Laila Riedmiller "Wir sind die Fundis von heute"

BONN · Es ist fast unmöglich, nicht über Politik zu reden. Irgendwie kommen wir immer wieder dazu. Klar, die gerade beschlossene Ratskoalition aus CDU, FDP und Grünen beschäftigt die junge Frau schon.

Immerhin ist sie zusammen mit Maria Beyer Sprecherin der Grünen Jugend Bonn. Laila Riedmiller, 20, Studierende der Politikwissenschaft. Die roten Haare signalisieren Widerspen-stigkeit. Auch weil der Wind sie an diesem späten Vormittag ganz schön durchpustet. Doch Laila Riedmiller ist ein Typ, der in sich ruht.

Sie sitzt an der Poppelsdorfer Allee, liest und wartet auf uns. Das ist ihr Lieblingsplatz in Bonn. Vor allem wegen des Grünstreifens und der Kastanien, die Spalier stehen bis zum Schloss. Es gibt noch viele andere Dinge, die sie in Bonn mag. Die Kirschblüten in der Altstadt, das Rheinufer, die Rheinaue, die schönen Straßen in der Südstadt.

Wir flanieren zu einem Café in der Innenstadt, wo es Soya Latte gibt, und Laila Riedmiller erzählt vom Westerwald, wo sie aufgewachsen ist. Die Familie liebt Tiere, Katzen und Pferde gehörten zum Haushalt. Mit vier Jahren fing es an, wie bei vielen anderen Kindern auch - mit dem Voltigieren. Doch Laila ließ auch später nicht locker und steckte die Eltern mit ihrer Pferdeliebe an.

Engagiert, vor allem für ökologische Themen, war sie schon als Schülerin, erzählt die 20-Jährige, die gerne Hardcore Metal und Punk hört, aber auch politischen Rap wie Antilopen Gang oder Zeckenrap. Zu ihren Lieblingsschriftstellern zählt sie Goethe, E.T.A. Hoffmann, Heine, Hesse und Marc-Uwe Kling.

Seit fast zwei Jahren lebt sie in Bonn. Nach Limburg fährt sie dennoch regelmäßig, schon wegen ihres Freundes, der dort lebt. Und Limburg ist gar nicht so hinterwäldlerisch, wie man vielleicht glauben könnte, sagt sie lachend. Der silberne Fuchskopf an ihrem Ring glitzert in der Sonne, die kupferfarbenen Silberfedern an den Ohrringen klingeln ganz leise.

"Zum Beispiel gibt es ein alternatives Zentrum im Alten Kalkwerk, wo tolle Bands auftreten." Und es gebe eine Wand, auf der die Sprayer ganz legal ihre Graffiti hinterlassen können. "So was fehlt in Bonn", meint sie. "Das würde sicherlich vieles ordnen. Und da geschehen immer ganz spannende Sachen."

Für Riedmiller ist das ein Stück "Lebenskultur". Überhaupt, findet sie, fehle es in Bonn an freien Flächen, wo sich Jugendliche treffen können, ohne Geld auszugeben - vor allem im Winter. Im Sommer, da trifft sie sich mit ihren Freunden auch schon mal im Hofgarten oder am Rhein, wo man quatscht, ein Bierchen trinkt "und Sterne guckt".

Aber so eine alte Fabrikhalle, etwa auf dem Arkema-Gelände, wo sich Jugendliche "unkontrolliert" und frei treffen können, das wär's! "Ich kann die Familien ja verstehen, wenn sie sich in Sommernächten von Jugendlichen gestört fühlen. Andererseits, finde ich, müssen doch Menschen, die in die Innenstadt ziehen, damit rechnen, dass es da ein wenig belebter zugeht."

Die Klangwelle war ihr erstes Kulturerlebnis in Bonn. "Ich war total begeistert." Dass das aus dem Jahreskalender verschwindet, weil es zwei Beschwerdeführer gab, kann sie nicht verstehen. Auch den Streit wegen der Kunst!Rasen-Konzerte nicht. "Ich habe den Eindruck, dass der Generationenkonflikt in Bonn schon ziemlich stark ist."

Natürlich kommt sie dann schnell zum Festspielhaus (das sie ablehnt) und die Kultur insgesamt. Für Studenten, meint sie, spielte es kaum eine Rolle, ob sie ein Konzert in Bonn oder Köln besuchten. Dass sich die Grünen bei der Ablehnung des Festspielhauses in der Koalition nicht haben durchsetzen können, gefällt ihr gar nicht.

Und ja, es gibt Themen, bei denen sie fast aus der Haut fahren kann. Dann wirbeln die Hände mit den braun-metallic lackierten Fingernägeln zur Unterstützung ihrer Sätze durch die Luft. Wenn es um Flüchtlinge und Rassismus, wenn es um Neo-Nazis geht, dann nimmt der Sprachduktus Tempo auf.

"Viele zentrale Themen wie Antirassismus und queere Politik, also die Gleichstellung nicht-heterosexueller Menschen, wurden aus dem Koalitionsvertrag komplett ausgeklammert. Und wir haben ein krasses Rassismus-Problem in Bonn und echt eine Menge rechter Gruppen und Burschenschaften", meint sie.

Klar, Politik bedeute immer auch Kompromisse zu schließen, aber es dürfe nicht dazu führen, dass eine Seite zu viel nachgebe. Und das hätten die Grünen getan. "Wir", sagt sie und meint die Grüne Jugend, "sind die Fundis von heute."

Typisch bönnsch

Das sagt Laila Riedmiller über Bonn

  • An Bonn gefallen mir die vielen Grünanlagen und die schönen alten Gründerzeithäuser.
  • Ich vermisse, dass es keine legalen Wände für Graffiti gibt, die Akzeptanz, dass junge Leute auch mal feiern wollen und nicht gleich eine Bedrohung sind.
  • Mein Lieblingsplatz ist die Poppelsdorfer Allee mit ihrem Grünstreifen und jeder Ort, wo Bücher stehen.
  • Typisch bönnsch sind die vielen Crêpes-Stände, aber auch die Offenheit und Freundlichkeit der Leute. Es passiert mir oft, dass ich mich an der Kasse verquatsche.
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