Lebensfreude aus Liebesbeziehung Zwei Bonner Schwerstkranke sind ein Paar

BONN · Gabi Trimborn und Heinz Altendorf sind beide schwerstkrank - und ein Paar. Am 15. April wollen sie heiraten. Die Liebesbeziehung gibt ihnen Lebensfreude und Energie.

 Lighthouse: Heinz Altendorf und Gabi Trimborn wollen am 15.April heiraten

Lighthouse: Heinz Altendorf und Gabi Trimborn wollen am 15.April heiraten

Foto: Barbara Frommann

„Wie war das? Wer hatte die Idee zu heiraten? Du oder ich?“ fragt Heinz Altendorf seine Freundin – beide leben im Behindertenwohnprojekt von Bonn Light-house. Gabi Trimborn lacht ihn aus dem Rollstuhl an, spricht fürs erste Hören Unverständliches. Doch Altendorf liest ihr die Antworten von den Lippen ab: „Wir wollten das beide. Da hast du Recht, Maus“, sagt Altendorf zärtlich. Am 15. April ist der Termin auf dem Standesamt.

Beide sind schwerstkrank. Dem 68-Jährigen geht es etwas besser, seit ein neues Medikament gut anschlägt. „Oder es ist die Liebe, die ihn wieder stark macht“, meint Jürgen Goldmann, stellvertretender Lighthouse-Geschäftsführer und Koordinator des ambulanten Hospizdienstes. Die 47-jährige Braut habe ohnehin einen unbändigen Lebenswillen, obwohl sie die meiste Zeit im Bett verbringen muss. „Die Beziehung hat ihr unglaublich viel Energie gegeben“, ist Goldmann überzeugt. Kennengelernt haben sich Gabi Trimborn und Heinz Altendorf vor fünf Jahren, als der ehemalige Altenpfleger im Projekt einzog, das für Trimborn schon 14 Jahre ihr Zuhause ist.

Und wie ging das mit der Liebe zwischen beiden los? Lachen im Raum. „Ja, was meinst du, Maus?“, fragt Altendorf. Er übersetzt: Beim Rauchen sei der Funke übergesprungen. „Sie kann ja die Zigarette nicht alleine halten. Also habe ich ihr geholfen. So haben wir also immer zusammen geraucht. So war das doch damals?, geht seine Frage wieder an die Freundin. „Und dann haben wir uns immer mehr erzählt. Und sind uns mit der Zeit näher gekommen.“ Altendorf bezieht die Freundin immer wieder mit ins Gespräch ein. Sprechen könne sie schon. Für andere sei nur nicht viel verständlich. „Ich verstehe aber inzwischen alles. Wir kennen uns ja schon so lange.“

Er heirate jetzt, weil er das Gefühl, zusammenzugehören, noch weiter vertiefen wolle, sagt der Bräutigam. Und weil er beweisen wolle, dass er von ganzem Herzen für seine Frau sorge. „Ich will also noch mehr Verantwortung übernehmen“, kommt mit dem Brustton der Überzeugung. Dem gelernten Altenpfleger kommt dabei seine Fachausbildung zugute.

Er gebe ihr zu trinken, er schließe Infusionen an, helfe, wenn sie Medikamente bekomme, er sorge für die Nahrungszufuhr, er helfe beim Waschen, erläutert er einen Teil seiner tagtäglichen Hilfen. Und danach könnten sie sich wohlfühlen, beim Kreuzworträtsel-Lösen, beim Fernsehen. Wer ist denn der schnellere Rätselfuchs? „Natürlich die Gabi“, gibt Altendorf zu. Können sie sich als Paar übers TV-Programm einigen? „Das klappt schon“, meint Altendorf. Von seiner Braut kommt keine Widerrede.

„Nachrichten müssen wir immer gucken. Wir wollen wissen, was passiert. Und abends schauen wir mal 'nen Krimi oder Abenteuerfilm.“ Trimborn nickt. Er freue sich auf jeden Fall aufs Standesamt. „Sonst wird doch hier im Haus nur gestorben“, kommt nachdenklich hinterher. Das sei schon „eine bewegende Kiste mit den beiden“, drückt Jürgen Goldmann seine Freude über die bevorstehende Hochzeit aus. Vor vielen Jahren habe sich im Wohnprojekt mit hospizlichem Charakter mal ein schwules Paar die Treue geschworen, und es habe eine Hochzeit mit einem schwerkranken Bewohner gegeben. „Aber Zwei aus dem Haus auf dem Standesamt, das ist wie ein Wunder.“

Hospizliches Wirken öffne offenkundig auch spät im Leben noch in berührender Weise das Herz, meint Monika Holstein, eine der Lighthouse-Ehrenamtlichen. Wer beobachte, wie die beiden sich ansehen, der könne Neues über die Energie von Liebe lernen. „Heinz ist nach deutlicher Verbesserung seiner Erkrankung zum liebevollsten Begleiter seiner zukünftigen Frau geworden, undenkbar der eine ohne die andere.“

„Nach dem Standesamt wollen wir dann so langsam mit dem Feiern anfangen“, plant der Bräutigam. Einen Brunch mit Freunden, Bewohnern und Mitarbeitern soll es geben. Aber eines weiß er noch nicht so genau: Die Braut war vor ein paar Tagen per Rollstuhl mit einer Helferin einkaufen, wie Jürgen Goldmann erzählt. „Sie wollte doch unbedingt für den großen Tag noch etwas neues Hübsches zum Anziehen haben.“

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