Neue Studie der Hans-Böckler-Stiftung Wohnen in Bonn ist im Vergleich besonders teuer

Bonn · Wohnen in Bonn ist nicht nur gefühlt teuer. Wie eine Vergleichsstudie Berliner Sozialwissenschaftler über alle 77 deutschen Großstädte aus dem Frühjahr belegt, liegt Bonn bei den Wohnkosten für Mieter auf Spitzenniveau.

Gemeint ist wohlgemerkt die Nettokaltmiete, Wohnnebenkosten und individueller Energieverbrauch nicht einberechnet. Die 30-Prozent-Schwelle gilt als kritisch, weil oberhalb nur noch wenig Geld für übrige Ausgaben zur Verfügung steht.

Mit dieser Kostenbelastung sind in Bonn (45,8) prozentual sogar erheblich mehr Mieter betroffen als in Stuttgart (38,2), München (40,5), Hamburg (42,8) oder Berlin (43,8). Lediglich in Köln (46,4), Bremerhaven (46,5), Bremen (47,5) und Neuss (49) gibt es laut Studie prozentual noch mehr Betroffene. „Und das ist ja nur ein statistischer Wert. Viele Mieter zahlen erheblich mehr“, sagt Bernhard von Grünberg, Vorsitzender des Mieterbundes Bonn/Rhein/Sieg/Ahr.

Tatsächlich liegt die Belastungsquote der Studie zufolge bei fast jedem fünften Mieter sogar über 45 Prozent. Von Grünberg glaubt: „Es wird der Punkt kommen, wenn Krankenschwestern, Feuerwehrleute, Sachbearbeiter oder Polizisten sich das Leben in Bonn schlicht nicht mehr leisten können“.

Auch Politik und Verwaltung in der Stadt Bonn haben das Problem erkannt. „Insbesondere im preisgünstigen/geförderten Segment sinkt die Zahl der zur Verfügung stehenden Wohnungen ständig“, sagt Vize-Stadtsprecher Marc Hoffmann. Dies liege einerseits an einer großen Zahl planmäßig auslaufender Bindungen, aber auch an zahlreichen außerplanmäßigen Rückzahlungen öffentlicher Mittel. Diese Immobilien stünden dann nicht mehr als geförderter Wohnraum zur Verfügung. Parallel dazu würden trotz sehr guter Förderbedingungen viel zu wenige neue bezahlbare Wohnungen gebaut.

Nur 1711 Wohnungen seit 2011

Tatsächlich sind der Studie zufolge seit 2011 nur 1711 Wohnungen hinzugekommen. Das sind 1,1 Prozent des heutigen Bestandes. Kritik übt von Grünberg deshalb am Bonner Baulandmodell, das die Zahl von Sozialwohnungen erhöhen soll. „Das ist ein Stück Augenwischerei“, sagt er. 2017 hatte der Rat beschlossen, dass bei Neubauten 40 Prozent der Wohnungen als öffentlich geförderter Wohnraum entstehen müssen. Dies gilt aber erst bei einer Bruttogrundfläche von 2200 Quadratmetern und mindestens 24 Wohnungen. Bei Objekten mit zwölf und mehr Wohnungen und mindestens 1000 Quadratmeter Bruttogrundfläche muss jede fünfte als öffentlich gefördert errichtet werden. Laut Hoffmann kämen diese Regeln nun in ersten Projekten zum Zuge. Bislang gebe es aber keine entsprechend entstandene Sozialwohnung.

Für Mieter-Lobbyist von Grünberg kein Wunder. „Seit Jahren wurden keine nennenswerten Flächen für Neubauprojekte ausgewiesen“, erklärt er. Zwar sei es sinnvoll, stattdessen Baulücken zu schließen, um vorhandene Infrastruktur zu nutzen. dabei entstünden aber nicht ausreichend große Häuser, um unter das Baulandmodell zu fallen. „Die Werte sind viel zu hoch gegriffen“, urteilt Dirk Vianden. Der Vorsitzende des Eigentümerverbandes Haus & Grund glaubt nicht, dass es in nennenswertem Umfang überhaupt passenden Baugrund für entsprechende Projekte gibt. Die Stadtverwaltung müsse vielmehr mit schnelleren Baugenehmigungen und weniger formalistischem Denken Bauwilligen entgegenkommen. „Oft scheitert eine Vermietung etwa von Mansarden an Studierende an sechs Zentimetern fehlender Deckenhöhe“, sagt Vianden. Er spricht von einem „unerträglichen Zustand. Wir sehen den Mangel und tun nichts dagegen“.

Verbände kritisierendie Stadt Bonn

Der Rat erwägt derweil die Gründung einer städtischen Entwicklungsgesellschaft. Details will die Verwaltung nach der Sommerpause vorstellen. „Bis da etwas passiert, könnte es aber sechs bis acht Jahre dauern“, glaubt von Grünberg. Er appelliert an die Verantwortung der großen Arbeitgeber in Bonn, auch an das Land und den Bund: „Warum nehmen die nicht ihre soziale Verantwortung wahr und bauen selbst wieder Wohnungen für ihre Beschäftigten“.

Zusammen mit dem Deutschen Hotel- und Gaststättenverband (DEHOGA) fordert der Mieterbund vom Land zudem höhere Strafen für die Zweckentfremdung von Wohnungen. In Bonn würden allein 1200 Wohnungen über das Vermittlungsportal Airbnb zur Kurzzeitmiete angeboten. Das ist zumeist wesentlich lukrativer als eine dauerhafte Vermietung. Wer dafür keine Genehmigung hat, begeht hingegen eine Ordnungswidrigkeit. Allerdings drohen maximal 1000 Euro Strafe. In München können Vermieter ohne Genehmigung mit bis zu einer halben Million Euro belangt werden. Auch Vianden ist der Ansicht, die Stadt müsse „ihre Aufsichtsfunktion künftig ernster nehmen“.

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