Stadt will Miete für Probenräume in Schulen erheben

Yasmin Götz soll für einen Vertrag zahlen, den sie nie unterschrieben hat. Gerade kam eine E-Mail vom Schulamt der Stadt, in dem ihr eine Rechnung für die Proben des Figuralchors Bonn im Clara-Schumann-Gymnasium angekündigt wird.

Bonn. Yasmin Götz soll für einen Vertrag zahlen, den sie nie unterschrieben hat. Gerade kam eine E-Mail vom Schulamt der Stadt, in dem ihr eine Rechnung für die Proben des Figuralchors Bonn im Clara-Schumann-Gymnasium angekündigt wird.

Das Thema ist nicht neu: Schon im Januar wurde bekannt, dass die Stadt die Chöre, die regelmäßig in der Schulaula proben, zur Kasse bitten will. Für Chöre gilt, anders als für Parteien und Sportvereine, dass sie für städtische Räume Miete zahlen müssen. Das fand auch die Politik ungerecht, das Thema geisterte seit Januar durch die Tagesordnungen diverser Ausschüsse und verschwand dann ohne Lösung.

Gespräche des Schulamts mit den betroffenen Chören gab es nach Auskunft der Chorvorstände nicht. Die Stadt Bonn sieht sich im Recht: Der Entgelttarif für die Schulräume gehe auf einen Ratsbeschluss zurück. Deshalb sei die Verwaltung verpflichtet, die Gebühr für Proben in Schulaulen zu erheben, so das Presseamt: "Seit 2007 gilt: Für Nutzung muss man zahlen."

Meinung Lesen Sie dazu auch den Kommentar " Singen ist Sport"Sportvereine können die städtischen Turnhallen kostenlos nutzen, da der Rat beschlossen hat, die Sporthallennutzungsgebühr nicht mehr zu erheben. Für die Chöre gibt es keinen Ratsbeschluss. Erst im Juni hat der Finanzausschuss den Antrag der FDP abgelehnt, die Bonner Freizeitchöre von einer Nutzungsgebühr in Schulräumen zu befreien. Der Ausschussvorsitzende, FDP-Chef Werner Hümmrich, erinnert sich allerdings, dass damit keinesfalls gemeint war, bei den Chören zu kassieren.

Vielmehr habe Einigkeit bestanden, keine neuen Sonderregelungen zu schaffen, sondern die Gebührenordnung insgesamt zu überarbeiten. Das taucht allerdings in der Niederschrift zur Finanzausschuss-Sitzung nicht auf. Willi Nikolay, Schulleiter des Clara-Schumann-Gymnasiums, würde die Chöre am liebsten weiter kostenlos bei sich proben lassen. Der vertraglose Zustand hat für ihn den Vorteil, dass er Räume spontan tauschen kann, wenn die Schule die Aula selbst für Veranstaltungen braucht.

"Es läuft bisher unbürokratisch und für alle erfreulich", sagt Nikolay. Kosten entstehen der Schule seiner Ansicht nach nicht. Im Gegenteil: Die Chöre lassen auf eigene Kosten den Flügel stimmen, treten bei Schulveranstaltungen auf und sorgen dafür, dass abends Leben im Gebäude ist. Alle drei Chöre haben im August von der Stadt kommentarlos einen Nutzungsvertrag zur Unterschrift bekommen, in dem ihnen vieles fragwürdig vorkommt.

Rückwirkend sollen sie vom 1. Januar 2010 für den Probenraum zahlen. Der Figuralchor probt inzwischen in der Schlosskirche der Universität. Vielleicht ist das der Grund, warum ihm jetzt als erstem eine Rechnung angekündigt wird. Geld für die Miete haben alle drei Chöre nicht. "Wir müssen schon Noten und Konzertreisen aus den Mitgliedsbeiträgen finanzieren ", sagt Yasmin Götz.

Ute Buys, Vorsitzende vom Konzertchor Bonn, wäre sogar bereit, "einen kleinen Betrag für die Kosten zu zahlen, die wir verursachen". Wenn 20 Leute auf einer ungeheizten Bühne probten, könnten das aber nicht die von der Stadt geforderten 1 500 Euro im Jahr sein. "Wir möchten weiterhin mit den Sportvereinen gleichgestellt werden", fordert Wilko Lehmhus, Vorsitzender des Bonner Jazzchors.

Es sei schon ärgerlich, dass in keiner Weise der kulturelle Beitrag der Chöre gewürdigt werde. Immerhin trage der Jazzchor, der zuletzt den dritten Preis beim Deutschen Chorwettbewerb gewonnen hat, sogar Bonn im Namen. Lehmhus bekam vom Schulamt zur Antwort: Für Kultursponsoring sei das Kulturamt zuständig.

So hoch sind die Mieten in Schulen##ULIST##

Seit dem 1. Januar 2007 ist in Bonn ein Entgelttarif für die Vermietung von Schulräumen in Kraft.

  • Wer einen Raum für eine dreistündige Veranstaltung ohne Eintritt mietet, zahlt für einen Klassenraum 30 Euro, für einen Raum mit mehr als 600 Sitzplätzen 120 Euro, für den Schulhof 25 Euro.
  • Bei Veranstaltungen mit Eintritt bekommt die Stadt zwölf Prozent der Bruttoeinnahmen, mindestens jedoch 50 Euro für einen Klassenraum und 350 Euro für einen Raum mit bis zu 600 Sitzplätzen. Der Schulhof kostet dann 40 Euro.
  • Eine Mikrofonanlage kostet pro Tag 30 Euro Miete, ein Flügel 50 Euro, ein Klavier 30 Euro.
  • Laut Entgelttarif müsste ein Chor für die Nutzung einer Aula bei 40 Proben im Jahr 5 448 Euro zahlen (inklusive Heizkostenzuschlag). Hinzu kämen pro Jahr 2 000 Euro für die Nutzung des Flügels (für ein Klavier 1 200 Euro), rechnet die Stadt. Weil das kein Chor zahlen kann, legt die Stadt die Gebühr anhand einer Gewerbemiete von fünf Euro pro Quadratmeter fest. 50 Chorsänger plus Chorleiter und Klavier benötigen laut Stadt eine Fläche von 300 Quadratmetern. So ergebe sich eine Aulamiete von 1 500 Euro für 40 Proben.
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