 66,6 Prozent der ausgewählten Bürger beantworteten eine entsprechende Frage demnach mit "eher nein" oder "nein, auf keinen Fall".

Weniger als ein Drittel (28,7 Prozent) der Menschen glaubt hingegen, dass die öffentliche Kritik an Özil auch einen rassistischen Hintergrund habe. Runtergebrochen auf die Wähler einzelner Parteien sehen vor allem Sympathisanten der AfD (87,9), der FDP (76,3) und von CDU und CSU (74,3) keine rassistischen Motive.

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