Tierschutz Weniger aufgegriffene Tiere nach Kastrierungspflicht in Bonn

Bonn · Katzenhalter müssen ihre Tiere seit Sommer 2012 kastrieren und registrieren lassen. Sabine Reuter vom Vorstand des Schweitzer-Tierheims hält die Umsetzung der Bestimmung für wenig effektiv.

 Tierarzthelferin Verena Meurer demonstriert, wie einfach es ist, eine Katze mit einem Chip zu versehen und registrieren zu lassen. Luna (14) ist seit einem Monat Gast im Tierheim und wartet auf einen neuen Besitzer.

Tierarzthelferin Verena Meurer demonstriert, wie einfach es ist, eine Katze mit einem Chip zu versehen und registrieren zu lassen. Luna (14) ist seit einem Monat Gast im Tierheim und wartet auf einen neuen Besitzer.

Foto: Stefan Hermes

„Alle verwildert lebenden Katzen stammen letztendlich von Hauskatzen ab, deren Fortpflanzung nicht kontrolliert wurde“, heißt es in einem Flyer der Stadt Bonn, der in den meisten Tierarztpraxen ausliegt. Dass Katzen im Jahr zwei- bis dreimal bis zu sechs Junge bekommen können, führt zum Aussetzen der meist ungewollten Katzenwelpen oder der Abgabe an die damit oft überforderten Tierheime. Auch die als Babys ausgesetzten Katzen vermehren sich und das Katzenelend wächst von Wurf zu Wurf.

Um das zu verhindern, müssen Bonner Katzenhalter seit Juli 2012 ihre Tiere kastrieren, kennzeichnen und registrieren lassen. Das soll spätestens in einem Alter von fünf Monaten geschehen und von einem Tierarzt ausgeführt werden. So sieht es die Ordnungsbehördliche Verordnung (OV) der Stadt vor. Ein Verstoß gegen diese Vorschrift kann mit einem Bußgeld bis zu 1000 Euro geahndet werden.

Auch wenn das Bonner Veterinäramt entscheidend an der Verordnung mitgewirkt hat, basieren die Zahlen, auf die sich die Kastrations- und Kennzeichnungspflicht beziehen, auf Angaben des Tierheims Albert Schweitzer und des Katzenschutzvereins Bonn/ Rhein-Sieg. Eine Evaluation hat laut Andrea Schulte vom Presseamt der Stadt Bonn bis heute nicht stattgefunden. Sabine Reuter vom Vorstand des Albert-Schweitzer-Tierheims führt seit zwölf Jahren eine Statistik über den Bestand von Katzen und Katern in dem Bonner Tierheim.

Aus den gesammelten Zahlen lässt sich ein gewisser Erfolg der vor rund sechs Jahren verordneten Maßnahme ablesen. So wurden vor Einführung der Kastrations- und Registrierungspflicht bis zu 500 Katzen jährlich eingesammelt. Aktuell bewegt sich die Zahl zwischen 200 und 300 herrenlosen Tieren, die vom Tierheim gefangen, kastriert und gekennzeichnet werden. Den Erfolg führt Reuter auch auf die beiden kostenlosen Kastrationsaktionen (2012 und 2015) des Tierheims zurück, in denen für rund 40.000 Euro 355 Katzen und Kater kastriert und gekennzeichnet wurden. „Sinnvolle Aktionen“, sagt Reuter, „da viele Besitzer vor den 105 Euro, die eine Kastration mindestens kostet, zurückschrecken.“ Neben der Kastration sollten die Katzen auch eine Vierfach-Schutzimpfung (Tollwut, Leukose, Katzenseuche- und schnupfen) erhalten, für die Tierärzte zwischen 40 und 70 Euro berechneten.

Reuter hat schon abschreckende Bilder ins Internet gestellt

Die Verordnung, dass alle Katzen kastriert und gekennzeichnet werden müssen, hält Reuter für einen „zahnlosen Tiger“. Einen Begriff, den auch Susanne Wanninger-Karn, Vorsitzende des Katzenschutzvereins Bonn/Rhein-Sieg, benutzt, wenn es um die Beschreibung eines Verordnungserfolgs geht. „Wir fangen pro Jahr immer bis zu 400 Katzen in Bonn und dem Rhein-Sieg-Kreis“, sagt sie. Da habe sich wenig geändert. In aufwendig geplanten und meist langwierigen Aktionen fangen die ehrenamtlichen Tierschützer Katzen an ihren Versammlungsplätzen und lassen sie anschließend kastrieren und entwurmen. „Wenn sozialisierbare Tiere dabei sind, dann versuchen wir, sie zu vermitteln.“

Doch für die meisten der verwilderten Hauskatzen geht es zurück in die Freiheit. Dann kostet die Aktion die Katzenschützer einen Betrag von 120 bis 150 Euro, den die Tierärzte berechnen müssen und den der auf Spenden angewiesene Verein bezahlt. Dabei werden die herrenlosen Katzen nicht per Chip, sondern durch eine Tätowierung im Ohr gekennzeichnet. Damit kann bei einem Fang ohne Hilfsmittel schnell erkannt werden, ob das Tier bereits kastriert ist.

Reuter hat schon abschreckende Bilder von den Folgen ungewollter Vermehrung von Katzen in das Internet gestellt, die von Ratten zerfressene Babys oder durch Parasiten entstellte Katzenaugen zeigen. „Manchem Halter ist es egal, was sein Kater außerhalb der Wohnung treibt, denn deren Nachkommen werden ja ihrem Schicksal überlassen“, sagt Reuter. Sie wünscht sich mehr Aufklärung für das Katzenelend. So könnten Ehrenamtliche in die Schulen gehen, um Kindern und Jugendlichen das traurige Schicksal der Überpopulation vor Augen zu führen.

Wer sich für eine Katze interessiert, die Arbeit der Vereine unterstützen oder in Schulen über das Katzenelend aufklären möchte, kann sich an das Albert-Schweitzer-Tierheim oder den Katzenschutzverein Bonn/Rhein-Sieg wenden.

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