Interview mit Stadtwerke-Geschäftsführern Peter Weckenbrock und Marco Westphal „Wir stehen vor sportlichen Aufgaben“

Bonn · Die Stadtwerke Bonn stehen zurzeit gut da. Früher waren sie auf Zuschüsse der Stadt angewiesen. Im vergangenen Jahr schrieb das städtische Unternehmen Gewinne. Über die Entwicklung des Unternehmens und die Anforderungen der Stadt, künftig Beiträge für die Konsolidierung der Stadtkasse zu leisten, sprachen die Stadtwerkegeschäftsführer Peter Weckenbrock und Marco Westphal mit Andreas Baumann und Philipp Königs.

 Peter Weckenbrock (rechts) und Marco Westphal im Interview.

Peter Weckenbrock (rechts) und Marco Westphal im Interview.

Foto: Benjamin Westhoff

Herr Weckenbrock, Herr Westphal, sind Sie zufrieden mit dem laufenden Geschäftsjahr?

Peter Weckenbrock: Die Entwicklung, die der Gesamtkonzern genommen hat, ist durchaus positiv. 2010 war mit den jährlichen Verlustausgleichen durch die Stadt Schluss. 2015 haben wir im Gesamtkonzern eine Million Euro Gewinn erwirtschaftet, und in diesem Jahr gehen wir davon aus, ein ähnlich gutes Ergebnis zu erzielen. Wir sind auf einem guten Weg.

Vom Zuschussbetrieb in die Gewinnzone – Wie ist das gelungen?

Marco Westphal: Wir haben an vielen Stellschrauben gedreht. Vor allem haben alle Unternehmensbereiche ihren Anteil daran. In der Energie- und Wasserversorgung, im Nahverkehr oder der Abfallwirtschaft. Unsere 2300 Mitarbeiter leisten hier gute Arbeit. Nur so funktioniert es.

Können Sie dennoch Beispiele nennen?

Peter Weckenbrock: Die Übernahme der Stromnetze in Beuel und Bad Godesberg von RWE sind ein gutes Beispiel. Die Stadt hat uns zunächst die Konzession übertragen, dann haben wir die Netze erworben und sie unserer Gesellschaft Bonn-Netz übertragen, die den Netzbetrieb neu organisiert. Die Investition in die Netze von mehr als 30 Millionen Euro steckt in den Ergebnissen der vergangenen Jahre und die Erträge in den Erwartungen für die nächsten Jahre.

Marco Westphal: Auch in die Müllverwertungsanlage haben wir mehr als 20 Millionen Euro investiert und die regionale Zusammenarbeit ausgebaut. Mit dem positiven Effekt, dass wir einen guten Beitrag zur Senkung der Müllgebühren in Bonn leisten konnten. Im Nahverkehr bringt zum Beispiel das „Aus-alt-mach-neu-Projekt“ der Stadtbahnen Einsparungen. Denn ein Neukauf wäre deutlich teurer. So erhalten wir die solide Substanz der 40 Jahre alten Stadtbahnen und bauen sie in eigenen Werkstätten zu quasi Neufahrzeugen um. Das passt übrigens auch zum Profil Bonns als Stadt der Nachhaltigkeit.

Erhoffen Sie sich von den in der Anschaffung vergleichsweise teuren E-Bussen mittelfristig eigentlich Ersparnisse gegenüber den Diesel-Fahrzeugen?

Westphal: Zumindest wären wir bei einer Umstellung der Flotte unser eigener Energielieferant, weil wir den Naturstrom für diese Busse selbst herstellen können. Bisher ist Diesel ein beachtlicher Kostenfaktor. Die Testphase mit den sechs E-Bussen läuft sehr erfreulich.

Die Stadt erwartet, dass die Stadtwerke in den kommenden Jahren einen wachsenden Beitrag für den städtischen Haushalt leisten. Mit bis zu fünf Millionen Euro jährlich. Gibt es Pläne ihrerseits, das ÖPNV-Angebot als größten Verlustbringer einzuschränken?

Weckenbrock: Das ist nicht unsere Diskussion. Die Stadt bestellt die Verkehrsleistungen, damit liegen diese im Bilanzkreis der Stadt. Wir sind hier Mobilitäts- und Infrastrukturdienstleister. Ich denke aber, wenn wir das Delta aus Kosten und Einnahmen im ÖPNV in etwa so halten wie derzeit und die anderen Gesellschaften auch ihre Erwartungen erfüllen, werden wir die Erwartungen der Stadt erfüllen können. Es ist und bleibt eine den gesamten Konzern fordernde, sportliche Aufgabe.

Was wäre, wenn weitere Projekte hinzu kämen wie ein geplantes Fahrradverleihsystem oder eine Seilbahn auf den Venusberg?

Weckenbrock: Natürlich stellt sich die Frage, wie eine wachsende Stadt wie Bonn die Mobilität der Zukunft gestalten kann. Ein Fahrradvermietsystem ist ein interessanter, das Angebot deutlich erweiternder Ansatz, und wir würden es gerne im Auftrag der Stadt betreiben. Aber ein solches zusätzliches System bleibt ein Zuschussbetrieb. Irgendwo muss dieses Geld herkommen. Da gibt es mehrere Möglichkeiten. Die Stadt schraubt ihre Gewinn-Erwartungen an uns zurück, es muss noch mehr als bisher auf allen Ebenen über das Leistungsangebot und die zugehörige Verrechnung nachgedacht werden, oder uns wird die Möglichkeit eingeräumt, an anderer Stelle zusätzliches Geld zu verdienen.

Was bedeuten die künftigen Projekte für die Zahl der Mitarbeiter im Gesamtkonzern?

Westphal: Wir waren in der Vergangenheit intelligent genug, durch Übernahme neuer Aufgaben und ertragreiche Projekte zusätzliche Arbeit zu organisieren. In der Summe liegen wir so seit Jahren kontinuierlich bei etwa 2300 Mitarbeitern. Wir investieren gleichzeitig systematisch in Weiterbildungen, um unsere Mitarbeiter weiter zu qualifizieren. Ob das nun ein arbeitsbegleitendes Studium oder ein Zuschuss zur Meisterausbildung ist. Gerade im Energiebereich warten viele Aufgaben auf uns, die der Gesetzgeber uns aufträgt, oder der Markt uns bietet.

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