Ausfälle und Verspätungen Stadtwerke Bonn suchen dringend Bus- und Bahnfahrer

Bonn · Den Stadtwerken Bonn fehlt es an Fahrern für Busse und Bahnen, auch weil die Konkurrenz groß ist. Mit Schnuppertagen und Probefahrten soll Personal gefunden werden.

 Die SWB suchen dringend Fahrer: Geschäftsführerin Anja Wenmakers (Mitte) neben den Azubis Nico Reiff und Alina Klotzbücher.

Die SWB suchen dringend Fahrer: Geschäftsführerin Anja Wenmakers (Mitte) neben den Azubis Nico Reiff und Alina Klotzbücher.

Foto: Benjamin Westhoff

Angesichts der Zunahme von Ausfällen und Verspätungen von Bussen und Bahnen nach der Umstellung des Fahrplans zum 26. August verstärken die Stadtwerke Bus und Bahn (SWB) ihre Bemühungen, neue Fahrerinnen und Fahrer zu finden.

Auf den Hecks von sechs Bussen wirbt das kommunale Verkehrsunternehmen mit dem Gesicht der Auszubildenden Alina Klotzbücher und den Slogans "Lenk deine Karriere!" und "Du kannst 300 PS zähmen" um zusätzliches Personal. Auch auf den Monitoren in den Fahrzeugen laufen Spots. Klotzbücher ist im zweiten Ausbildungsjahr. Sie entstammt, man kann es wohl so sagen, einer Familie, die für die SWB schon so manchen Dienst geschoben hat. Mutter und Vater, Onkel und Tante arbeiten für den Nahverkehrs-Dienstleister. "Da lag der Job irgendwie nahe", sagte die 18-Jährige. Ihr Azubi-Kollege Nico Reiff, 19 Jahre alt, ist im dritten Lehrjahr und will "seit dem Kindesalter Busse fahren".

Schnuppertage und Probefahren

Die SWB werben schon länger intensiv um neues Personal, beispielsweise mit Schnuppertagen und Probefahrten auf den Betriebshöfen. Ein aggressives Abwerben, wie es andere Verkehrsbetriebe praktizieren, lehnt Anja Wenmakers, Geschäftsführerin der SWB Bus und Bahn, ab. Auch der Vorsitzende des Bonner Verkehrsausschusses, Rolf Beu, hält nichts von einer solchen "unsolidarischen Kannibalisierung". Seit Januar 2018 hat das Verkehrsunternehmen nach Wenmakers 180 neue Fahrerinnen und Fahrer eingestellt. 80 Fahrer sind im selben Zeitraum aus dem Betrieb ausgeschieden, die meisten gingen in den Ruhestand. "Wir wollen noch deutlicher als bisher zeigen, dass wir ein attraktiver Arbeitgeber sind und es bei den SWB viele Möglichkeiten der Ausbildung gibt", erklärte sie.

Ein Auszubildender verdient im ersten Lehrjahr gut 1000 Euro brutto. Im ersten Jobjahr bekommen Fahrer 2500 Euro brutto plus Sonderzulagen für Spätschichten sowie an Feiertagen und Wochenenden. Um die dringend benötigten Fahrer selbst auszubilden, hätten die Stadtwerke die Zusammenarbeit mit der Agentur für Arbeit und externen Fahrschulen verstärkt sowie das eigene Ausbildungszentrum erweitert, so Wenmakers. Auch werde europaweit nach fähigen Fahrern gesucht. Für Flüchtlinge, die Interesse zeigen, würden Sprachkurse angeboten.

Ausfälle und Unpünktlichkeit

Derzeit beschäftigen die SWB 500 Busfahrer und 220 Bahnfahrer, um 200 Busse und 100 Bahnen im Bestand zu bewegen. Dennoch haben Ausfälle und Unpünktlichkeiten seit dem Fahrplanwechsel zugenommen. Das betrifft Straßenbahnen, Stadtbahnen und Busse. Letztere müssen sich mit den Autos durch den dichten Verkehr quälen. Falschparker und ein hoher Krankenstand nach Pützchens Markt sind weitere Gründe für die Unzuverlässigkeiten, sagte Wenmakers. Anfang Dezember würden 19 Fahrer mit der Ausbildung fertig. Sie hofft spätestens dann auf Entspannung.

Die Suche nach mehr Angestellten gestaltet sich auch deshalb schwierig, weil die Konkurrenz groß ist. Der Regionalverkehr Köln sucht ebenso wie die Rhein-Sieg Verkehrsgesellschaft, beide fahren auch mit Linien aus dem Kreis nach Bonn hinein. Nicht zuletzt die regelmäßigen Demonstrationen von Klimaschützern haben Bewegung in den Ausbau des Nahverkehrs gebracht.

Lead-City-Projekt

Eine Folge ist das vom Bund geförderte Lead-City-Projekt, an dem Bonn teilnimmt. Durch Preisanreize, Taktverdichtungen und betriebliches Mobilitätsmanagement, also günstigere Angebote für Unternehmen, will der Bund herausfinden, mit welchen Hebeln ein weiterer Umstieg vom Auto auf den Nahverkehr gelingen kann. Nach Angaben des Verbandes Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) fehlen bundesweit rund 50 000 Fahrer. "Die Ursache für den akuten Personalmangel liegt keineswegs darin, dass die Unternehmen unattraktiv wären. Mobilität ist ein Megathema", sagte Jan Schilling, VDV-Chef der Nahverkehrssparte: "Vielmehr fehlt es der Branche an Wahrnehmung und Kommunikation in die Bewerbermärkte. Wir sind hier teils noch zu zaghaft."

Als Chefin eines Dienstleistungsunternehmens für die Stadt ist Wenmakers nicht in der Position, Forderungen zu stellen. Sie hält es dennoch für notwendig, Lead-City mit weiteren Entscheidungen zu flankieren. Dazu gehörten mehr Beschleunigungsspuren für Busse. "Die Autofahrer sollten sehen können, dass die Busse an ihnen vorbeiziehen." Gleichzeitig müsste aus ihrer Sicht eine stärkere Parkraumbewirtschaftung erfolgen, damit Autofahrer umsteigen, weil es für sie günstiger ist. Der Verkehrsausschuss hatte Stadtwerke und Stadt im vergangenen Sommer aufgefordert, eine liniengenaue Analyse vorzulegen, wo der öffentliche Nahverkehr beschleunigt werden kann. Immerhin ein Vorschlag, auf Hermann-Wandersleb-Ring und Endenicher Straße Busspuren auszuweisen, liegt den politischen Gremien mittlerweile vor.

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