Grillfest in Beueler Rheinaue Bonns Salafisten spielen mit den Behörden Hase und Igel

BONN · Stadt und Polizei tun sich schwer beim Versuch, große öffentliche Treffen der religiösen Extremisten zu verhindern. Am Donnerstag soll ein "Grillfest" in Troisdorf stattfinden.

In Tannenbusch trafen sich an Pfingsten Anhänger der Salafistenszene, die den Reden bekannter Prediger lauschten. Repro: GA

In Tannenbusch trafen sich an Pfingsten Anhänger der Salafistenszene, die den Reden bekannter Prediger lauschten. Repro: GA

Es ist ein Hase-und-Igel-Spiel, das sich in diesen Tagen zwischen Behörden und lokaler Salafistenszene vollzieht. Es geht um "Grillfeste", die nicht nur dem geselligen Beisammensein dienen, sondern auch der Pflege salafistischer Netzwerke. Und es geht um den Versuch der Behörden, diese Treffen, wenn nicht zu verbieten, dann doch mit hohen Auflagen zu versehen. Und so gerät die Salafistenszene aus der Bonner Region, die als eine Hochburg der fundamentalistischen Muslime gilt, wieder einmal in die Schlagzeilen.

In Bonn haben Stadt und Polizei wieder einmal die undankbare Rolle des Hasen. Zunächst wurden die Behörden an Pfingsten ganz offensichtlich von der Größe eines von Salafisten organisierten "Grillfestes" in Tannenbusch überrascht. Dort hatten sich einige hundert Muslime eingefunden, was die Anwohner auf den Plan rief.

Sie fühlten sich in ihrer Ruhe gestört und riefen das Ordnungsamt. Eine ganze Reihe von radikalen Predigern hielt Reden, der ehemalige Linksterrorist Bernhard Falk verteilte Flugblätter, auf denen er die "Freilassung politischer muslimischer Gefangener" forderte. Falk selbst saß von 1999 bis 2008 in Haft, weil er in den 90er-Jahren Sprengstoffanschläge verübt hatte.

Alarmiert durch die Präsenz der radikalen Wortführer und deren großer Anhängerschar, gibt es nun mit Blick auf das nächste geplante Salafisten-Treffen am 22. Juni in der Beueler Rheinaue ein abgestimmtes Vorgehen von Polizei und Stadt. Dabei liefen die Versuche der Polizei, solche Treffen nach dem Versammlungsrecht zu verbieten, ins Leere. Was wiederum Politiker von CDU, SPD und FDP veranlasste, die Polizei zu kritisieren. Am Mittwoch meldeten sich dann die Gewerkschaft der Polizei und der Bund Deutscher Kriminalbeamter zu Wort, die ihren Kollegen Rückendeckung gaben: "Die Polizei hat keine rechtlichen Möglichkeiten, solche 'Grillfeste' zu verbieten."

So versuchte es die Stadt Bonn mit den Mitteln des Ordnungsrechts und nahm Kontakt zum Veranstalter auf. Nach GA-Informationen handelt es sich dabei um den früheren Sprecher des Bonner Rats der Muslime, Karim Lakhal. Ihm hatte die Stadt nach eigenen Angaben am Dienstagnachmittag im persönlichen Gespräch zu verstehen gegeben, dass er keinen erforderlichen Platzpachtvertrag für die Beueler Rheinaue bekomme.

Damit dürfte es für Lakhal schwierig werden, die Veranstaltung in der von ihm geplanten Größe durchzuführen. Doch es scheint, dass Lakhal das Hase-und-Igel-Spiel mit den Behörden bewusst aufgenommen hat. Denn schon am Mittwochmorgen veröffentlichte er auf seiner Facebookseite eine Werbung für ein "Barbecue" in Troisdorf. Daraufhin setzten sich flugs die dortige Stadtverwaltung und die Polizei des Rhein-Sieg-Kreises zusammen.

Deren Sprecherin Renate Braun sagte am Mittwochabend auf GA-Anfrage: "Die Stadt versucht, das Treffen zu verhindern, weil es auf einem städtischen Spielplatz stattfinden soll." Ob dieser Versuch gelingt, konnte die Polizeisprecherin aber nicht bestätigen. Sollte das Vorhaben ins Leere laufen, würde Pierre Vogel erneut bei einem salafistischen "Grillfest" zu Gast sein. Denn angekündigt sind er sowie die beiden Vertreter des salafistischen Köln-Bonner Netzwerks "Die wahre Religion", Abu Dujana und Abu Abdullah.

Immer wieder tauchen deren Namen im Zusammenhang mit dem Verein "Helfen in Not" auf. Vor diesem Verein mit Sitz in Neuss warnt der Verfassungsschutz. Der Behörde liegen Anhaltspunkte darüber vor, dass es sich bei "Helfen in Not" um eine extremistisch-salafistische Bewegung handelt. Für "Helfen in Not" soll auch beim Grillfest am Sonntag in Bonn gesammelt werden. Dem Verfassungsschutz zufolge ist der Vereinszweck neben der Verbreitung salafistischer Propaganda die Rekrutierung von Kämpfern für den "Dschihad".

Fließend scheinen also die Übergänge von Salafismus zu Dschihadismus zu sein. Doch die Sicherheitsbehörden unterscheiden durchaus: So kaprizieren sich die Salafisten vor allem auf so genannte Benefizveranstaltungen und Missionierungsarbeit, die an der Grenze zu politischer Hetze und Gewaltaufrufen nicht zwingend Halt macht. Auch gibt es immer wieder Hinweise, dass vermeintliche Wohltätigkeitsorganisationen Kämpfer, Material und Geld in Bürgerkriegsgebiete schleusen. Dschihadisten hingegen halten Missionierung für unbrauchbar und sehen ihren Auftrag darin, für den Islam zu kämpfen.

Dementsprechend tut sich die Bonner Polizei schwer, genaue Zahlen zu nennen. Polizeisprecher Robert Scholten sagte dem GA, man gehe im Bonner Raum in puncto gewaltbereiter muslimischer Extremisten von einer zweistelligen Zahl im unteren Bereich aus. Andererseits heißt es aus Sicherheitskreisen, dass seit Herbst aus der Region Bonn fast 20 Männer und Frauen ins syrische Kriegsgebiet ausgereist seien. Fünf Personen seien von dort wieder nach Bonn zurückgekehrt.

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