Kommentar Wann, wenn nicht jetzt?

Der Konflikt war fast schon der Normalfall. Seit 2009 lag die schwarz-grüne Ratskoalition im Dauerclinch mit Oberbürgermeister Jürgen Nimptsch (SPD). Die beiden Fraktionen warfen der Stadtverwaltung immer wieder eine Blockadehaltung und mangelhafte Umsetzung politischer Beschlüsse vor. Nimptsch in seiner Eigenschaft als Chef der Verwaltung keilte in so mancher Ratssitzung kernig zurück.

Katalysator für den endlosen Streit war zweifellos der Skandal um das World Conference Center Bonn, befeuert haben ihn beide Seiten. Für die Stadt war er fatal. Der Eindruck, dass in Bonn zu wenig entschieden wird, hatte seine Ursache auch in dieser Konfliktstellung zwischen OB und Ratsmehrheit - ob es nun um die noch immer ungelöste Bäderfrage ging oder die exorbitant hohen Bonner Kulturzuschüsse, um nur zwei Beispiele zu nennen.

Der neue Oberbürgermeister Ashok-Alexander Sridharan passt als CDU-Mann vom Parteibuch her besser zur stärksten Fraktion im Rat. Das ist noch keine Garantie für ein gutes Zusammenspiel mit der Stadtverwaltung zum Wohl der Kommune, aber es lässt hoffen - zumal Sridharan sich ausdrücklich hinter den Koalitionsvertrag von CDU, Grünen und FDP gestellt hat. Wenn es in dieser Konstellation nicht gelingt, wichtige Projekte endlich zu verwirklichen, wann dann?

Insofern haben die Bonner am Sonntag den Wechsel gewählt. 21 Jahre, in denen die Stadtverwaltung SPD-geführt war, erschienen ihnen wohl lang genug. Außerdem dürfte Sridharan als Kenner der kommunalen Verwaltung und Mann der klaren Worte überzeugt haben. Er ließ im Wahlkampf keinen Zweifel daran, dass der hoch verschuldeten Stadt ungemütlichere Zeiten bevorstehen, dass es keine Alternative zum eingeschlagenen Sparkurs gibt. Die Wähler haben das offenkundig honoriert. Der gescheiterte SPD-Bewerber Peter Ruhenstroth-Bauer dagegen stand nicht für einen Aufbruch: Seine Formeln vom Bürgerdialog und "intelligenten Lösungen", die keinem so richtig wehtun sollten, zündeten nicht, weil sie zu vage daherkamen.

Besonders in der Finanzpolitik sind der neue OB Sridharan und sein grüner Wahlkampf-Konkurrent Tom Schmidt sehr nah beieinander. Dass beide am Sonntag so stark abgeschnitten haben, gibt sowohl der Jamaika-Koalition im Rat als auch dem künftigen Stadtoberhaupt politischen Rückenwind. Jetzt heißt es also: Segel setzen. Die Erwartungen an Ashok-Alexander Sridharan sind ebenso hoch wie der Vertrauensvorschuss, den die Wähler ihm gewährt haben. Der Flüchtlingszustrom, die Pläne für ein neues Kombibad, die Reduzierung interner Kosten der Stadtverwaltung, die Probleme im Dienstleistungszentrum: All diese Themen wird der neue OB zügig anpacken müssen.

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