Streitkräftebasis der Bundeswehr in Bonn Zentrale Führung für 45.000 Soldaten

BONN · Die Streitkräftebasis in Bonn bildet eine der sechs Säulen der Bundeswehr. Ohne sie gäbe es keine Auslandseinsätze. Ein Blick hinter die Kulissen der Bonner Behörde.

 Generalleutnant Martin Schelleis, Inspekteur der Streitkräftebasis, vor dem Dienstsitz in Duisdorf.

Generalleutnant Martin Schelleis, Inspekteur der Streitkräftebasis, vor dem Dienstsitz in Duisdorf.

Foto: Benjamin Westhoff

Flugzeugmodelle dürfen in seinem Büro natürlich nicht fehlen: Generalleutnant Martin Schelleis ist gelernter Pilot und hat neben dem Tornado auch den Eurofighter und für eine Flugstunde sogar eine A400M geflogen. Die drei Modelle zieren das ansonsten eher schlicht eingerichtete Büro des Inspekteurs der Streitkräftebasis. Daneben finden sich in einer Glasvitrine noch einige Exponate, die der 57-Jährige während seiner 39 Bundeswehr-Jahre von diversen Dienstreisen mitgebracht hat.

Zum Fliegen dürfte der Generalleutnant im Augenblick allerdings kaum noch kommen, denn der Organisationsbereich, dem er vorsteht, ist angesichts der zunehmend unberechenbareren Weltlage zurzeit nicht gerade unterbeschäftigt: So hat die Streitkräftebasis (SKB) Anfang des Jahres geholfen, über 4000 US-Soldaten und deren Ausrüstung von Bremerhaven nach Polen zu bringen; die Operation „Atlantic Resolve“ war die größte Truppenverlegung seit Ende des Kalten Krieges. Und im März organisierte die SKB die Beteiligung der Bundeswehr an der ersten zivilen Anti-Terror-Übung mit Behörden und Polizei.

Als ob derart umfangreiche operative Aktionen noch nicht genug wären, sieht sich die SKB aktuell auch noch mit einer umfangreichen Umstrukturierung konfrontiert: Mit dem Kommando Cyber- und Informationsraum (CIR) erhielt die Bundeswehr zum 1. April einen neuen Organisationsbereich, der alle Dienstposten mit Cyberbezug bündeln soll. CIR steht quasi als Ausgründung aus der SKB jetzt gleichberechtigt neben den Teilstreitkräften Heer, Luftwaffe und Marine sowie den militärischen Organisationsbereichen SKB und Zentraler Sanitätsdienst.

Was sind die Hauptaufgaben der Streitkräftebasis?

„Wir kümmern uns um alles, was nicht spezifisch das Heer, die Marine, die Luftwaffe oder das Sanitätswesen betrifft“, erklärt Schelleis die beachtliche Bandbreite der Aufgaben der Streitkräftebasis. Man sei einerseits zentraler Dienstleister für Aufgaben wie Logistik, ABC-Abwehr oder Feldjäger. „Ohne Streitkräftebasis kein Auslandseinsatz der Bundeswehr“, bringt Schelleis die andere Seite auf den Punkt, denn auch die wesentlichen Unterstützungsleistungen für die deutschen Einsätze rund um den Globus werden durch die Streitkräftebasis koordiniert. Darüber hinaus ist der Inspekteur der SKB in seiner Rolle als Nationaler Territorialer Befehlshaber verantwortlich für Amtshilfe und Einsatz der Streitkräfte im Inland inklusive der Landesverteidigung sowie den Host Nation Support (HNS), also die Unterstützung alliierter Streitkräfte in Deutschland.

Das Kommando Streitkräftebasis auf der Bonner Hardthöhe als Führungsstab des Inspekteurs ist 2012 aus dem Streitkräfteunterstützungskommando entstanden und hat zuvor verstreute, mehrfach vorhandene Fähigkeiten gebündelt. Zum Führungsstab des Inspekteurs gehören um die 900 zivile und militärische Beschäftigte, die Schelleis bei der Führung von weltweit 45 000 Soldaten unterstützen. Das macht die SKB nach dem Heer zur zweitgrößten Organisationseinheit der Bundeswehr.

Was leistet die SKB noch?

Neben solchen Hauptaufgaben trägt Schelleis’ Kommando auch die Verantwortung für einige eher exotisch klingende Bereiche: „44 Prozent der deutschen Olympiamedaillen in Rio wurden von Soldaten der SKB gewonnen“, erzählt der Generalleutnant mit freudigem Gesichtsausdruck. Auch der Spitzensport, die Militärmusik, die Rüstungskontrolle oder das Diensthundewesen sind in der Streitkräftebasis angesiedelt.

Wo liegt der Schwerpunkt der Arbeit im Moment?

Grundsätzlich verlagert sich der Schwerpunkt gerade wieder: „In den letzten 25 Jahren standen begrenzte militärische Operationen, wie zum Beispiel in Afghanistan, im Fokus“, so Schelleis. Das ändere sich angesichts der unübersichtlichen internationalen Lage im Augenblick: Die strategische Kooperation mit den Bündnispartnern, wie sie zum Beispiel im Rahmen des „Host Nation Supports“ praktiziert werde, rücke zunehmend wieder in den Blickpunkt.

„Darüber hinaus haben wir uns an der ersten großen Anti-Terror-Übung beteiligt, an der auch zivile Behörden und Polizei teilgenommen haben.“ Als Nationaler Territorialer Befehlshaber verantwortet Schelleis auch technisch-logistische Hilfseinsätze, die genauso bei Flutkatastrophen oder wie vor anderthalb Jahren bei der Unterbringung der Flüchtlinge notwendig werden können. Neu sei, dass die Bundeswehr seit 2012 auch im Inland bei sogenannten Großschadenslagen mit „katastrophischem Ausmaß“ in Unterstützung und unter Führung der Polizei Hoheitsrechte wahrnehmen darf.

Wer finanziert die Arbeit?

Die Arbeit wird vollständig aus dem Wehretat gedeckt: Dazu stehen zurzeit jährlich über 450 Millionen Euro für den Stab SKB bereit.

Warum ist das Kommando Streitkräftebasis in Bonn?

„Mein Büro ist das ehemalige Dienstzimmer des Inspekteurs der Luftwaffe. Als Referent und später Referatsleiter habe ich nur wenige Meter von hier entfernt lange Jahre gearbeitet, als Bonn noch Regierungssitz war“, erinnert sich der studierte Diplom-Kaufmann. Seit der Neugliederung der Streitkräfte vor fünf Jahren hat der Inspekteur der Luftwaffe seinen Sitz in Gatow, der des Heeres seinen im Brandenburgischen Strausberg, das Kommando Sanitätsdienst hat seinen Sitz in Koblenz, der Inspekteur der Marine sitzt in Rostock. „Als Streitkräftebasis freuen wir uns nun über die gute Infrastruktur in den ehemaligen Kreuzbauten des Verteidigungsministeriums“, so Schelleis. „Übrigens hat auch das gerade erst ins Leben gerufene Kommando CIR seinen Sitz in Bonn.“

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