Mutmaßliche Bombenleger Zwei Männer in Gewahrsam genommen - Polizei fahndet nach einem weiteren Mann

Bonn · Nach GA-Informationen handelt es sich bei den zwei Männern, die von der Polizei in Zusammenhang mit dem Bombenfund auf dem Bonner Hauptbahnhof in "Gewahrsam genommen wurden", um Omar D. und Abdifatah W. , die beide aus Somalia stammen. Oberstaatsanwalt Robin Faßbender zufolge sind die Männer, deren Indentität er nicht preisgab, nicht wegen dringenden Tatverdachts festgenommen, sondern lediglich in Gewahrsam genommen worden.

"Zurzeit werden die beiden Personen intensiv überprüft", so Faßbender, der allerdings bestätigte, dass es sich bei der Bombe um keine Attrappe gehandelt habe. Nach GA-Informationen werden nun auch die Handyfunkzellen überprüft, die Aufschluss über den Aufenthaltsort der beiden Männer zur Tatzeit geben sollen.

Wie Omar D.s Bonner Anwalt Mutlu Günal dem GA bestätigte, wurden beide Männer gegen 13.30 Uhr in einem Callcenter an der Kölnstraße festgenommen. "Die sind völlig perplex gewesen und wussten gar nicht, wie ihnen geschah", so Günal. Sein Mandant habe den Polizisten sogar freiwillig seinen Hausschlüssel herausgegeben mit der Bitte, bei der beabsichtigten Hausdurchsuchung "nichts kaputt zu machen".

Mehrere Stunden waren Polizeikräfte anschließend im Einsatz und durchsuchten Omar D.s Wohnung. Nach mehreren Stunden im Bonner Polizeipräsidium wurden D. und W. schließlich zwecks weiterer Befragung im Beisein ihrer Bonner Rechtsanwälte ins Polizeipräsidium Köln gebracht. Günal vertrat Omar D. schon 2008, als der am Flughafen Köln/Bonn als mutmaßlicher Terrorverdächtiger festgenommen und später wieder freigelassen wurde.

Nach einem weiteren Mann fahndet die Polizei weiterhin mit einem Phantombild. Am Abend verteilten Polizisten am Bonner Hauptbahnhof Handzettel mit Fotos des Gesuchten und der blauen Tasche, die tags zuvor dort gefunden worden war. Auch Fahndungsplakate wurden am Hauptbahnhof und in der Poststraße von Kräften der Einsatzhundertschaft geklebt.

Am Nachmittag war die Fahndungsmeldung mit einem Phantombild herausgegeben worden. Gesucht wird nach einem 30 bis 35 Jahre alten, etwa 1,90 Meter großen Mannes von schlanker Statur und dunkler Hautfarbe, der eine schwarze Mütze, schwarze Stiefel und eine braun-graue Jacke trug. Laut Polizei hatte ein 14-jähriger Schüler beobachtet, wie der Mann eine Tasche am Bahnsteig abstellte. Zeugen, die Hinweise zu dem Mann oder der blauen Tasche haben, werden gebeten, sich unter der Telefonnummer 0221/2290 zu melden.

In der Windmühlenstraße nahe der Kennedybrücke war laut GA-Informationen am Nachmittag eine Wohnung durchsucht worden. Ein SEK mit rund einem Dutzend Kräften in voller Montur und mit Schutzschilden war in das Haus gestürmt. Die Straße war kurzfristig gesperrt worden. Nach Informationen des GA trugen die Ermittler eine Tasche, einen Computer und mehrere CDs oder DVDs aus der Wohnung. Nach Informationen des GA hat einer der beiden Verdächtigen in der Wohnung gelebt.

Zuvor war nur die Ingewahrsamnahme des gebürtigen Somaliers Omar D. am frühen Nachmittag bestätigt worden.

Derweil meldete "Spiegel Online", dass die herrenlose Tasche, die am Montag zu dem Bombenalarm auf dem Bonner Hauptbahnhof geführt hatte, Butangas und Ammoniumnitrat enthielt. Die Polizei hatte bisher nur von einer "zündfähigen" Substanz gesprochen. Das Portal berichtete am Dienstag weiter, in der Tasche seien auch ein Metallrohr, ein Wecker und Batterien gefunden worden. Ob mit dieser Konstruktion eine Explosion hätte ausgelöst werden können, blieb zunächst weiterhin unklar. Polizeiexperten hatten in den durch die Entschärfung zerstörten Teilen noch keinen Zünder gefunden.

[kein Linktext vorhanden]Auch im Bundesinnenministerium stehen unterdessen alle Zeichen auf Alarm. "Wir nehmen das sehr ernst", sagt Jens Teschke, Sprecher von Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) dem GA. Allerdings müsse man warten, bis Kriminaltechniker die Spuren ausgewertet hätten. Unverändert gelte aber weiter, dass Deutschland "im Fadenkreuz des dschihadistischen Terrors" stehe. Die Gefährdung der Sicherheit des Landes sei "auf unverändert hohem Niveau".

Doch während das Bundesinnenministerium bislang stets von einer "abstrakten Gefährdung" gesprochen, will das Haus von Innenminister Friedrich nach dem Fall in Bonn "derzeit keine Sicherheitseinstufung" abstrakt oder konkret vornehmen. Für 17.30 Uhr am Dienstag wurde ein Statement Friedrichs angekündigt, das aber wenig später wieder abgesagt wurde.

[kein Linktext vorhanden]In Sicherheitskreisen heißt es mittlerweile, dass nach dem Bombenalarm am Bonner Hauptbahnhof und der Festnahme auch "in Richtung des islamistischen Terrors" ermittelt werde. Es gehe um Gefährder aus dem Bereich des dschihadistischen Terrorismus. Deswegen gingen Sicherheitskreise auch davon aus, dass der Generalbundesanwalt in Karlsruhe noch am Dienstag den Fall übernehmen werde.

Bombenalarm am Bonner Hauptbahnhof
30 Bilder

Bombenalarm am Bonner Hauptbahnhof

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Der Vorsitzende des Bundestagsinnenausschusses, Wolfgang Bosbach (CDU), sagte dem GA, für Deutschland bestehe "seit geraumer Zeit" eine "anhaltend hohe Terrorgefahr". Es gebe aber auch nach dem Bombenalarm in Bonn keinen Grund, die Gefährdungsstufe hochzusetzen, so lange keine neuen Gruppen auftauchten, deren Namen nicht bekannt seien oder konkrete Anschlagspläne bekannt würden.

In Sicherheitskreisen wiederum heißt es, seit etwa zwei Jahren beobachteten Fahnder eine erhöhte Reiseaktivität von "Topgefährdern", teilweise mit deutscher Staatsangehörigkeit, die von Deutschland aus über Nordafrika sowie den Mittleren und Nahen Osten ins afghanisch-pakistanische Grenzland reisten und sich dort Terrorausbildungscamps aufhielten. Dabei habe man einen Personenkreis "von gut 100" im Visier, der "mit enormem Aufwand" beobachtet würde.

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