Auf der ITB in Berlin Zweckentfremdung ist das Problem

Berlin · Die Berliner Reisemesse ITB widmet dem Medizin-Tourismus erstmals einen eigenen Stand. Bonn ist nicht die einzige Stadt, in der Gesundheitstouristen dringend notwendigen Wohnraum beziehen.

 Besucher informieren sich auf dem Stand des Bundeslandes Nordrhein-Westfalen auf der Internationalen Tourismus-Börse ITB in Berlin.

Besucher informieren sich auf dem Stand des Bundeslandes Nordrhein-Westfalen auf der Internationalen Tourismus-Börse ITB in Berlin.

Foto: picture alliance / Rainer Jensen

Medizinisch motivierte Reisen, Medizin-Tourismus genannt, nehmen zu. Auch in der Bundesstadt Bonn. Die Internationale Tourismus-Börse (ITB) in Berlin, die an diesem Sonntag endet, widmet sich deshalb dem Thema erstmals mit einem eigenen Pavillon in den Messehallen.

In Deutschland ließen sich nach einer Untersuchung der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg 2015 (aktuellste Studie) 255 000 Patienten aus 177 Ländern stationär und ambulant behandeln und bescherten damit dem deutschen Gesundheitswesen Einnahmen von mehr als 1,2 Milliarden Euro. Bonn zählt mit seinen vielseitigen medizinischen Angeboten und den vielen renommierten Kliniken seit jeher zu den beliebten Zielen von Medizin-Touristen.

Allerdings hat jede Medaille zwei Seiten: Die Zweckentfremdung von privatem Wohnraum durch die Vermietung an Patienten und deren Angehörige vorwiegend aus dem arabischen Raum für die Dauer ihrer ärztlichen Behandlung, ist schon seit Jahren vor allem in Bad Godesberg ein Ärgernis für viele Bürger. Inwieweit das in anderen Städten ein Problem ist, können die meisten Vertreter der entsprechenden Tourismusverbände in Deutschland, die der GA an ihren Ständen auf der ITB befragte, nicht sagen. „Ich weiß nur, dass in München die Zweckentfremdung von Wohnungen extrem stark kontrolliert wird“, sagte eine Mitarbeiterin am Stand der München Tourismus.

Das betreffe aber nicht nur den Medizin-Tourismus, sondern auch den Freizeit-Tourismus, sagte sie und nannte unter anderem das vor allem bei jungen Leuten beliebte Buchungsportal für Privatwohnungen „airbnb“. Laut Medienberichten hat die Stadt München eine Ermittlergruppe eingesetzt, deren einzige Aufgabe darin besteht, zweckentfremdete Wohnungen aufzuspüren.

Gregor Gosciniak leitet die Marketing-Abteilung der städtischen KölnTourismus und kennt natürlich die Problematik der Nachbarstadt Bonn. „Das ist in Köln eher kein Thema“, meint er. Jedenfalls kein sichtbares: „Zu uns kommen hauptsächlich Patienten aus Russland“, so der Experte, diese Personen fielen allein optisch nicht so auf wie arabische Patienten. Hinzu komme, dass Köln-Tourismus seit Jahren eine Gesundheits-Broschüre in verschiedenen Sprachen, darunter in Russisch, Arabisch und sogar in Chinesisch herausgebe, die über die medizinischen und touristischen Angebote der Domstadt informiere. Diese Broschüren würden in den entsprechenden Ländern unter anderem an Reiseveranstalter und Agenturen verteilt. „In Köln gibt es außerdem sehr viele Hotels in den preiswerteren Kategorien, wo nicht so vermögende Patienten unterkommen können.“

Auch in Bonn gibt es eine Zweckentfremdungssatzung, die die gewerbliche Vermietung von privatem Wohnraum verbietet. Obwohl bereits 2014 beschlossen, ist die sogenannte Task Force erst seit diesem Januar so richtig im Einsatz. Ende des Monats sollen die ersten Ergebnisse auf dem Tisch liegen.

Zahlen, wie viele MedizinTouristen im Jahr sich in den Bonner Krankenhäusern oder Arztpraxen behandeln lassen, habe die Stadt nicht, sagte Wirtschaftsförderin Viktoria Appelbe. „Es ist allein schon aus Datenschutzgründen kaum möglich, an diese Zahlen zu kommen.“ Die Stadt gehe von einer hohen Zahl aus, was für die Qualität des medizinischen Standorts Bonn spreche. Deshalb soll es in diesem Jahr noch einmal eine Gesprächsrunde geben: „Wir suchen mit den Kliniken nach Lösungen, wie man der Zweckentfremdung stärker entgegensteuern kann“, sagte sie. In Arbeit seien bereits Informationsbroschüren in mehreren Sprachen, um die Medizin-Touristen besser aufzuklären. „Das ist auch im Sinne der Botschaften, denn die Patienten zahlen ja für die privaten Wohnungen oftmals weit überzogene Preise.“

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