Startschuss für elektronische Akte Weniger Papierberge

Bonn · Richter, die hinter Aktenbergen verschwinden, oder Anwälte, die schwere Papierstapel mit nach Hause schleppen, sollen künftig der Vergangenheit angehören. Am Donnerstag besuchte Landesjustizminister Thomas Kutschaty das Landgericht Bonn, um den ersten Echtbetrieb der elektronischen Akte vorzustellen.

 Den Startschuss für papierlose Aktenbearbeitung im Bonner Landgericht gibt Justizminister Thomas Kutschaty mit Margarete Gräfin von Schwerin und Sebastian Sczech (links).

Den Startschuss für papierlose Aktenbearbeitung im Bonner Landgericht gibt Justizminister Thomas Kutschaty mit Margarete Gräfin von Schwerin und Sebastian Sczech (links).

Foto: Benjamin Westhoff

Sie löst die Papierakte ab – zunächst ausschließlich beim Landgericht Bonn in den Ordnungsgeldverfahren gegen Kapitalgesellschaften, die ihrer Pflicht zur Veröffentlichung beziehungsweise Hinterlegung der Jahresabschlüsse innerhalb der gesetzlichen Frist nicht nachgekommen sind.

Schrittweise sollen insgesamt 226 Gerichte und Staatsanwaltschaften in Nordrhein-Westfalen an die elektronische Akte herangeführt werden. Das Landgericht Bonn startete das erste Pilotprojekt. „Bisher wurde die Justiz immer als rückständig bei der Aktenbearbeitung gesehen“, erklärte Margarete Gräfin von Schwerin, Präsidentin des Landgerichts.

Über diese Zeiten sei man nun hinaus und auf das Zeitalter der Digitalisierung gut vorbereitet. Die Überführung der Akten in eine elektronische Arbeitsweise sei dabei eine ganz besondere Herausforderung gewesen.

Bis heute seien seit Beginn des Pilotprojekts im Mai 2015 mittlerweile rund 3700 Verfahren auch elektronisch bearbeitet und erledigt worden. Zuversichtlich und positiv gespannt schaue sie nun auf die Zukunft, in der die Papierakte ganz der Vergangenheit angehören soll.

Auch Kutschaty betonte die Zukunftsfähigkeit des neuen Verfahrens und machte deutlich, dass die Justiz jetzt „bereit für die Zukunft“ sei. Bis zum 1. Januar 2018 müssen alle Gerichte in Nordrhein-Westfalen die elektronische Akte empfangen können.

Kutschaty appellierte daher: „Nutzen Sie die Möglichkeit.“ Bürger und Anwälte sollten reichlich Gebrauch von der elektronischen Akte machen, und vor allem solle verhindert werden, dass die Akten dennoch gedruckt und abgeheftet würden.

Richter Sebastian Sczech erklärte im Anschluss das neue Programm und die Arbeitsweise mit der elektronischen Akte: Mittels der Software „e²A“ soll ein „elektronischer, ergonomischer Arbeitsplatz“ entstehen.

Akten werden aus dem E-Mail-Programm direkt als PDFs sortiert, und ähnlich wie mit den bisherigen Papierakten können Richter und Anwälte parallel an zwei Bildschirmen arbeiten: An einem wird die Akte angezeigt, am anderen kann beispielsweise ein Beschluss formuliert werden. Über eine Signaturkarte mit sechsstelliger Pin können die Akten schließlich sogar digital unterschrieben werden.

Die neue elektronische Akte solle künftig nicht mehr als Nebenbeiakte dienen, sondern gelte als vollständige Verabschiedung von der bisherigen Papierakte, betonte Kutschaty. Bis 2022 müssen alle Gerichte ausschließlich auf das digitale Verfahren umsteigen.

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