WCCB-Prozess Zeuge spricht von Kims Chaos

Bonn · Die juristische Aufarbeitung im Fall des World Conference Center Bonn (WCCB) ist noch längst nicht abgeschlossen. Das zeigte sich nun im Bonner Landgericht: Am Dienstag mühte sich die 7. Wirtschaftsstrafkammer am 17. Tag im Prozess gegen WCCB-Ex-Bauchef Young-Ho Hong wegen Untreue und Betrugs im besonders schweren Fall um die Wahrheitsfindung.

3. November 2006: Spatenstich für ein Projekt, das als Bonns größter Bauskandal endete. Von links: Arno Hübner (Ex-Stadtdirektor), Bärbel Dieckmann (Ex-Oberbürgermeisterin), Man-Ki Kim (Ex-Investor) und Chong-Hong Cho (Ex-SMI-Gesellschafter).

3. November 2006: Spatenstich für ein Projekt, das als Bonns größter Bauskandal endete. Von links: Arno Hübner (Ex-Stadtdirektor), Bärbel Dieckmann (Ex-Oberbürgermeisterin), Man-Ki Kim (Ex-Investor) und Chong-Hong Cho (Ex-SMI-Gesellschafter).

Foto: Barbara Frommann

23 weitere Prozesstage sind geplant. Und vor der 1. Zivilkammer ging gestern der Schadensersatzprozess der Stadt gegen WCCB-Ex-Investor Man-Ki Kim und dessen damaligen Rechtsberater und Statthalter in Bonn, Ha-S. C., in die nächste Runde. Kim fehlte jedoch: Er ist unbekannten Aufenthalts, wahrscheinlich in Südkorea.

Dabei ist Kim im Strafverfahren gegen Hong auch als Zeuge gefragt, die Wirtschaftsstrafkammer hat ein Rechtshilfeersuchen an Südkorea gestellt und ist notfalls bereit, dorthin zu reisen, um Kim zu vernehmen. Es wäre die zweite Reise des Gerichts nach Seoul: Sie vernahm dort bereits 2012 im Prozess gegen Kim und Co. Zeugen.

Zeugen sind auch im Strafverfahren gegen Ex-Bauchef Hong gefragt, der nach wie vor schweigt. Am 17. Verhandlungstag nimmt ein Mann im Zeugenstand Platz, der laut Kammervorsitzendem Jens Rausch in den Akten kaum eine Rolle spielte: Der 45-jährige Unternehmensberater wurde im Frühjahr 2007 von Michael Thielbeer engagiert. Damals hatte der frühere städtische Investorenberater Thielbeer die Seiten gewechselt und war in den Dienst von Kim und dessen Firma SMI Hyundai Corporation getreten.

Auf die Frage, warum er engagiert worden sei, antwortet der Zeuge: „Um Transparenz in Kims Blackbox zu bringen.“ Die Buchhaltung sei völlig undurchsichtig und unvollständig gewesen. Stadt und Sparkasse hätten Probleme gehabt, den Durchblick zu bekommen. Er als Betriebswirt sollte Ordnung in das Chaos bringen. Und im Sommer 2007 sei klar gewesen: Kim, der nie den Eigenkapitalnachweis erbracht habe, sei pleite gewesen. „Er war überall auf der Suche nach neuem Geld für seine Libyen-Projekte“, so der Zeuge.

Deshalb, so der Zeuge, hätten Sparkasse und Stadt verhindern wollen, dass Kim für angeblich erbrachte Leistungen Millionen ausgezahlt wurden, zumal er auch Privatkosten abgerechnet hatte. Deshalb sei man mit Sparkasse und Stadt übereingekommen, stattdessen 2,04 Millionen an Hong für die Baukasse auszuzahlen. So hatte es auch Thielbeer zuvor als Zeuge erklärt. Und diese 2,04 Millionen soll Hong veruntreut haben. Nun muss das Gericht klären: Was hat Hong mit dem Geld gemacht? Hat er es wirklich in den Bau gesteckt, wäre der Vorwurf hinfällig. Aber warum hätte Hong, der die Baukasse laut Anklage um insgesamt vier Millionen Euro schädigte, dann 2010 freiwillig an den WCCB-Insolvenzverwalter 3,5 Millionen Euro zurückzahlen sollen?

Noch etwas wird in dem Strafprozess am Dienstag klar: die Bedeutung der Sparkasse. Oder wie der Zeuge formuliert: „Über allem stand die Sparkasse, die hatte die Hand auf allem.“ Dieser Eindruck verfestigt sich gestern vor der 1. Zivilkammer, wo die Stadt Kim und C. auf Schadensersatz verklagt hat, weil sie sich den Auftrag für das WCCB mit Täuschung erschlichen hätten. Unter anderem, indem sie den Eindruck erweckt hätten, hinter Hyundai stehe der Autokonzern. Doch die früheren städtischen Projektverantwortlichen Arno Hübner und Eva-Maria Zwiebler, die aus ihren eigenen Strafverfahren ungestraft mit Geldauflagen davonkamen, beteuern als Zeugen: Das hätten sie nicht geglaubt und auch gegenüber den Politikern kommuniziert.

Entscheidend dafür, dass Kim den Auftrag erhalten habe, sei gewesen, dass die Sparkasse Kim die Finanzierung zugesagt habe, erklären beide auf Fragen von Kammervorsitzendem Stefan Bellin. Denn schließlich habe die Sparkasse Kim genau geprüft. Tatsächlich aber hatte die Sparkasse die Finanzierung Ende Oktober 2005 zunächst abgelehnt. Was zu ihrem Sinneswandel führte, können am nächsten Prozesstag vielleicht damalige Sparkassenmitarbeiter im Zeugenstand erhellen.

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