Gefahr für Brände ungewöhnlich hoch Waldbrände in der Region sorgen für Feuerwehreinsätze

Bonn · Laut Experten ist die Waldbrandgefahr in Bonn und dem Rhein-Sieg-Kreis ungewöhnlich hoch für Ende Juni. In Windeck brannte es am Mittwoch zweimal. Auch in Lohmar rückte die Feuerwehr aus.

Die Feuerwehr in Windeck kam auch am späten Mittwochabend nicht zur Ruhe. Nachdem am Nachmittag bereits ein Waldstück gebrannt hatte, rückten die Wehrleute gegen 21.54 erneut aus. Wie die Feuerwehr mitteilt, standen in der Straße am Forsthaus in der Ortschaft Wilberhofen 500 Quadratmeter Waldboden in Flammen. Die Feuerwehr musste das Löschwasser in einem Pendelverkehr mit Löschautos heranholen. Erst gegen Mitternacht konnten die eingesetzten 25 Feuerwehrleute wieder abrücken.

Im Wald zwischen Lohmar-Ort und Inger hatte es schon am Mittwochnachmittag gebrannt. Wie die Feuerwehr dem GA vor Ort berichtete, hatten Spaziergänger eine Rauchentwicklung gemeldet. Zu Recht, wie sich zeigte. In einem trockenen Nadelbaumbestand brannte das Unterholz auf einer grösseren Fläche von rund 100 bis 200 Quadratmetern. Die Feuerwehr bekämpfte das Feuer und konnte es schnell unter Kontrolle bringen. Insgesamt waren rund 30 Kräfte im Einsatz.

Ebenfalls in Flammen stand am Mittwochnachmittag ein Waldstück zwischen Windeck-Dattenfeld und Windeck-Schladern. Bei Eintreffen der um 14.05 Uhr alarmierten Windecker Feuerwehr brannten rund 500 Quadratmeter Waldboden in einer starken Hanglage. Um die Wasserversorgung herzustellen, bauten sie eine Wasserzuleitung aus der Sieg über eine Strecke von rund 1200 Metern auf. Die Feuerwehr war mit insgesamt zehn Fahrzeugen und 35 Einsatzkräften vor Ort. Das Rote Kreuz versorgte die Wehrleute in der extremen Hitze mit Getränken. Gegen 17.45 Uhr war der von Daniel Walter geleitete Einsatz abgeschlossen.

Es sind nicht die ersten Waldbrände in diesem Jahr: Mitte Juni hatte ein Böschungsbrand in Troisdorf für Zugverspätungen gesorgt. Im Windecker Ortsteil Hurst standen im April rund 600 Quadratmeter Wald in Flammen. Beide Brände gingen glimpflich aus, zeigen aber, wie schnell bei trockenem, heißem Wetter ein Feuer entstehen und sich ausbreiten kann. In Anbetracht der aktuellen Temperaturen und der Trockenheit hat das Regionalforstamt Rhein-Sieg-Erft Warnstufe drei bis vier für Waldbrände ausgegeben.

"Es ist aktuell wirklich gefährlich", betont Forstamtsleiter Uwe Schölmerich gegenüber dem GA. Der Grund sei nicht nur die Hitze, sondern auch der kräftige, trockene Wind: "Der wirkt quasi wie ein Fön, Laub und Zweige im Wald werden ausgetrocknet und sind dadurch extrem leicht brennbar", erklärt Schölmerich, "zudem breitet sich ein entstehendes Feuer durch den Wind sehr schnell aus."

Ob im Kottenforst, im Siebengebirge, im Vorgebirge oder im Bergischen Land - die Waldbrandgefahr sei aktuell überall in Bonn und der Region hoch. Da reiche schon eine achtlos weggeworfene Zigarettenkippe, sagt Schölmerich: "Eine üble Unsitte, die für manchen Brand verantwortlich ist."

Bei Waldbrand sofort 112 anrufen

Die erhöhte Gefahr könne man auch im Straßenbild aktuell leicht erkennen: "Das Gras am Straßenrand ist an vielen Stellen schon gelb und braun", so der Forstamtsleiter - bei diesem Grad der Trockenheit ist ein Böschungsbrand schnell entstanden.

Was Schölmerich überrascht: "Für die Jahreszeit ist eine so große Waldbrandgefahr untypisch." Eigentlich beginne die Zeit der großen Hitze und Trockenheit erst Mitte Juli bis Ende August. "Wenn das Wetter so bleibt, wird auch die Gefahr für Waldbrände noch weiter steigen", befürchtet er.

Wer einen Waldbrand bemerke, solle sofort die 112 anrufen, rät der Forstamtsleiter. Falls das Feuer noch klein sei, könne man versuchen, es mit Zweigen auszuschlagen, ohne aber sich dabei selbst in Gefahr zu bringen. Schölmerich weist in diesem Zusammenhang eindringlich darauf hin, dass das Rauchen und Grillen im Wald und im Umkreis von 100 Metern von März bis Oktober verboten ist. Wer dabei erwischt wird, muss nicht nur mit einer hohen Geldbuße rechnen. Es droht auch eine Strafanzeige.

Scherbe wird zum Brennglas

Gefahr könne auch von liegengelassenem Glas und Scherben ausgehen, sagt Achim Urmes vom Bundesforstbetrieb Rhein-Weser. "Unter so extremen Sonnenstrahlen kann eine Glasscherbe eine Brennglaswirkung entfachen", erklärt er. Daher sollte Glas immer wieder mitgenommen werden. Dies gelte generell für alles, was in den Wald mitgebracht werde, meint Urmes mit Blick auf liegengelassenen Müll.

