Bonner Apothekerin Vorbereiten auf die rezeptfreie "Pille danach"

BONN · Ja, sagt Ute Schneider-Jacobs nachdenklich, da müssten die Apotheken wohl bald in Sachen "Pille danach" noch intensiver beraten. Die Bonner Sprecherin des Apothekerverbands Nordrhein legt die beiden im Handel erhältlichen Präparate auf den Verkaufstisch ihrer Burg-Apotheke. Für beide sind derzeit noch ärztliche Rezepte nötig.

 Zurzeit gibt Ute Schneider-Jacobs beide Verhütungsmittel nur gegen Vorlage eines Rezepts heraus. Das könnte sich bald ändern.

Zurzeit gibt Ute Schneider-Jacobs beide Verhütungsmittel nur gegen Vorlage eines Rezepts heraus. Das könnte sich bald ändern.

Foto: Horst Müller

Wie berichtet, soll nun das eine namens "EllaOne" mit seinem Wirkstoff Ulipristalacetat laut EU-Beschluss zügig von der Rezeptpflicht befreit werden. Und Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe zog nach der Brüsseler Erklärung nach: Er wolle auch das zweite, das schon länger etablierte Präparat "Pidana" mit seinem Wirkstoff Levonorgestrel schnellstmöglich ohne Rezept frei verkaufen lassen. Der jetzige Kurswechsel pro Selbstbestimmungsrecht der Frau solle eine "Beratung aus einer Hand sichern", so Gröhe.

Genau hier müssen also demnächst vor allem Apotheker wie Ute Schneider-Jacobs mit ihren Teams ran. Momentan sei der Verkaufsablauf für beide Mittel, mit denen sich auch nach dem Geschlechtsverkehr noch eine Empfängnis verhüten lässt, komplikationslos, erläutert Schneider-Jacobs. Die Frauen kämen mit der ärztlichen Verschreibung und meist auch schon guten Vorkenntnissen aus den Praxen oder Kliniken in den Laden. "Und wir beraten sie nochmals weiter wie bei grundsätzlich allen Medikamenten." Zur "Pille danach" werde das demnächst nun also von den Apotheken allein zu leisten sein. Schneider-Jacobs hofft, dafür noch Schulungshilfen für ihr Team an die Hand zu bekommen. "Wir brauchen weitere Beratungsinformationen, um zu wissen, auf welche Abläufe wir extra noch achten müssen."

Ihrem Düsseldorfer Verbandsvorsitzenden bereitet die Neuregelung weniger Kopfzerbrechen. "Unsere Apotheker haben auch bisher schon intensiv beraten. Da ändert sich nicht viel. Alles kein Problem für uns", meint Thomas Preis auf GA-Anfrage. Die Beratungsstelle Pro familia begrüßt die Entwicklung, sagt deren Bonner Ärztin Alexandra Gottmann. "Seit Jahrzehnten fordern wir, dass Frauen nach einer Verhütungspanne schnellen Zugang zur “Pille danach„ haben, da die Wirksamkeit innerhalb der ersten 24 Stunden am höchsten ist." Es gebe für die Rezeptfreiheit international positive Bewertungen. Für "EllaOne" seien jedoch noch nicht alle Fragen zur Sicherheit zufriedenstellend beantwortet, warnt Gottmann. "Das macht die rezeptfreie Abgabe in der Apotheke schwierig. Nun sollen neue Zahlen zur Unbedenklichkeit vorliegen." Aus dem katholischen Stadtdekanat gebe es zu diesem Zeitpunkt noch keine Stellungnahme, antwortet Pressesprecher Reinhard Sentis für die Bonner Katholische Familien- und Lebensberatungsstelle. Wie berichtet, war 2013 gerade im Erzbistum Köln eine kontroverse Diskussion um die Vergabe der "Pille danach" an vergewaltigte Frauen entbrannt.

Aus Sicht der Beratungsstelle gegen sexualisierte Gewalt wiederum sei ein rezeptfreier Zugang zur "Pille danach" mit vertraulicher Beratung nach einer Vergewaltigung als Notfallverhütung sicherlich hilfreich, wenn sich Frauen und Mädchen niemandem offenbaren wollten oder könnten, sagt Conny Schulte.

Der Kölner Fall von 2013

Der Fall einer vergewaltigten 25-Jährigen, die in zwei katholischen Kölner Kliniken keine "Pille danach" verschrieben bekam, erhitzte 2013 die Gemüter. Die junge Frau, die offenbar durch K.o.-Tropfen betäubt und vergewaltigt wurde, war mit der Begründung abgewiesen worden, ein Rezept könne aus ethischen Gründen nicht ausgestellt werden. Der Fall löste bundesweit Empörung aus, die "Pille danach" endlich ohne Rezept freizugeben. Der 2013 noch Berliner und heutige Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki hatte sich für eine Diskussion zum Präparat ausgesprochen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort