Film im Augustinum Wo die Frau das Sagen hat

BONN · Es gibt sie noch, die Gesellschaften, in denen die Frau die zentrale Rolle in Religion und Gesellschaft einnimmt. Matriarchate werden solche frauenbewegten Gruppen genannt. Und man findet sie weltweit tausendfach, wie die Grimme-Preisträgern und Filmproduzentin Uschi Madeisky in einem Vortrag und mit einem Dokumentarfilm jetzt auf Einladung des Montag-Clubs im Augustinum darstellte.

Mit der Sozialpädagogin Dagmar Margotsdotter-Fricke präsentierte Madeisky die jahrtausendalte Gesellschaftsform anhand des im Nordosten Indiens lebenden Volksstammes der Khasi (von Mutter geboren). "Dieser Stamm lebt in einem Land, wo Frauen oft missachtet und vergewaltigt werden", sagte Madeisky.

Dabei bildet die Großmutter das Oberhaupt der Familie. Das Erbe tritt meist die jüngste Tochter eines Clans an. "Sie ist die Nachfolgerin, weil sie im Vergleich zu anderen Familienmitgliedern am längsten lebt und alles Notwendige beenden kann, so auch Beerdigungen älterer Clanmitglieder", erläuterte Margotsdotter-Fricke. Im Clan sind Männer den Frauen zugeordnet. "Sie sind Gast im Haus der Frau und unterstützen sie", sagte die Sozialpädagogin.

Das Volk der Khasi ist mit mehr als einer Million Angehöriger eins von Tausenden Matriarchaten weltweit. Die Filmemacherin und die Sozialpädagogin kamen auch in Studien zu der Erkenntnis, dass ein harmonisches Zusammenleben den Alltag dieser Gesellschaftsform bestimmt.

"Sie werden dort keinen Neid oder Missgunst finden. Die Clans leben in Zufriedenheit", sagte Madeisky. In ihrem Dokumentarfilm "Die Tochter" erzählte sie die Geschichte einer 24-jährigen Mutter, die ihre Großfamilie führt. Die junge Frau hat das Erbe der verstorbenen Großmutter vor längerer Zeit angetreten. Madeisky hatte die junge Frau bereits als 13-Jährige begleitet.

In ihrem aktuellen Film liegt der Fokus auf deren veränderte Rolle als Clanführerin. "Der Tod der Großmutter war ein großer Verlust innerhalb der Familie. Ohne Großmutter kann eigentlich kein Matriarchat existieren."

In der anschließenden Podiumsdiskussion stellten sich die Referentinnen den durchaus kritischen Fragen des Publikums. "Traumhafte Zustände sind das", meinte eine ältere Dame. "Ich hingegen finde die Vorstellung etwas sektenartig", erklärte ein anderer Zuhörer.

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