Norbert Blüm zu Gast in der Bertolt-Brecht-Gesamtschule „Wir können die Welt nicht alleine retten“

TANNENBUSCH · Norbert Blüm spricht in der Brecht-Gesamtschule in Tannenbusch über die Flüchtlingskrise und seinen Besuch in Idomeni.

 Norbert Blüm berichtet in der Bertolt-Brecht-Gesamtschule von der Situation syrischer Flüchtlingen im Lager Indomeni.

Norbert Blüm berichtet in der Bertolt-Brecht-Gesamtschule von der Situation syrischer Flüchtlingen im Lager Indomeni.

Foto: Roland Kohls

Krieg, Zerstörung und unendliches Leid: Seit Wochen beschäftigen sich die Schüler der Jahrgangsstufe 11 der Bertolt-Brecht-Gesamtschule im Philosophie- sowie Religionsunterricht mit der Flüchtlingskrise. Doch das, was sie bisher nur theoretisch erfahren haben, berührte sie gestern hautnah.

Ex-Bundesminister Norbert Blüm berichtete über seine Erlebnisse und Erfahrungen im Lager Idomeni. Der 80-Jährige ist erst vor Kurzem aus Region im Norden Griechenlands zurückgekehrt, wo er mit syrischen Flüchtlingen unter erbärmlichen Bedingungen lebte. Die Veranstaltung unter dem Thema „Schau hin, misch dich ein“ gehörte zum Unesco-Projekttag.

Besonders berührte die Jugendlichen die Geschichte eines jungen Vaters, der seit Wochen mit seinen beiden kleinen Söhnen unter menschenunwürdigen Bedingungen im Schlamm lebt. „Die Familie war in Syrien sehr angesehen. Der Mann war Rechtsanwalt. Doch der IS hat ihm eine Hand abgehackt, weil er einen Regimegegner verteidigte.“ Mit Frau und Kindern habe der Syrer die Flucht über das Mittelmeer gewagt. Als das Schlauchboot kenterte, wurde seine Frau von Griechen, er und seine Söhne jedoch von Türken gerettet.

Der Frau gelang die Flucht nach Deutschland, wo sie jetzt in Sicherheit lebt. Vater und Kinder werden jedoch seit Wochen an der Weiterreise gehindert. „Aus einer Blechschüssel versuchte der Mann seine beiden Söhne mit dreckigem Wasser ein wenig zu waschen – alles mit nur einer Hand.“

Doch Blüm wollte nicht nur über die aktuelle Lage in Idomeni erzählen. Er nutzte die Gesprächsrunde auch, um die Schüler aufzufordern, hinzusehen und sich einzumischen. „Wir leben in einer hoch technisierten Welt. Wir fliegen zum Mond und in ein paar Jahren auch zum Mars. Doch wir sind unfähig, für Frieden und Gerechtigkeit in der Welt zu sorgen“, prangerte er an.

Mit Blick auf Europa ergänzte er: „500 Millionen Europäer werden doch in der Lage sein, fünf Millionen Flüchtlinge aufzunehmen. Wenn die EU nur eine Solidargemeinschaft für Handel und Kommerz und nicht für die Humanität ist, dann sollten wir diesen Verein besser schließen.“

Die großen Probleme der Zeit wie Klimawandel, Terrorismus und Finanzkrise könnten nur gemeinsam bewältigt werden. „Deutschland kann die Welt nicht alleine retten. Aber wir müssen dabei sein, wenn die Staatengemeinschaft dies versucht“, so der Ex-Minister. Er forderte jedoch nicht allein humanitäre Hilfe. „Wir müssen die Ursachen für Kriege bekämpfen, dafür sorgen, dass keine Waffen geliefert werden und den Geldhahn des IS zudrehen.“

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