Kommentar Zur Finanznot der Stadt - Tickende Zeitbombe

Prognosen sind schwierig, wie Niels Bohr einst ironisch anmerkte - vor allem, wenn sie die Zukunft betreffen. Richtig schwindlig kann es einem allerdings bei der Geschwindigkeit werden, mit der sich die Defizitprognosen aus der Stadtkämmerei ändern.

Sprachen Kämmerer Sander und Oberbürgermeister Nimptsch im April noch von rund 105 Millionen Euro, die in diesem Jahr in der Kasse voraussichtlich fehlen würden, ist die Summe jetzt schon wieder gestiegen: auf 132 Millionen Euro. Offenbar entwickeln sich unter anderem die Gewerbesteuereinnahmen noch schlechter, als bisher erwartet.

Genaue Zahlen und Fakten hält die Verwaltung vorerst unter Verschluss. Verständlich, dass die Ratsfraktionen darüber verärgert sind; sie wollen sich schließlich auf die Haushaltsdebatte im Spätherbst vorbereiten. Die grundlegenden Fakten sind aber ohnehin klar: Bonn ist mit 1,7 Milliarden Euro derart verschuldet, dass der Haushalt eine tickende Zeitbombe geworden ist. Tendenz seit Jahren: drastische Verschlechterung. Klar ist auch, dass die Stadt bei großen, gesetzlich geregelten Kostenblöcken wie den Sozialtransfers kaum Handlungsspielraum hat.

Trotzdem muss sie handeln, auch und gerade bei den eigenen Personalkosten. Die Schließung von Stadtteilbibliotheken nach der Eröffnung des Hauses der Bildung kann nur ein erster Schritt sein, so wichtig die wohnortnahen Büchereien für die Lesekultur auch sind. Sicher werden viele Bonner dagegen protestieren, ebenso wie bei einer Zentralisierung der Bürgerämter, der Schließung von Bädern oder dem Aus für Theaterspielstätten in Beuel oder Bad Godesberg.

Fakt ist aber: Die Stadt kann nicht einfach weiter wirtschaften wie bisher. Wer keine Abstriche beim Angebot machen will, darf sich schon mal auf höhere Grundsteuern einstellen. Zwar haben die Ratsfraktionen eine Erhöhung ausgeschlossen. Aber das war vor der Kommunalwahl.

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