Von Sibirien an den Rhein

Nur mit einem Koffer kam Erna D. in Bonn an. Verwandte und Nachbarn halfen beim Neustart

Bonn. (sba) Ich bin so froh, dass ich in Deutschland bin!" Oft wiederholt Erna D. diesen Satz. Die kleingewachsene Frau hat vor vier Jahre Russland verlassen und durch die tatkräftige Hilfe ihrer Verwandtschaft in Bonn eine neue Heimat gefunden.

Aber sie hat eine Tochter und Enkelkinder zurückgelassen. "Die freuen sich für mich, dass ich hier bin", sagt sie und zeigt stolz auf die vielen Fotos ihrer Familie. Schon nach 15-jähriger Ehe starb ihr Mann, und die Witwe musste mit schwerer Arbeit ihre Familie durchbringen. "Ich habe das Wasser zum Putzen auf meinen Schultern herbei tragen müssen, habe Bäume gefällt und Kohlen geschleppt", erinnert sich die 69-Jährige.

Wie alle Deutschstämmigen in Russland hat auch ihre Familie im und nach den Zweiten Weltkrieg viel Leid ertragen müssen. Sie mussten ihre Heimat an der Wolga verlassen und unter schwierigsten Bedingungen in Sibirien leben und arbeiten. "Ich konnte nur drei Jahre zur Schule gehen, und ich habe nie lesen gelernt", erzählt sie.

Heute sitzt sie zufrieden in ihrer kleinen, gemütlich eingerichteten Wohnung und genießt den Blick in die Natur aus ihrem Fenster. "Alle Verwandten und Nachbarn haben etwas zur Einrichtung beigetragen, ich konnte doch nur einen kleinen Koffer mitnehmen", sagt sie dankbar. Von der kleinen Rente kann sie bescheiden leben. Für eine neue Waschmaschine wird es aber nicht reichen. Die alte hat immer wieder Aussetzer. "Ich bin aber zufrieden und danke Gott, dass er mich hergeführt hat", sagt sie und lächelt.

Doch jeden übrig gebliebenen Cent - und sind es auch noch so wenige - legt sie zur Seite. Denn ihr größter Wunsch ist es, nächstes Jahr ihre Tochter zu deren 50. Geburtstag in Russland zu besuchen und ihre Enkel und das erste Urenkelchen wieder zu sehen. Damit ihre Ersparnisse für die große Reise reichen, kann Erna D. den Zuschuss des Weihnachtslichts für eine neue Waschmaschine verwenden. Oder vielleicht steht ja irgendwo zufällig noch ein funktionstüchtiges Gerät herum, das einen neuen Besitzer sucht.

Sachspenden nimmt die Aktion Weihnachtslicht zwar nicht in größerem Umfang an, wenn aber jemand eine Waschmaschine abzugeben hätte, würden wir vermitteln. Denn wir wissen, dass die GA-Leser die Berichte aufmerksam lesen und immer wieder Angebote für direkte Hilfe machen. Dafür und für die vielen Spenden, die heute auf der Liste stehen, danken wir recht herzlich.

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