Kommentar zur Wohnungsnot in Bonn Wohnungen für alle

Bonn · Freiluftwohnen“ ist ein hübscher Begriff. Das klingt nach Platz, nach frischer Luft und nach Ungebundenheit. Tatsächlich ist der Titel, den die Hilfsorganisationen für Bonner ohne eigene Wohnung ihrer Aktion auf dem Münsterplatz gegeben haben, eine eher unpassende Beschönigung.

Auch wenn es vereinzelt Menschen geben soll, die aus freien Stücken auf die Straße ziehen. Ein eigenes Zuhause gehört zu unseren Grundbedürfnissen und liegt gewissermaßen in unserer menschlichen Natur. Dass näherungsweise 700 Bonnerinnen und Bonnern dieses Bedürfnis seit Jahren nicht erfüllt wird, ist ein Armutszeugnis für die Stadt.

Nun ist es leicht, den Schwarzen Peter weiterzureichen. Die hohe Schuldenlast, laufende Verpflichtungen und der Zwang zu einem (irgendwann) ausgeglichenen Haushalt sind bekannte Argumente, um sich einem gezielten Sozialwohnungsbau zu entziehen.

Als Bundes-, UN- und Universitätsstadt sowie Sitz zweier großer Dax-Konzerne ist Bonn Kultur und Sport in besonderer Weise verpflichtet und muss auf „weiche Standortfaktoren“ achten. Welches Signal aber wird die Stadt in die Welt senden, wenn demnächst Wohnungslose vor dem modernen Kongresszentrum oder im Opernfoyer campieren? In der U-Bahn-Station Heussallee sind sie längst regelmäßige Gäste.

Alle Fraktionen im Stadtrat tragen Verantwortung, in den Wohnungsmarkt steuernd einzugreifen, vor allem natürlich die mit einem C oder S im Parteinamen. Das Land muss helfend beispringen. Anders als in der Flüchtlingskrise wird es hier keine Lösung durch Abschottung geben.

Die Probleme sind hausgemacht und müssen demnach auch hier gelöst werden. Dabei geht es nicht um Luxus, sondern um handliche, robuste Angebote. „Freiluftwohnen“ dagegen ist etwas für den Campingplatz – und dort in der Regel auch nur von April bis Oktober.

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