Kommentar zur Anerkennung von Flüchtlingen Zwischen den Gerichten

Meinung · Über Grundsatzfragen zur Anerkennung wird in Deutschland nicht debattiert. Die Politiker überlassen den Richtern die Entscheidungen.

Es ist eine entscheidende Frage: Darf ein autoritärer Staat wie Syrien von seinen Bürgern verlangen, dass sie für ihn zur Waffe greifen? Mit Blick auf den Bürgerkrieg ist sie auch für Flüchtlinge wie Naief Taan Alkhalid in Bonn von zentraler Bedeutung. Er befürchtet, bei einer Rückkehr für die Armee kämpfen zu müssen. Von der Antwort auf die Frage hängt ab, ob Menschen wie Alkhalid als Bürgerkriegsflüchtlinge anerkannt werden. Sowohl für ein Ja als auch für ein Nein gibt es gute Argumente, ethische und praktische. Ein Staat lebt davon, dass seine Bürger ihn letztlich auch verteidigen. Andererseits gilt das Regime in Syrien nicht als demokratisch legitimiert.

Die Debatte über Grundsatzfragen wie diese wird in Deutschland nicht geführt. Aus Angst vor Ressentiments, aber auch aus einer gewissen Faulheit heraus scheuen Politiker im Bund seit Jahren klare Positionen. Die Entscheidungen im Einzelfall überlassen sie den Gerichten, die bei gleicher Rechtslage zu völlig unterschiedlichen Urteilen kommen. Die Betroffenen werden oft nicht einmal persönlich gehört.

Ist es da verwunderlich, wenn in der Mehrheit der Bevölkerung die Akzeptanz schwindet? Kann es sein, dass allein Juristen mit ihren rechtstheoretischen Überlegungen über Wohl und Wehe von Geflüchteten zu entscheiden? Die Gesellschaft muss gemeinsam entscheiden, ob und welche Menschen sie schützen und welche sie dauerhaft aufnehmen will. Statt eines einzelnen Richters wäre ein Ausschuss weitaus sinnvoller, der im Gespräch mit den Antragstellern zu einem Votum kommt. Wer den Schutz in Deutschland anstrebt, der müsste die Bürger davon überzeugen, dass er ihn braucht und verdient.

Am Ende wäre die Akzeptanz für die Aufgenommenen womöglich deutlich höher und damit ihre Integration weitaus einfacher. Dann würde es vielleicht auch nicht zur unerfreulichen Situation kommen, dass ein Sohn nur deshalb nicht nachziehen darf, weil er in paar Tage zu alt für den Stichtag ist. Ein Durchwursteln ohne klaren moralischen Kompass mag für eine geschmeidige Außenpolitik Vorteile bieten; den demokratischen Parteien schadet es.

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