Appell an die deutsche Regierung Zwei Trägerinnen des Alternativen Nobelpreises im Gespräch

BONN · Für die Solidarität der deutschen Regierung und der internationalen Staatengemeinschaft mit dem afghanischen Volk gerade in der aktuellen, politisch wichtigen Phase sprach sich am Montag Monika Hauser, Vorsitzende der Hilfsorganisation Medica Mondiale, aus. "Vergesst nicht Afghanistan.

 Die beiden Trägerinnen des Alternativen Nobelpreises, Monika Hauser (links) und Sima Samar, im Gespräch.

Die beiden Trägerinnen des Alternativen Nobelpreises, Monika Hauser (links) und Sima Samar, im Gespräch.

Foto: Roland Kohls

Weil die internationalen Truppen im nächsten Jahr aus dem Land abziehen, ist gerade jetzt die Loyalität mit den Afghanen und da gerade mit den Frauen ungemein wichtig", sagte die Trägerin des Alternativen Nobelpreises bei einer Podiumsdiskussion des Zentrums für Entwicklungsforschung der Universität Bonn (ZEF). Sie komme gerade zurück aus Kabul und bringe so pessimistische Eindrücke wie lange nicht mehr mit, berichtete Hauser.

Weil die Staatengemeinschaft seit 13 Jahren nur auf militärische Strategien setze und mit einer mehrheitlich korrupten Regierung in Kabul verhandle, seien die Menschen des Landes leider längst aus dem Blickfeld geraten, kritisierte die Ärztin, die sich seit 1993 für die Rechte traumatisierter Frauen und Mädchen in Kriegs- und Krisengebieten einsetzt.

"Auch heute werden 80 Prozent der Ehen in Afghanistan durch Zwangsheirat geschlossen, 50 Prozent sogar durch Heirat minderjähriger Mädchen, also Kinder." Und das, obwohl es in Afghanistan ein Gesetz gebe, das Gewalt gegen Frauen verbiete. Genau dieses Gesetz sei inzwischen in Gefahr, abgeschafft zu werden, empörte sich Monika Hauser vor einem international besetzten Publikum. Somit seien gerade diejenigen im Land, die für Stabilität sorgen könnten, nämlich die Frauen, noch weiter in Gefahr, entrechtet zu werden.

"Ich appelliere an die deutsche Regierung, sich für die Einhaltung der bürgerlichen Rechte der Menschen in Afghanistan vehement einzusetzen. Zeigen Sie Solidarität mit den afghanischen Frauen und Mädchen." Auch eine zweite Trägerin des Alternativen Nobelpreises, die Afghanin Sima Samar, strich bei der Diskussion die aktuell dramatische Situation von Frauen in ihrer Heimat heraus.

"Versöhnung im Land kann nur wachsen, wenn die Frauen das Recht haben, bei den Entscheidungen mitzuwirken", sagte die Menschenrechtlerin, Politikerin und Ärztin. Leider sei die Zahl ihrer Geschlechtsgenossinnen, die überhaupt in den Gremien zugelassen würden, erschreckend gering. Solange die Staatengemeinschaft nur um Gesprächspartner aus den Talibanverbänden buhle, werde sie auf keine versöhnungsbereite Partner stoßen. Sie müsse auf die Frauen zugehen.

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