WCCB-Prozess Zwischen Treue und schwerer Untreue

BONN · Zweiter Tag im WCCB-Prozess: Hübner und Zwiebler betonen ihre Verdienste für Bonn.

Es ist ihr Credo seit Beginn der Ermittlungen im Herbst 2009 im Skandal um das World Conference Center Bonn (WCCB): Sie seien doch als treue und engagierte Diener ihrer Geburtsstadt nur bemüht gewesen, das Kongresszentrum zum Erfolg zu führen, beteuern die einstigen städtischen WCCB-Projektbeauftragten Arno Hübner und Eva-Maria Zwiebler. Niemals hätten sie der Stadt schaden wollen. Doch seit dem 24. Februar stehen sie vor der 7. Bonner Wirtschaftsstrafkammer - wegen Betruges im besonders schweren Fall und Hübner wegen besonders schwerer Untreue, Zwiebler wegen Beilhilfe zur Untreue. Aus ihrer beider Sicht ist die Anklage eine schreiende Ungerechtigkeit.

In welchem Ausmaß das seit mehr als fünf Jahren laufende Strafverfahren den 72-Jährigen und die seit Mai 2014 aus psychischen Gründen arbeitsunfähige 61-jährige Bürgeramtschefin angesichts ihres beruflichen Selbstverständnisses trifft, wird deutlich, als sie gestern am zweiten Prozesstag ihren Werdegang schildern - mit erkennbarem Stolz: Beide haben nach der Realschule bei der Stadt eine Bilderbuchkarriere gemacht. Hübner stieg bis zum Stadtdirektor auf und war, wie er klarstellte, auf jedem Arbeitsfeld und in jedem Dezernat zu Hause. Immer wieder habe er Zusatzaufgaben übernommen und wichtige Projektgruppen geleitet. Ab 2002 hatte er die WCCB-Projektleitung. Zu den persönlichen Verhältnissen sagt er nur: Er sei verheiratet, habe zwei Töchter und vier Enkel. Seit 2007 ist er im Ruhestand.

In den will auch Eva-Maria Zwiebler bald treten. Die 61-Jährige, die gesundheitlich so beeinträchtigt ist, dass ihr laut Gutachter nicht mehr als drei Stunden Verhandlung zugemutet werden können, bricht immer wieder in Tränen aus, als sie ihren Lebenslauf verliest. Und ihr Engagement und ihre Verdienste für die Stadt betont - mit vielen Zusatzaufgaben und Projekten, die auch durch sie erfolgreich gewesen seien, wie Bundesgartenschau, Rhein in Flammen und Bonn-Marathon. Es ist eine sehr persönliche Erklärung, in der sie auch über ihre "glückliche Ehe und Familie", ihr Engagement im Karneval spricht, ihre eigene Karriere als Badmintonspielerin, die noch erfolgreichere ihres Sohnes Marc.

Wieder sitzt ihre Familie im Zuschauerraum. Zwiebler versichert, sie sei in ihre Aufgaben berufen und "vom Vertrauen der jeweiligen Oberbürgermeister, Oberstadtdirektoren und Ratsfraktionen, getragen worden". Sie betont: "Ich hatte es nicht nötig, mich mit dem WCCB zu profilieren." Und: "Mit vorsätzlichen Betrügereien oder auch mit Missbrauch und Ausnutzung meines Engagements für die Stadt Bonn habe ich nie und nimmer gerechnet. Ich habe an die Rechtschaffenheit aller am Projekt Beteiligten geglaubt." Unter Tränen fügt sie hinzu: "Ich rechne fest mit einem Freispruch."

Mehr will Zwiebler in diesem Prozess nicht sagen, er werde in Zukunft für sie sprechen, so ihr Anwalt Hanno Marquardt. Ob er für sie auch über die Rolle von Ex-OB Bärbel Dieckmann im WCCB-Desaster sprechen wird, bleibt abzuwarten. Wenn es nach den Verteidigern geht, kommt es jedoch zu keinem Urteil. Denn sowohl Hübners Anwalt Stefan Hiebl als auch Zwieblers Anwalt Marquardt beantragen, die Verfahren einzustellen wegen überlanger Verfahrensdauer - mit fünf Jahren und vier Monaten eine unzumutbare Härte und ein Verstoß gegen das gesetzliche Beschleunigungsgebot. Das hätten ganz allein die Justiz und die schlechte Organisation des Landgerichts Bonn verschuldet. Außerdem sei wegen der "vorverurteilenden" Presseberichterstattung ein faires Verfahren nicht gewährleistet, so Hiebl. Für Staatsanwalt Timo Hetzel sind die Anträge nur Stimmungsmache.

Bisher hatten die Anwälte mit ihren Anträgen kein Glück: Die Kammer wies Befangenheitsanträge, Besetzungsrügen und auch den Aussetzungsantrag von Zwieblers zweitem Anwalt Christian Knezovic als unbegründet zurück. Der hatte moniert, dass er erst Mitte Januar als Pflichtverteidiger beigeordnet worden sei und keine Zeit für das Aktenstudium gehabt habe. Das Gericht weist auch diesen Antrag zurück und erklärte: Diese Art der Beiordnung von Pflichtverteidigern sei Usus der Kammer und auch im WCCB-Verfahren gegen Ex-Investor Man-Ki Kim und Co. so gehandhabt worden. Im Übrigen sei Zwiebler durch Wahlverteidiger Marquardt gut vertreten, bis Knezovic sich eingearbeitet habe. Der reagiert mit einem weiteren Antrag: Er wolle entpflichtet werden. Aus berufsethischen Gründen könne er Zwiebler nicht mehr vertreten.

Am 17. März will Hübner sich zu den Vorwürfen äußern.

Die Vorwürfe gegen Hübner und Zwiebler

Die Staatsanwaltschaft wirft Arno Hübner und Eva Maria Zwiebler Betrug im besonders schweren Fall vor. Es geht um den NRW-Zuschuss für das WCCB von 35,79 Millionen Euro. Den Zuwendungsbescheid soll Hübner in Abstimmung mit Zwiebler bei der Bezirksregierung Köln beantragt haben, obwohl beide laut Anklage wussten, dass die Gesamtfinanzierung des WCCB nicht gesichert war.

Hübner wird zudem Untreue im besonders schwerem Fall zur Last gelegt. Zwiebler soll dazu Beihilfe geleistet haben. Dabei geht es um die Nebenabrede der Stadt Bonn zum 74,3 Millionen Euro-WCCB-Kredit (ab 2009 104,3 Millionen), die erst in der Betriebsphase gelten sollte.

Doch als sich abzeichnete, dass der Investor das Eigenkapital von 40 Millionen Euro nicht vorlegen konnte, wurde die städtische Nebenabrede laut Anklage am Rat vorbei so abgeändert, dass sie bereits für die Bauphase galt.

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