Offene Ganztagsplätze Zahl der Bewerber übersteigt Betreuungsplätze an Bonner Grundschulen

Bonn · An den 50 Offenen Ganztagsschulen (OGS), also in der qualifizierten Nachmittagsbetreuung der Bonner Grundschulen, wird es auch im kommenden Schuljahr mehr Bewerber als Plätze geben.

„Es werden für insgesamt 8012 Schüler OGS-Plätze zur Verfügung stehen“, sagt Stefanie Zießnitz vom Presseamt. Dazu kämen noch 129 OGS-Plätze an vier Förderschulen. Das Vergabeverfahren laufe derzeit noch. Die genaue Zahl der Bewerbungen kann die Stadt nicht sagen, denn das Verfahren läuft und die Zahlen ändern sich von Woche zu Woche.

Doch es sei absehbar, so Zießnitz, dass das Angebot weiterhin stadtweit nicht die Nachfrage befriedigen könne. Und das, obwohl Bonn mit seiner OGS-Quote von 65 Prozent deutlich über dem Landesdurchschnitt von wohl 44 Prozent liege und jährlich noch 150 OGS-Plätze draufsattele. Gemäß Ratsbeschluss werde die Stadt angesichts der hohen Nachfrage ab dem neuen Schuljahr die Plätze sogar um jährlich 300 erhöhen.

Was die Familien, die aktuell leer ausgehen könnten, wenig trösten dürfte. Heiß wird deshalb über die Vergabekriterien für Betreuungsplätze diskutiert. Den Oberbürgermeister, die Parteien und die Medien erreichte etwa die Beschwerde einer Frau, die beklagt, in der OGS „Kleeflitzer“ der Paul-Klee-Schule werde Eltern ganz offen mitgeteilt, erstes Vergabekriterium für die Betreuung seien Flüchtlingskinder und dann kämen Alleinerziehende zum Zuge. Das bedeute für sie eine Bevorzugung von Kindern aus muslimischen Ländern wie Afghanistan, Irak oder Syrien und „eine Diskriminierung für steuerzahlende Bürger“, so die Frau.

Erstes Vergabekriterium: Berufstätigkeit der Eltern

Pfarrer Norbert Waschk vom OGS-Träger der Erlöser-Kirchengemeinde weist das entschieden von sich. „Bei uns werden keine Flüchtlingskinder vorrangig aufgenommen“, betont er. Es habe niemand von Trägerseite oder dem OGS-Team irgendeine entsprechende Aussage getätigt. Dies wäre auch unsinnig, weil gemäß den Aufnahmekriterien dieser Grund nur nachgeordnet Bedeutung unter „soziale Dringlichkeit“ habe. Zudem biete man Kindern auf der Warteliste zumindest eine Kurzzeitbetreuung über Mittag.

Die Briefschreiberin sei übrigens im Kontext der OGS und der Paul-Klee-Schule nicht bekannt, also keine Betroffene, sagt Waschk. Seine OGS-Leiterin Ute Schwab schlüsselt die Zahlen genau auf: Von den 127 „Kleeflitzer“-Plätzen könnten im Sommer 33 neu vergeben werden, drei gingen an Flüchtlingskinder. Erstes Vergabekriterium sei, wie üblich in Bonn, die volle Berufstätigkeit der Eltern und Wohnortnähe. „Und da werden bei uns auch alle Kinder berücksichtigt.“

Dem Vorwurf, Flüchtlingskinder genössen bei der Platzvergabe Sonderrechte, widerspricht auch Familiendezernentin Carolin Krause. In ihrem Antwortschreiben an die Beschwerdeführerin, das dem GA vorliegt, betont Krause, ihr sei in Bonn kein solcher Fall bekannt. Für alle OGS-Träger in Bonn seien die im Rat beschlossenen Aufnahmekriterien als Entscheidungsrahmen verbindlich. Es gehe um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie um die Bedürfnisse und ein chancengerechtes Aufwachsen der Kinder. Laut Presseamt liegen in ganz Bonn aktuell ganze 79 Neumeldungen für Flüchtlingskinder vor. Wie genau gehen die OGS–Träger bei der Auswahl vor?

„Wir ziehen niemanden vor“

Der GA fragte bei sechs großen Trägern nach, die 30 der insgesamt 50 Einrichtungen verantworten. „Wir halten uns an die Kriterien der Stadt, die dann jeweils in der Schule vom OGS-Beirat, paritätisch besetzt von Eltern, Schule und Träger, gewichtet werden“, so Brigitte Mohn von der Katholischen Jugendagentur (KJA), die neun OGS organisiert. Andrea Steuernagel vom sechsfachen OGS-Träger Jugendfarm sowie Stefanie Zießnitz für die beiden OGS der Stadt pflichten ihr bei.

Die volle Berufstätigkeit beider Eltern oder der Alleinerziehenden sowie danach soziale und pädagogische Aspekte seien entscheidend, konkretisiert Gabriele Hagedorn-Schulte vom Kleinen Muck, Träger von vier OGS. Wer nicht berufstätig sei, müsse die Teilnahme an Nachmittagskursen oder eine Ausbildung nachweisen. Wenn zu Hause schwerstbehinderte Geschwisterkinder versorgt werden, schlage sich das im Bewertungsprozess natürlich auch nieder, erläutert Marion Schäfer vom fünffachen OGS-Träger Diakonisches Werk.

„Wir ziehen niemanden vor, auch keine Flüchtlingskinder“, betont Schäfer wie alle anderen Trägervertreter. Die Listen im Vergabeprozess enthielten keine Namen, berichtet für den vierfachen OGS-Träger Caritas Mechthild Greten. Es gehe nach rein objektiven Fakten. „Von Diskriminierung kann keine Rede sein.“

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