Serie Bonner Köpfe Wie Mariola Maria Hornung zur Künstlerin wurde

Bonn · Sie verließ 1988 im Alter von 34 Jahren mit zwei kleinen Kindern und ihrem ersten Mann Breslau und kam nach Bonn. In Polen arbeitete sie in der Gewerkschaft, in Deutschland in einer Verwaltung. Und dann kam die Kunst.

 Mariola Maria Hornung vor ihrem Familienbild.

Mariola Maria Hornung vor ihrem Familienbild.

Foto: Stefan Hermes

Eine schwarze Linie verläuft durch die Gesichter ihrer Tochter und ihres Sohnes – und durch ihr eigenes auch. Mariola Maria Hornung hat sich auf dem Bild neben ihrem Mann im Hochzeitskleid gemalt. Das Gesicht von Joachim Hornung ist makellos. Keine Linie trennt es in zwei Hälften. Er ist der „Prinz“, den sie sich immer gewünscht hatte. Doch dazu später mehr.

„Ich male meine Familie immer mit zwei Gesichtern“, sagt Hornung, die damit der Gespaltenheit Ausdruck geben möchte, die es für sie bedeutet, mit ihren polnischen Wurzeln in Deutschland zu leben. Dabei beginnt die ihr bekannte Familiengeschichte im Schwarzwald. Sie hat gemalt, wie sich ihre Vorfahren 1788 mit Pferdefuhrwerken aufmachten, um der Hungersnot im Schwarzwald mit einer Flucht nach Galizien zu entkommen. In 200 Jahren verlagerte die Familie ihren Lebensmittelpunkt viermal zwischen Deutschland und Polen. Mariola verließ 1988 im Alter von 34 Jahren mit zwei kleinen Kindern und ihrem ersten Mann Breslau und kam über das Aussiedlerlager in Unna-Massen nach Bonn.

In den Semesterferien in der DDR

Die medizinischen Möglichkeiten in Deutschland und die gute Luft im Schwarzwald sollten helfen, ihren asthmatischen Vierjährigen gesund werden zu lassen. Doch die Ausländerbehörde unterstützte sie nur, wenn sie sich an den Ort begab, an dem bereits jemand aus der Familie lebte. So kam Mariola Pawlak nach Bonn. Deutsch verstand sie schon früh, weil es als „Geheimsprache“ der Eltern diente. Zudem hatte sie öfter in den Semesterferien in der DDR, in Österreich und Deutschland gearbeitet. „In einem halben Jahr hatte ich als Bedienung in Deutschland so viel verdient, dass ich mir eine Dreizimmerwohnung in einem Plattenbau in Breslau kaufen konnte“, erzählt sie mit Stolz in der Stimme.

Sie sei im Sternzeichen Löwe. Und sie habe in ihrem Leben schon immer wie eine Löwin gekämpft. „Ich bin fleißig und habe Ausdauer“, beschreibt sie sich selbst und fügt nach einer Pause hinzu: „Wenn ich mir ein Ziel setze, erreiche ich das auch.“ Oft hat sie dabei ihre Energie für andere eingesetzt. Schon nach ihrem Abitur arbeitete sie in der Gewerkschaft und setzte sich für Frauenrechte ein. Auch während ihrer Fernstudien zur Betriebswirtin und zur Diplomökonomin reiste sie als Referentin für Rechts- und Organisationsangelegenheiten der Breslauer Gewerkschaft übers Land, besuchte Kolchosen und organisierte Zusammenkünfte und Streiks. „Ein gefährlicher Job“, fasst sie heute ihr damaliges Tun zusammen. Von der Kunst und ihrer Malerei, die sie heute in Bonn bekannt gemacht hat, war sie damals noch weit entfernt. Noch bevor sie ihr künstlerisches Talent entdeckte, zerbrach nach 20 Jahren ihre erste Ehe. Bis dahin hatte sie mit Berufen in der öffentlichen Verwaltung die Familie ernährt und sich ehrenamtlich in der polnisch-katholischen Mission und bei Oxfam engagiert. Sie hatte bald 20 Jahre im polnischen Chor der Stiftskirche und im Bonner Multikultichor gesungen. Dann kam die Malerei.

Immer schlechte Noten in Kunst

Sie habe in der Schule immer schlechte Noten in Kunst bekommen. Zu „eigenartig“ seien ihre Bilder, hatte man ihr immer wieder attestiert. Aber sie blieb bei ihrem Stil, auch wenn das Malen nach dem Abitur noch jahrzehntelang ruhen sollte. Erst ihre Freundin Zsuzsa, die sie 2011 zu einem Fest bei einem Händler für Künstlerbedarf in Eitorf mitnahm, wo sie voller Faszination dem Maler Felix Eckert zusah, wie der in kaum einer halben Stunde ein Ölbild vor ihren Augen entstehen ließ, fasste sie den Entschluss, selbst zu malen. Am selben Tag kaufte sie Farben, Keilrahmen und Pinsel und erlebte bald darauf die erste Niederlage, weil nichts so wurde, wie sie es wollte. „Aber ich brauchte die Herausforderung“, erinnert sie sich an den Moment, der sie dazu brachte, ein Intensivstudium an der Europäischen Kunstakademie in Trier zu absolvieren, dem weitere Workshops im Alanus Werkhaus und bei Artefact folgten.

Ihr eigenwilliger Umgang mit Farben und der damit verbundene illustrative Stil ihrer Malerei fanden schnell Beachtung. Doch erst ein Porträt, das sie von Marianne Pitzen, der Chefin des Frauenmuseums, anfertigte, verhalf ihr dazu, auf sich aufmerksam zu machen.

Mit ihren Porträts sammelte sie 10 000 Euro fürs Frauenmuseum

2016 startete sie ihre Aktion „Ein Porträt für Sie – eine Spende für das Frauenmuseum“. Sie malte prominente Spender und sammelte damit 10 000 Euro, die schlussendlich mit zum Kauf des Frauenmuseums beitrugen. Mehr als 30 Porträts sind inzwischen entstanden. „Eine fantastische Aktion für uns und auch, um sich damit als Künstlerin präsent zu machen“, so Pitzen.

Heute ist Hornung Mitglied in der Gedok und der Künstlergruppe ARTic. Großformatige Arbeiten über das Paradies und die Band ihres Sohnes sollen ihre nächsten Herausforderungen darstellen. „Ich hatte immer davon geträumt, wie Rapunzel mein Haar herunterzulassen, an dem sich ein Prinz in meinen Turm ziehen lässt“, sagte Hornung. Den hat sie inzwischen kennengelernt und geheiratet. Der promovierte Agraringenieur Hornung findet mit dem Prinzen Lubomirski in seiner Familiengeschichte ebenfalls polnische Wurzeln. Gerade sind beide dabei, ihr Haus in Duisdorf zu sanieren. Gekauft haben sie es spontan, weil drei Birken im großen Garten Mariola so sehr an ihre polnische Heimat erinnerten.

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