Besondere Vorsicht gilt auch für die Wahner Heide. "Wenn es brennt, ist es dort noch brisanter", sagt Urmes und erklärt: "Die Wahner Heide ist einer der ältesten Truppenübungsplätze in Deutschland. Es gibt dort immer noch Hinterlassenschaften von diesen Nutzungsepochen. Bei einem Brand kann dies theoretisch Auswirkungen haben", so der stellvertretene Leiter. Heißt: Dort liegende Munition könne bei einem Feuer möglicherweise hochgehen. Geschehen sei dies bislang aber noch nicht, sagt Urmes. Aufgrund der vergangenen Nutzung gilt in der Wahner Heide eine Gefahrenabwehrverordnung. Flächen abseits der abgesuchten und freigegebenen Wege dürfen nicht betreten werden, erklärt der Experte.

Ausrüstung und Spezialisten fehlen

Bricht tatsächlich mal ein großer Waldbrand aus, fehlen allerdings die entsprechende Ausrüstung und Experten zur Bekämpfung. „Es ist tatsächlich so, dass die Länder und der Bund über kein einziges Löschflugzeug verfügen“, sagte Marianne Suntrup, Sprecherin des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe, bereits im vergangenen Jahr unserer Redaktion.

Um Waldbrände aus der Luft zu bekämpfen, setzt man in Deutschland eher auf Hubschrauber. Aber auch an diesen mangelt es offenbar beträchtlich, sagte 2018 der renommierte Waldbrandexperte und Branddirektor Ulrich Cimolino, der auch Mitglied des Verbandes der Feuerwehren ist. In Deutschland verfügten demnach nur die Bundeswehr, die Bundespolizei und vereinzelt die Länderpolizei (etwa Bayern) und einzelne private Anbieter über für solche Einsätze benötigten Hubschrauber. „Und von den rund 40 größeren Hubschraubern der Bundeswehr sind meist rund die Hälfte im Einsatz und die andere Hälfte entweder kaputt, bei Ausbildungsflügen oder Wartungsarbeiten“, betonte Cimolino, der zum Thema Waldbrand promoviert hat.

Große Probleme bei ausbreitendem Feuer

Insgesamt sei die steigende Waldbrandgefahr in den vergangenen Jahren von vielen unterschätzt worden, meinte er. Waldbesitzer und Gefahrenabwehr müssten mehr Hand in Hand arbeiten. Denn es fehle nicht nur häufig an vorbeugenden Maßnahmen, wie nutzbare Wege oder Wasserentnahmestellen, sondern oft auch an spezialisierter Ausrüstung und qualifiziertem Personal dafür. „Wir haben viel zu wenig Spezialisten für die Waldbrandbekämpfung“, sagte Cimolino. Ein Versäumnis, das nicht kurzfristig korrigiert werden könnte.

Anders als Schweden oder Bundesländer wie Brandenburg verfügt NRW in weiten Teilen über Mischwälder mit hohem Laubwaldanteil. „Das ist gut, denn etwa Eichen oder Buchen fangen nicht so schnell Feuer wie Kiefern und Fichten, die bei der Trockenheit in Windeseile wie Zunder brennen“, sagte Cimolino. Aber auch bei dieser Vegetation sei ein großflächiger Waldbrand nicht zu verhindern. „Solange ein Waldbrand klein bleibt, ist die Lage zu kontrollieren. Breitet sich das Feuer aber aus, können auch wir in NRW große Probleme bekommen, und die Lage wird dann sehr schwer zu kontrollieren“, so der Branddirektor.

Brandbekämpfung ist Ländersache

Brandbekämpfung ist in Deutschland Ländersache. Und die Länder geben die Verantwortung dafür an die Städte und Gemeinden weiter. Das ist auch bei der Waldbrandbekämpfung nicht anders. „Und die Gemeinden entscheiden im Rahmen bestimmter Richtlinien selbst, wie sie eine Feuerwehr aufstellen und ausstatten“, sagt Christoph Schöneborn, Landesgeschäftsführer des Verbandes der Feuerwehren (VdF). Anders als in Schweden gebe es in NRW allerdings ein sehr enges Netz an Feuerwehren, die im Ernstfall schnell zur Stelle sein könnten. Zudem seien die Wege wesentlich kürzer. Außerdem verfüge die Feuerwehr in NRW als einziges Bundesland über 20 sogenannte überörtliche Hilfseinheiten, die jeweils aus 120 Mann bestehen und über das ganze Land verteilt seien. „Diese werden bei einem großen Waldbrand alarmiert“, sagt Schöneborn.

Sollte ein Waldbrand eine Dimension erreichen, die über Ländergrenzen hinaus geht, schaltet sich das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe ein. Dort befindet sich das „Gemeinsame Melde- und Lagezentrum von Bund und Ländern“ (GMLZ), das ganzjährig rund um die Uhr besetzt ist und bevölkerungsschutzrelevante Lagen auf Bundesebene beobachtet und analysiert. Darüber hinaus vermittelt das GMLZ bei besonderen Ereignissen Engpassressourcen – wie im vergangenen Jahr bei den Waldbränden in Schweden Feuerwehrleute und Hubschrauber. „Das GMLZ prüft dann, welche Stelle die gesuchte Ressource zur Verfügung stellen kann“, erklärt Suntrup.

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