Sehbehinderten-Verein in Bonn Vortäge zum Titel "Gemeinsam auf Augenhöhe"

BONN · Der Blinden- und Sehbehinderten-Verein Bonn/Rhein-Sieg und die hiesige Regionalgruppe der Selbsthilfevereinigung Pro Retina richten im Rahmen der "Woche des Sehens" erstmals gemeinsam eine Info-Veranstaltung und Hilfsmittelausstellung aus.

 High Tech hilft: Patrick Benfer (l.) erklärt einem Besucher das Retina-Prothesesystem, das mit einer Kamerabrille funktioniert.

High Tech hilft: Patrick Benfer (l.) erklärt einem Besucher das Retina-Prothesesystem, das mit einer Kamerabrille funktioniert.

Foto: Horst Müller

Das seit einem Jahr zugelassene Retinaprothesensystem "Argus II" mutet futuristisch an, ist aber Realität. In einer dreistündigen Operation wird den beinahe blinden Patienten eine winzige elektronische Apparatur ins Auge eingesetzt, die über eine Brille mit Kamera und einen Taschencomputer Signale empfängt und umsetzt. Rund 150 Menschen mit Retinis Pigmentosa nutzen es bereits, sagte Patrick Bengler von der Firma Second Sight im Günnewig Hotel Residence.

Unter dem Titel "Gemeinsam auf Augenhöhe" gab es Vorträge zum Leben mit Sehbehinderung, zu Behandlungsmethoden bei Netzhaut- und Makula-Erkrankungen und mehr. Außerdem wurden technische Hilfsmittel vorgestellt, etwa sprechende Küchenwaagen und spezielle Smartphones, die auf Gesten und Wischen reagieren. Ein großes Thema waren Lesehilfen, die man an mehreren Ständen fand.

Das Bad Godesberger Unternehmen "Die Brillenmacher" bot neben traditionellen Leselupen auch elektronische Varianten an. Vorteil: Man kann die Schriftvergrößerung individuell anpassen und zum Teil auch Fotos machen, etwa von kleingedruckten Busfahrplänen, um sie sich vergrößert anzuschauen. Daneben werden Brillenaufsätze angeboten, die Kontraste verstärken können.

Für Menschen mit Netzhautdegenerationen, in deren Sichtfeld sich blinde Flecken bilden, wie Daniela Brohlburg ist das ein wichtiger Punkt: Kontrastarme Sachen sehe sie nicht, sagte die Regionalgruppenleiterin Bonn von Pro Retina. Die Vereinigung setzt sich für barrierefreie Farbgebungen ein. "Es ist wichtig, kontrastreiche Markierungen in der Umgebung zu haben." Sie war dem Hotel Residence dankbar, dass man dort für die Veranstaltung die Treppe hinab in die Kaisersäle mit schwarzen Streifen markiert hatte.

Weiterhin stellte die Deutsche Katholische Blindenbücherei mit Sitz in der Graurheindorfer Straße ihre Hörbücher vor. "Wir bieten digitalen Zugang zu Informationen", erklärte Barbara Bahlmann. Vom aktuellen Krimi bis zum Kochbuch lässt die Bücherei Literatur einlesen, die CDs kann man unkompliziert und kostenlos ausleihen. "Das ist für ältere Menschen, deren Mobilität eingeschränkt ist, sehr praktisch", so Birgit Fromme.

Die vielen Möglichkeiten, Sehbehinderten das Leben zu erleichtern, erstaunten auch den Schirmherrn Oberbürgermeister Jürgen Nimptsch. Er lobte das ehrenamtliche Engagement der Mitglieder der beiden ausrichtenden Vereine. Durch ihre Arbeit werde "zugleich der Gesundheitsstandort Bonn gestärkt", war Nimptsch überzeugt.

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