Wasser für durstige Demonstranten

Auf zur Demo: Zeitzeugen erinnern sich an historische Kundgebungen in Bonn

  Wegen Überfüllung geschlossen:  Rund 250 000 Menschen demonstrieren am 22. Oktober 1983 auf dem Hofgarten gegen den NATO-Doppelbeschluss.

Wegen Überfüllung geschlossen: Rund 250 000 Menschen demonstrieren am 22. Oktober 1983 auf dem Hofgarten gegen den NATO-Doppelbeschluss.

Foto: dpa

Bonn. Rund 20 Millionen Demonstranten, so schätzt Horst-Pierre Bothien vom Stadtmuseum Bonn, seien zwischen 1949 und 1999 für die unterschiedlichsten Ziele auf den Straßen Bonns unterwegs gewesen. Jeder von ihnen könnte mit Sicherheit eine ganz persönliche Geschichte dieser Massenereignisse erzählen. Einige haben das jetzt auch getan.

Anlässlich der Ausstellung "Auf zur Demo! Straßenprotest in der ehemaligen Bundeshauptstadt Bonn", die zurzeit im Stadtmuseum zu sehen ist, hatte Bothien Zeitzeugen verschiedener Kundgebungen eingeladen, um von dem einst Erlebten zu berichten.

Darunter Gerhard Kirchlinne. Am 10. April 1973 gelangen dem damaligen Studenten einige gute Schnappschüsse von den Ausschreitungen auf dem Marktplatz bei der Demonstration zum Besuch des südvietnamesischen Präsidenten Nguyên Vân Thieu. "Ich traute meinen Augen nicht", sagte Kirchlinne, "Pflastersteine flogen durch die Luft."

Im weiteren Verlauf der lockeren Gesprächsrunde kamen die rund 20 Zeitzeugen auch auf das öffentliche Gelöbnis der Bundeswehr vom 12. November 1980 zu sprechen, das damals von einem lauten Pfeifkonzert begleitet wurde. Obgleich es zu keinen Krawallen kam, sei die Stimmung sehr bedrückend und aggressiv gewesen, erinnerte sich Wolfgang Albers, heute Polizeipräsident, damals unbeteiligter Zuschauer.

Ähnlich äußerte sich auch Ernst Porschen, der als Berufsoffizier, allerdings in Zivil, die Veranstaltung beobachtete. "Die Stimmung war sehr aufgeladen", weiß er noch heute.

Begleitet wurde das Gelöbnis von umfangreichen Sicherheitsmaßnahmen. Und das nicht nur in der Innenstadt.

So erinnerte sich Harald Ott, dass er bereits auf dem Weg von Sankt Augustin nach Bonn auf der Höhe des Hangelarer Flughafens von der Polizei kontrolliert wurde. "Ich war jedem Polizisten dankbar, der da war", fügte Arnulf Marquardt-Kuron hinzu. Als Militärmusiker nahm der heutige städtische Mitarbeiter an der Veranstaltung teil, die, wie er findet, "bei den Leuten als sehr heftig in Erinnerung geblieben ist."

Dass eine Demonstration, bei allem Ernst der dargebrachten Anliegen, auch eine spaßige Angelegenheit sein kann, brachte Michael Klevenhaus in die Runde ein. Klevenhaus war unter anderem Teilnehmer der Friedensdemo am 10. Juni 1982, die nach einem Sternmarsch mit einer Abschlusskundgebung in der rechtsrheinischen Rheinaue endete.

Klevenhaus und seine Freunde hatten die Idee, einen selbst gebauten Holzsarg bei der Demo durch die Straßen zu tragen. "Wir haben uns abgeschleppt, und es war wirklich heiß", sagte er. Nur gut, dass die eifrigen Träger von Beueler Bürgern mit Wasser versorgt wurden.

Doch wohin mit dem Sarg nach der Demo? Kurzerhand stellten die Erbauer ihr Stück an der Haltestelle Ramersdorf in eine Stadtbahn und machten sich von dannen. Was aus dem Sarg geworden ist, ist bis heute unbekannt.

Die Ausstellung ist bis zum 17. Januar im Stadtmuseum, Franziskanerstraße 9, zu sehen.

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