Familie Rüggeberg aus Bonn "Wir hatten keine Worte dafür"

BONN · Wut, Verzweiflung, Sprachlosigkeit, Kälte. Worte können nicht beschreiben, was Familie Rüggeberg seit Herbst 2010 durchlebt. Am 21. November verunglückte der 30-jährige Tobias tödlich bei einem Busunfall in Ägypten.

 Ein schweres Thema präsentieren (von lins) Jürgen Tenten sowie Bernadette und Klaus Rüggeberg, deren Sohn 2010 bei einem Busunfall in Ägypten ums Leben kam.

Ein schweres Thema präsentieren (von lins) Jürgen Tenten sowie Bernadette und Klaus Rüggeberg, deren Sohn 2010 bei einem Busunfall in Ägypten ums Leben kam.

Foto: Barbara Frommann

Tot von heute auf morgen, nichts ist mehr so, wie es einmal war. Vater Klaus Rüggeberg zweifelte die Nachricht zunächst an und ging von einer Verwechselung aus. Seine Frau Bernadette zog sich im Laufe der Zeit mehr und mehr in sich zurück.

"Wie sollen wir als Familie weiterleben, wenn einer fehlt?", fragten sich die Sozialpädagogin und der Theologe. Denn nicht nur sie mussten mit dem Verlust eines Sohnes fertigwerden. Auch Lea, Esther und Rebecca, die drei jüngeren Schwestern von Tobias, standen dieser Extremsituation vollkommen hilflos gegenüber. Das Schlimmste war für alle jedoch, Laura, der damals neunjährigen Tochter von Tobias Rüggeberg, die Nachricht vom Tod ihres Vaters beizubringen.

"Wir waren untröstlich und konnten auch unserer Enkelin keinen Trost spenden. Es gibt keine Worte dafür. Wir hatten keine Worte", erzählten Klaus und Bernadette Rüggeberg jetzt bei einer Buchvorstellung im Münsterladen über die schwerste Zeit ihres Lebens. Jürgen Tenten las aus dem Buch.

Als Familie wollten sie die Trauer verarbeiten und schrieben deshalb alle gemeinsam an einem Buch. "Plötzlich tot: Als Familie weiter leben" ist der Titel ihres Gemeinschaftswerks. In zwölf Kapiteln schildert jeder, wie er mit seiner Trauer umgeht, beschreibt die eigene Hilflosigkeit und auch die tiefe Fassungslosigkeit, Unsicherheit und die Ängste.

Jedem Kapitel vorangestellt sind Passagen aus Trauerbriefen an die Familie. Auch heute noch nimmt Bernadette Rüggeberg diese Kondolenzbriefe gerne zur Hand. "Ich bin immer wieder überwältig darüber, wie viel Mühe sich Menschen in unserem Umfeld gemacht haben, um uns Trost und Wertschätzung zu vermitteln", erzählte sie in Bonn.

Für Klaus Rüggeberg waren allerdings zwei Trauerbriefe besonders prägnant, die einfach nur den Satz "Ich finde keine Worte" enthielten. "Ich finde auch keine Worte, kann das Geschehene nicht begreifen und bin ebenfalls sprachlos. Dieser einfache Satz hat mir einfach gutgetan."

Und er ergänzte: "Äußerlich funktionieren wir wieder alle, aber im Innersten sind wir immer noch gelähmt und erstarrt." Ihre Trauer sei immer noch so groß wie am ersten Tag, aber es werde allmählich einfacher, sie zu ertragen und auszuhalten, beschrieb Bernadette Rüggeberg ihre Gefühlslage. "Aber", so erklärte Klaus Rüggeberg, "ich habe niemals in meinem Leben ein Gefühl von so großer Verzweiflung, Leere und Hilfslosigkeit gehabt."

Deshalb sieht er die Arbeit an dem gemeinsamen Buch auch differenziert. "Sicher war es heilsam, als Familie gemeinsam und doch jeder für sich seine Trauer aufzuarbeiten." Für ihn war die Arbeit allerdings "schön und schrecklich zugleich". Denn schön war es für ihn, sich mit dem Gefühl des anderen auseinanderzusetzen und den engen Familienverbund zu genießen; schrecklich, weil man die ganze Situation, den Schmerz, die Wut und die Verzweiflung noch einmal durchleben musste.

Das Buch "Plötzlich tot: Als Familie weiter leben" (ISBN-10: 3451611759) ist im Kreuz Verlag erschienen.

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