Studie mit Remdesivir Ergebnisse zu Corona-Wirkstoff sehr positiv bewertet

Washington · Im Kampf gegen das Coronavirus hat ein ranghoher US-Experte die Ergebnisse einer klinischen Studie mit dem Wirkstoff Remdesivir als sehr positiv bewertet. Jetzt müssen die Resultate noch unabhängig geprüft werden. Ein Kölner Infektiologe ist optimistisch.

 Das US-Präparat Remdesivir wird in weltweiten Studien untersucht.

Das US-Präparat Remdesivir wird in weltweiten Studien untersucht.

Foto: dpa/Ulrich Perrey

Der Wirkstoff Remdesivir kann die Behandlungsdauer von Covid-19-Patienten einer US-Studie zufolge verkürzen. Die Ergebnisse der Untersuchung seien sehr positiv zu bewerten, sagte der Immunologe und Chef des Nationalen Instituts für Infektionskrankheiten (NIAID) der USA, Anthony Fauci am Mittwoch (Ortszeit). Eine im Fachmagazin „The Lancet“ vorgestellte chinesische Studie kommt hingegen zu dem Schluss, dass sich der Zustand der Patienten mit Remdesivir nicht wesentlich verbessert. Aus Patientenmangel wurde diese Studie allerdings frühzeitig abgebrochen.

Laut Fauci, ein Berater von US-Präsident Donald Trump, hat Remdesivir eine „signifikante positive Wirkung bei der Verringerung der Zeit bis zur Genesung“ gezeigt. Die klinische Studie mit mehr als 1000 Teilnehmern sei mit Kontrollgruppen durchgeführt worden, die Datenerhebung hätten unabhängige Experten begleitet. Die Resultate müssten aber noch unabhängig geprüft und veröffentlicht werden. Die Hinweise auf eine deutlich kürzere Krankheitsdauer seien jedenfalls vielversprechend.

Patienten mit der Lungenkrankheit Covid-19, die in Krankenhäusern Remdesivir bekamen, waren laut Fauci nach durchschnittlich 11 Tagen wieder genesen, die Patienten der Kontrollgruppe erst nach 15 Tagen. Damit seien jedoch nicht alle Probleme gelöst, sagte Fauci während eines Treffens im Büro von Präsident Trump weiter. Zwar sei auch die Sterblichkeitsrate etwas geringer gewesen, dieses Ergebnis sei aber bislang nicht statistisch signifikant.

In die chinesische Studie wurden 237 Patienten aus zehn Krankenhäusern in Wuhan eingeschlossen, dem Ursprungsort der Pandemie. 158 bekamen Remdesivir, 79 ein wirkungsloses Scheinmedikament. Die Forscher stellten keinen statistisch bedeutsamen Einfluss auf die Krankheitsdauer oder die Sterberate fest. Neben dem vorzeitigen Abbruch der Studie weisen sie allerdings auf eine weitere Schwächen der Studie hin: Die meisten ihrer Patienten waren erst recht spät im Krankheitsverlauf mit Remdesivir behandelt worden. Ein früherer Therapiebeginn verbessere die Behandlungsergebnisse womöglich.

Man dürfe nicht auf hochwertige Forschung zu Wirkstoffen verzichten, die in ersten Behandlungsversuchen erfolgversprechend waren, betont der britische Medizinstatistiker John Norrie von der University of Edinburg in einem begleitenden Kommentar zu der Studie. „Das ist eine besondere Herausforderung inmitten einer Pandemie, die Versuchung ist groß, die Schwelle für überzeugende Beweise zu senken.“ Man müsse es vermeiden, unwirksame und möglicherweise gefährliche Maßnahmen einzusetzen, weil dies mehr schade als nutze und klinische Studien zu wirklich wirksamen Mitteln erschwere.

Nach Ansicht deutscher Experten sind die Ergebnisse der US-Studie ausreichend belastbar. Es seien genügend Patienten untersucht worden; unter Therapie mit Remdesivir seien sie früher aus dem Krankenhaus entlassen worden, sagt etwa Clemens Wendtner von der München Klinik Schwabing. „Somit sind wesentliche Endpunkte der Studie erreicht worden, so dass an einer raschen Zulassung der Substanz aus meiner Sicht wenig Zweifel bestehen dürfte.“

 Prof. Dr. Gerd Fätkenheuer, Leiter der Infektiologie an der Uniklinik Köln.

Prof. Dr. Gerd Fätkenheuer, Leiter der Infektiologie an der Uniklinik Köln.

Foto: MedizinFotoKoeln/KaPe Schmidt

Nicht alle Patienten können mit Remdesivir behandelt werden

Auch Gerd Fätkenheuer von der Uniklinik Köln, Leiter einer klinischen Prüfung von Remdesivir (GS-5734) bei Patienten in Deutschland, rechnet aufgrund der positiven Ergebnisse mit einer baldigen Zulassung. Allerdings sagt er auch, dass noch viele Fragen bis zur vollständigen Veröffentlichung des Endergebnisses offen bleiben.

„Eine der wichtigsten Frage ist die, ob alle Patienten gleichermaßen von der Behandlung profitieren, oder ob die Wirksamkeit je nach Schweregrad der Erkrankung unterschiedlich ist. Davon wird entscheidend abhängig sein, welchen Patienten das Medikament verabreicht werden sollte. Denn es ist klar absehbar, dass nicht alle Patienten mit Remdesivir behandelt werden können.“ Außerdem würde in absehbarer Zeit gar nicht genügend Wirkstoff zur Verfügung stehen.

Remdesivir wurde ursprünglich gegen das Ebolavirus entwickelt und zeigte in Laborversuchen einige Wirksamkeit gegen Sars-CoV-2. In Zellversuchen stoppte es die Vermehrung des Virus, in Tierversuchen wirkte es gegen andere Coronavirus-Infektionen wie Sars und Mers. Remdesivir ist bislang in keinem Land der Welt zugelassen.

Remdesivir: Formelle Zulassung dauert und braucht Studien

Die Lebensmittel- und Arzneimittelbehörde (FDA) sei derzeit in Gesprächen mit dem Arzneimittelhersteller Gilead, um Remdesivir rasch für Patienten in Krankenhäusern verfügbar zu machen, sagte Fauci. Eine formelle Zulassung des Medikaments dauere jedoch noch wesentlich länger und erfordere weitere Studien.

Trump sagte am Mittwochabend (Ortszeit) auf die Frage, ob er sich von der Behörde einen beschleunigten Zulassungsprozess für das Mittel wünsche, er wolle, dass man so schnell wie möglich vorangehe. „Wir wünschen uns sehr schnelle Genehmigungen.“

Das Biotech-Unternehmen Gilead erklärte in einer Pressemitteilung, man sei sich der „positiven Daten“ aus der klinischen Studie bewusst, die Kommunikation liege aber beim NIAID.

(dpa)
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