Stress im Parkhaus und in Autobahnbaustellen

BONN · Probleme mit breiten Autos: In Bonner Tiefgaragen kracht es fast täglich. NRW verbreitert Überholspur. Rheinland-Pfalz lässt versetzt fahren.

 Überbreite Autos schaffen Probleme auf Deutschlands Autobahnbaustellen.

Überbreite Autos schaffen Probleme auf Deutschlands Autobahnbaustellen.

Foto: dpa

Mit Schwung kurvt der schwarze Polo in die enge Parklücke in der Tiefgarage am Bonner Friedensplatz. "Auf Anhieb perfekt eingeparkt. Ich wette, da sitzt eine Frau am Steuer." Jochen Düren kennt seine Kundschaft.

"Ein Thema sind die Autos, das andere die Fahrer", sagt der Betriebsleiter der Bonner City Parkraum GmbH, die sechs große Tiefgaragen in Bonn betreibt. Er zeigt auf die vielen bunten Lackstreifen an den Pfeilern: "Hier kracht es fast täglich."

Stress im Parkhaus? Gefühlt sind die Stellplätze in den vergangenen Jahren immer enger geworden. Das liegt aber nicht nur daran, dass die Fahrer älter werden. Sondern vor allem am Breitenwachstum der Autos. Beispiel VW Golf: Von der ersten Baureihe 1974 bis zum aktuellen Modell ging der Urmeter im Fuhrpark der Deutschen um stolze 17 Zentimeter auseinander. Heute ist ein Golf 1,78 Meter breit, inklusive Außenspiegel sind es sogar 2,05 Meter.

Kaum ein Autofahrer weiß, wie breit sein Auto wirklich ist

Der Wolfsburger ist dabei kein Sonderfall. Die meisten Modelle legen im Lauf der Generationen Zentimeter um Zentimeter zu. So war ein Porsche 911 Baujahr 1963 noch 1,61 Meter breit, das neueste Modell bringt es auf 1,87 Meter. Immerhin rund 67 Prozent der Neuwagenmodelle sind breiter als zwei Meter, wie der ADAC jetzt bei einer Messung von 280 Modellen ermittelt hat.

Die breiten Karossen stellen die Fahrer nicht nur bei der Suche nach der passenden Parklücke vor Probleme. Vor allem in Autobahnbaustellen werden die zusätzlichen Zentimeter zum Risiko. Dort ist der linke Fahrstreifen oft nur 2,50 Meter schmal. Er darf dann nur von Autos benutzt werden, die nicht breiter als zwei Meter sind.

Doch kaum ein Autofahrer weiß, wie breit sein Auto wirklich ist. Im Fahrzeugschein steht nämlich nur die Breite ohne Außenspiegel. Die zählen aber mit. Und nicht nur Golffahrer dürfte es dann überraschen, dass sie in vielen Autobahnbaustellen eigentlich nicht überholen dürfen. Steht die Polizei dort, drohen 20 Euro Bußgeld.

Auf die wachsenden Fahrzeugbreiten hat das NRW-Verkehrsministerium reagiert. Seit Februar werden die linken Fahrstreifen bei neuen Autobahnbaustellen zehn Zentimeter breiter bemessen als bisher. Das heißt, dort dürfen dann Fahrzeuge mit einer Gesamtbreite von 2,10 Meter fahren. Für viele aktuelle Pkw-Modelle ist das allerdings immer noch zu knapp.

Die rechten Fahrspuren sind üblicherweise mindestens 3,25 Meter breit, manchmal auch nur drei Meter. Wie bei anderen Themen bosselt jedes Bundesland auch beim Problem der breiten Autos an einer eigenen Lösung. In Rheinland-Pfalz wurde die Idee des "versetzten Fahrens" als Pilotversuch umgesetzt.

Beweis: Lackspuren an den Pfeilern

Wer sich beispielsweise auf der A61 Richtung Süden bewegt, findet in Baustellen trotz zweispuriger Verkehrsführung ein Überholverbotsschild für normale Pkw und ein Zusatzschild, das eine Art Auto-Reißverschluss darstellt. Da kaum jemand versteht, was damit gemeint sein soll, hält sich niemand daran.

Was passiert, wenn es zu eng wird, zeigen in der Tiefgarage am Bonner Friedensplatz nicht nur die vielen Lackspuren an den Pfeilern. Im hinteren, älteren Teil der Garage stehen auf zehn Parkflächen großzügig verteilt sechs Autos der gehobenen Mittelklasse. Die Stellplatz-Markierungen scheinen die Fahrer nicht interessiert zu haben.

Jochen Düren klemmt Zettel mit freundlichen Hinweisen auf die Parkordnung hinter die Scheibenwischer. "Viele Rechtsanwälte", sagt er. Die Parkbuchten kann er nicht vergrößern. Laut NRW-Garagenverordnung von 1990 müssen die Parkplätze nur zwischen 2,30 und 2,50 Meter breit sein. "Eigentlich bräuchten wir Parkstände mit einer Breite von 2,50 bis 2,70 Meter", fordert Martin Robert Lühder von der Fachhochschule Münster und dort Professor für Straßenverkehrsbau. Selbst neue Parkhäuser werden aber teilweise enger geplant.

Doch es gibt auch Gewinner: Neben dem bunt gestreiften Pfeiler an der Einfahrt eines Bonner Parkhauses hat der gewitzte Inhaber eines Karosseriebetriebs seine Reklametafel platziert. Die Fahrerin des schwarzen Polo braucht sich dafür aber nicht zu interessieren.

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