Wege aus der Wohnungsnot

BONN · Die Stadt wächst und wächst. Wohnraum wird knapp, dafür steigen die Mietpreise. Kurz: Die Schmerzgrenze ist erreicht. Mit einem gesamtstädtischen Wohnkonzept will die Verwaltung gegenlenken.

Zumindest die Ziele stellten gestern Stadtbaurat Werner Wingenfeld und Sozialdezernentin Angelika Maria Wahrheit schon einmal vor. Die erforderlichen "finanziellen und personellen Kapazitäten", um das Konzept mit Leben zu füllen, will sich die Verwaltung vom Rat erst noch genehmigen lassen.

Nötig sind laut Wingenfeld jährlich mindestens 1.000 neue Wohneinheiten, wobei der Schwerpunkt auf Mehrfamilienhäusern liegen soll. Dafür soll die Stadt erneut unter die Lupe genommen werden. Untersucht werden soll etwa, wo es freie Flächen, Baulandreserve oder die Möglichkeit gibt, zu verdichten oder aufzustocken.

Ein zweiter wichtiger Baustein: die Schaffung geförderten Wohnraums für einkommensschwache Haushalte, denen weniger als 1.000 Euro im Monat zur Verfügung stehen. Da ist der Mangel besonders ausgeprägt. Laut Stadt werden bis 2016 rund 3.000 geförderte Wohneinheiten wegfallen. Im Zuge der neuen Wohnpolitik hat sie angekündigt, bis zu 7.500 neue geförderte Wohnungen zu schaffen.

Parallel dazu will die Stadt werben, unter anderem für alternative Wohnideen, für mehr Car-Sharing, für ein neues Bewusstsein der Bürger - für Verständnis. Denn: Wenn das Problem gelöst werden soll, werden die Bonner enger zusammenrücken müssen. Wingenfeld appellierte an die Mitverantwortung der Bürger: "Das passiert nicht immer im Konsens, wir müssen also auch den gesellschaftlichen Dialog intensiv führen."

Beispiel: geförderte Wohnungen. Der Stadtbaurat erinnerte daran, dass es gegen entsprechende Vorhaben in der Vergangenheit häufig Protest gab. "Die Reaktionen der Nachbarn waren nicht die freundlichsten", sagte er und ergänzte selbstkritisch: "Die Neigung war deswegen nicht besonders groß, diese Konflikte zu provozieren".

Laut Mietspiegel (siehe Grafik) ist der Preis für den Quadratmeter binnen zwei Jahren um 40 Cent gestiegen und steigt, wegen des knappen Angebots, weiter. Menschen mit wenig Einkommen werden zunehmend aus der Stadt gedrängt. "Wer viel Geld hat, kann sich versorgen, alle anderen bleiben auf der Strecke", sagte Wingenfeld.

Eine Erklärung, warum die Stadt, trotz aller Warnungen, nicht nur beim Thema gefördertes Wohnen in der Vergangenheit eher zögerlich handelte, lieferte Wahrheit: "Wir mussten lernen." Auch die Dezernentin plädierte für ein neues Bewusstsein. Wichtig sei, dass die Schere zwischen arm und reich nicht noch weiter aufgehe und sich die Stadt nicht zunehmend in Wohngegenden für Reiche und für Arme aufspalte.

"Sie müssen eine gute Mischung haben." Als gutes Beispiel nannte Wahrheit die Bevölkerungsstruktur in der Altstadt. Die sei wichtig für die Lebensqualität und den sozialen Frieden. "Es gibt einen Zusammenhang zwischen Beton und Kriminalität", sagte die Dezernentin. Wenn Menschen gut wohnen würden, schlage sich dies in ihrem Verhalten nieder. Auch Michael Isselmann, Leiter des Planungsamtes, sieht die Bürger in der Verantwortung. "Die Stadt kann nur Impulse geben." Parallel gelte nach wie vor auch der Spruch "Eigentum verpflichtet."

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