WCCB: Rat fühlt sich ausgetrickst

Mit Fassungslosigkeit haben Politiker aller Fraktionen im Bonner Stadtrat auf den Bericht der Rechnungsprüfer reagiert, wie sie in Sachen World Conference Center (WCCB) von der Verwaltung hinters Licht geführt und über die wahren Hintergründe des Projekts im Unklaren gelassen wurden.

 Absprache vor der Sitzung: Doro Paß-Weingartz informiert Jürgen Nimptsch, dass sie eine persönliche Erklärung abgeben will, hinten hören Stadtdirektor Kregel (l.) und Wilfried van Vorst zu.

Absprache vor der Sitzung: Doro Paß-Weingartz informiert Jürgen Nimptsch, dass sie eine persönliche Erklärung abgeben will, hinten hören Stadtdirektor Kregel (l.) und Wilfried van Vorst zu.

Foto: Barbara Frommann

Bonn. Als Oberbürgermeister Jürgen Nimptsch kürzlich einmal sagte, das WCCB hänge wie "ein Dämon über der Stadt", kannte das Gros der Stadtratsmitglieder den streng vertraulichen Bericht des Rechnungsprüfungsamtes (RPA) zum Kongresszentrum noch nicht.

Das ist seit vorigen Freitag anders: Da lag das 475 Seiten starke Papier in ihren Briefkästen. Seitdem alle diesen Fakten-Krimi kennen, sieht die Welt für viele Kommunalpolitiker anders aus.

Obgleich sie zahlreiche Details zu den skandalösen Vorgängen bereits vorher der "Millionenfalle" des General-Anzeigers entnehmen konnten: Die Lektüre dieser Chronologie eines unglaublichen Vorgangs im Stadthaus aus der Feder von städtischen Prüfern hat vielen offensichtlich einen Schock versetzt.

"Wir sind getäuscht worden", brachte FDP-Chef Werner Hümmrich die Stimmung auf den Punkt. "Entsetzt", so sagten auch die Ratskollegen anderer Fraktionen, seien alle nach der Lektüre gewesen. Denn der Bericht hält ihnen in aller Deutlichkeit vor Augen, wie Stadtrat und Steuerzahler von den damals für das Projekt Verantwortlichen mit Oberbürgermeisterin Bärbel Dieckmann an der Spitze bereits vor dem ersten Spatenstich hinters Licht geführt worden sind.

Meinung Dazu auch der Kommentar " Die Zeit drängt"Doro Paß-Weingartz (Grüne) gab gleich zu Sitzungsbeginn eine persönliche Erklärung ab, sprach von einem "nicht vorstellbaren Vertrauensbruch" gegenüber dem Rat. Die damals Verantwortlichen hätten massiv gegen die Interessen der Stadt verstoßen, als hinter dem Rücken des Rates Beschlüsse zur Bürgschaft der Stadt Bonn über mehr als 100 Millionen Euro entscheidend verändert und so die Kreditvergabe an den finanzklammen koreanischen Investor Man-Ki Kim und das Millionen-Desaster zu Ungunsten der Stadt Bonn erst möglich wurde. Namen nannte sie nicht. Mit OB Nimptsch hatten die Fraktionen vorher vereinbart, vor einer Bewertung des Berichts die Stellungnahmen der betroffenen Dienststellen/Personen abzuwarten.

Ausdrücklich nicht in der Verantwortung sehen die Politiker Nimptsch selbst. Nach der großen Unzufriedenheit in den Fraktionen wegen seiner vielen Politikern nicht weit genug gehenden Informationspolitik in Sachen WCCB reichte ihm Klaus-Peter Gilles (CDU) im Namen der schwarz-grünen Ratsmehrheit die Hand: "Wir haben Ihnen stets unsere Unterstützung zugesagt, um in der Aufgabe, die Ihnen zugefallen ist, weiterzukommen", sagte er . Dazu stehe der Rat nach wie vor. Allerdings müsse er dann auch über alles informiert sein.

Zum Nachlesen Die Folgen I bis XXXIV der "Millionenfalle"Für das ihm entgegengebrachte Vertrauen und das Angebot der weiteren Unterstützung dankte Nimptsch dem Rat. Er bot ihm an, angesichts der begrenzten Zeit, von Politikern im Ehrenamt sie künftig in "Kompaktseminaren" zur Komplexität des WCCB-Themas Nachhilfe geben zu wollen.

Hinsichtlich der Kritik an seiner restriktiven Informationspolitik sagte er: "Es ist kein Ausdruck des Misstrauens gegen Ratsmitglieder." Als Oberbürgermeister sei er aber viel enger an Recht und Gesetz gebunden als die Fraktionsmitglieder.

"Machen Sie sich keine Sorgen, dass wir überfordert sein könnten", erwiderte Gilles auf Nimptschs Seminarangebot. Vielmehr vermisse der Rat nach wie vor konkrete Antworten auf seine zahlreichen Fragen, was war, was derzeit ist und wie es weitergeht mit dem Kongresszentrum. "Ich habe das Gefühl, ich greife in Luft."

Das soll sich ändern: Sobald die Stellungnahmen zum RPA-Bericht vorliegen, solle alles in einer Sondersitzung zum WCCB auf den Tisch. Außerdem soll der OB eine Projektsteuerung organisieren mit konkreten Aufgabenzuordnungen. Um mehr Hintergrund zu den offensichtlich manipulierten Ratsbeschlüssen zu erhalten, soll Nimptsch außerdem die Sparkasse Köln/Bonn vom Bankgeheimnis befreien.

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