Nach Vorfällen in Essen und Gelsenkirchen Warum Sicherheitsdienste in Bonner Freibädern arbeiten

Bonn · In mehreren Freibädern in NRW hat es zuletzt gewalttätige Auseinandersetzungen gegeben. Gibt es ähnliche Probleme auch in Bonn und der Region? Und was wird dagegen getan?

Das Römerbad in Bonn am Mittwochnachmittag. Es ist heiß, das Freibad ist voller Menschen, die sich im Wasser abkühlen oder auf der Wiese die Sonne genießen. Die Stimmung ist gut - bis plötzlich eine etwa zehnköpfige Männergruppe auf einen einzelnen Mann zukommt, der ebenfalls auf seinem Handtuch liegt. Im Schlepptau haben sie ein etwa acht Jahre altes Mädchen. Der Anführer der Gruppe spricht den Einzelnen an: "Was hast du mit meiner Schwester gemacht?", bevor er ihm unvermittelt erst eine Ohrfeige und sofort danach einen Faustschlag ins Gesicht verpasst. Danach verschwinden die Männer wieder.

In vielen Fällen wird keine Anzeige gestellt

So schildert es ein Bonner Student, der die Szene beobachtet hat, am Donnerstag gegenüber dem GA. "Es kamen dann sofort Sicherheitsleute, die mich auch befragt haben", berichtet er. Die Polizei sei nicht gerufen worden. Er habe sich bereit erklärt, als Zeuge auszusagen, sollte eine Strafanzeige gestellt werden. "Die Security-Mitarbeiter meinten aber, dass in solchen Fällen die Opfer meist gar keine Anzeige erstatten."

So wohl auch in diesem Fall, denn zumindest bis Donnerstagmittag ist bei der Bonner Polizei keine Anzeige in diesem Fall eingegangen. "Oft werden wir gar nicht gerufen", bestätigt Sprecher Michael Beyer auf GA-Anfrage. Die Polizei werde dann alarmiert, wenn Opfer Strafanzeige stellen wollten, zur Gefahrenabwehr und wenn das Hausrecht durchgesetzt werden müsse. So wie am vergangenen Sonntag, als fünf Personen im Hardtbergbad randalierten und sich, als sie von Sicherheitsleuten des Bades verwiesen wurden, heftig erst gegen diese und später auch gegen hinzugerufene Polizeibeamte zur Wehr setzten.

In diesem Fall wurden Strafanzeigen durch die Polizei gefertigt. Es war der bisher einzige größere Zwischenfall dieser Art der aktuellen Freibadsaison, der Beyer bekannt ist. "Wir können zumindest auf Grundlage der Einsatzzahlen in diesem Bereich keine größere Problemstellung feststellen, auch keine Häufung von Straftaten oder Verrohung", sagt er.

Viele Freibäder setzen Security-Firmen ein

Gleichwohl gebe es in den Freibädern immer wieder Delikte, neben Diebstählen auch Beleidigungen und Gewaltstraftaten. In vielen Bädern werden darum zusätzlich zum Badpersonal Sicherheitsleute eingesetzt - so auch in Bonn, wie Stadtsprecherin Isabel Klotz auf Anfrage bestätigte. "Zur Deeskalation" würden je nach Bedarf zwei Mitarbeiter eines Sicherheitsdienstes eingesetzt. Die Stadt Bonn begründet dieses Vorgehen damit, dass das Badpersonal vor allem für die Sicherheit in den Schwimmbecken zuständig sei, während der Sicherheitsdienst die Wiesen überwache.

In anderen Freibädern in der Region wird Sicherheitspersonal ebenfalls, jedoch nicht ständig eingesetzt. In Sankt Augustin wird laut Stadtsprecherin Eva Stocksiefen "punktuell und nach Bedarf" mit einer Securityfirma zusammengearbeitet, "etwa wenn bestimmte Gruppe für Störungen sorgen oder nächtliche ungebetene Besucher nicht nur schwimmen, sondern auch randalieren". Schwere Straftaten habe es im Sankt Augustiner Freibad ihres Wissens bislang nicht gegeben.

Auch im Bornheimer Freibad wird seit 2017 in den Sommerferien ein Sicherheitsdienst eingesetzt, wie Sprecher Rainer Schumann auf Anfrage erklärt. "Das Personal macht in unregelmäßigen Zeitabständen fünf Kontrollgänge pro Tag, vor allem, um das allgemeine Sicherheitsgefühl zu stärken", so Schumann. Vor einigen Jahren habe es im Umfeld des Freibads einen Vorfall gegeben, bei dem Bürger mutmaßlich eine Vergewaltigung verhinderten. Die Aufgabe der Sicherheitsleute sei also vor allem präventiv: Sie sollen Straftaten möglichst verhindern.

Messerattacke in Gelsenkirchen, Angriffe in Essen

Während die Lage in den Freibädern in Bonn und der Region als weitgehend ruhig beschrieben wird, häuften sich zuletzt andernorts in NRW Fälle, in denen Straftaten nicht verhindert werden konnten. In Gelsenkirchen wurde am Mittwochabend ein 23-Jähriger im Freibad "Sportparadies" mit einem Messer attackiert und lebensgefährlich verletzt. In einem Bad in Haltern gab es am Dienstag eine Massenschlägerei an einer Pommesbude. In Essen wurde die Zahl der Sicherheitskräfte nach Angriffen auf Bademeister und ein zwölfjähriges Mädchen verdoppelt. Auch in Köln wird bereits seit Jahren in allen acht Freibädern Security eingesetzt.

Der Vorsitzende des Bundesverbandes der Schwimmmeister, Peter Harzheim, sagte unserer Redaktion, dass "das Verhalten mancher Badegäste seit etwa zehn bis 15 Jahren immer schlimmer" werde. Beim Bundesverband der Sicherheitswirtschaft (BDSW) bestätigt man die gestiegene Nachfrage nach Sicherheitskräften für Freibäder. „Das subjektive Sicherheitsempfinden hat in den letzten Jahren nachgelassen. Immer öfter fühlen sich Menschen in alltäglichen Situationen unwohl und unsicher“, begründet Verbandssprecherin Silke Wollmann die Nachfrage. „Die Gewaltbereitschaft in unserer Gesellschaft hat sich merklich verstärkt. Auseinandersetzungen eskalieren immer öfter“, sagt sie.

Ein "allgemeines gesellschaftliches Problem" sieht auch Isabel Klotz von der Stadt Bonn. Autoritäten, in diesem Fall auch Badpersonal, würden nicht anerkannt. "Vereinzelt gab es immer Vorfälle, auch schon in den vergangenen Jahren und auch Jahrzehnten – nur nicht in dem Ausmaß wie jetzt etwa in Essen", so Klotz.

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