Oberschenkelhalsbruch Von Bustür eingeklemmt: Seniorin in Bonn schwer verletzt

Bonn · Eine Frau kam in einem Bus der Linie 612 zu Fall und liegt seitdem mit gebrochenem Oberschenkelhals im Waldkrankenhaus. Die Polizei ermittelt wegen Körperverletzung.

Nach einem Unfall in einem der Stadtbusse der Linie 612 liegt eine Bonnerin mit gebrochenem Oberschenkelhals seit Anfang Juli im Waldkrankenhaus. Die Polizei ermittelt mittlerweile wegen fahrlässiger Körperverletzung, bestätigt Behördensprecherin Ruth Braun.

Die Stadtwerke Bonn (SWB) als Beförderungsunternehmen sehen dagegen keinen Grund, sich mit dem Fall weiter zu befassen, erklärt Pressesprecherin Veronika John dem GA auf Anfrage. Ein technischer Defekt der Tür habe schließlich nicht vorgelegen.

Hätte Anna Jung am Nachmittag des 2. Juli nicht mit einer Freundin zusammen für einen kleinen Ausflug den Bus bestiegen, würde sie jetzt wohl in ihrer betreuten Seniorenwohnung in der Lannesdorfer Straße den Sommer genießen. So aber muss ihr Sohn Walter Jung aus Remagen die Mutter regelmäßig auf der geriatrischen Station in Bad Godesberg besuchen und sich Gedanken über deren Zukunft machen. Dass sie nach ihrer Entlassung in die eigene Wohnung zurückkehren kann, glaubt er nicht.

Offener Riss im Bein und ein gebrochener Oberschenkelhals

Als Anna Jung an der Haltestelle in der Deutschherren-/Drachenburgstraße unmittelbar nach ihrer Freundin aus dem Bus folgen wollte, „verschloss sich plötzlich und sehr heftig die Tür, so dass meine Mutter mit einem Bein eingeklemmt wurde und nach draußen stürzte“, schildert Walter Jung den Unfallhergang. Ein junger Mitreisender habe die Tür nicht mehr festhalten oder öffnen können. Die Folge: Eine offener Riss im Bein und ein gebrochener Oberschenkelhals durch den Sturz.

„Wir haben – wie immer in solchen Fällen – den betroffenen Bus sofort aus dem Verkehr gezogen und mit Hilfe der Polizei auf unserem Betriebshof in Friesdorf untersucht“, berichtet John. Ein Fehler sei nicht festgestellt worden, bestätigt auch die Polizei. Ob den Fahrer eine Schuld treffe, müssten laut John die Ermittlungsbehörden klären.

In der Zwischenzeit sei er regulär im Dienst. „Grundsätzlich haften unsere Fahrer selbst für ihr Verhalten im Verkehr. Wer eine rote Ampel überfährt, muss auch das Knöllchen selbst zahlen“, erklärt die SWB-Sprecherin. Von Schadenersatz- oder Schmerzensgeldforderungen des Opfers sei ihr nichts bekannt. Bei 92 Millionen Fahrgästen im Jahr kümmere sich das Unternehmen nicht um einzelne Unfallopfer im Krankenhaus oder zu Hause.

Jung ärgert sich über Verhalten der SWB

Erst Mitte Januar war in Bad Godesberg eine junge Frau, die auf ihren vierjährigen Neffen gewartet hatte, aus der offenen Tür eines anfahrenden SWB-Busses gestürzt. Dessen Fahrer hatte nach Aussagen des Unternehmens eine Notlöseeinrichtung gelockert und war bewusst ruckartig angefahren.

Der Fahrer erhielt die Kündigung, sein Anwalt aber sprach von einem technischen Defekt und verwies auf mindestens vier ähnliche Fälle in der ersten Hälfte dieses Jahres. Das Arbeitsgericht Bonn bestätigte indes die fristlose Kündigung.

Für Walter Jung ist das Verhalten der SWB ein starkes Stück: „Menschlich finde ich das sehr enttäuschend.“ Weder mit seiner Mutter noch mit ihm habe das Unternehmen Kontakt aufgenommen oder sich auch nur nach der Genesung erkundigt. Stattdessen habe ein Mitarbeiter unmittelbar nach dem Unfall die Nachbarin zum Vorgang befragt.

"Können Unfälle nicht ausschließen"

„Die war hinterher nervlich völlig neben sich“, berichtet er. In der Wohnanlage der Awo ist der Unfall Gesprächsthema. Schon kurz vorher sei einer anderen Bewohnerin Ähnliches passiert, sie sei aber mit blauen Flecken davongekommen, so Jung.

Bei den SWB gingen im vergangenen halben Jahr drei Kundenanfragen nach ähnlichen Situationen ein, berichtet John. Zu gravierenden Schäden sei es allerdings nicht gekommen: „Im laufenden Betrieb können wir Unfälle nicht ausschließen“. Zwar blockierten die Türen bei sperrigen Hindernissen. Einen Nothalt gibt es aber offenbar nicht. Walter Jung, der zunächst von einer Strafanzeige und weiteren Schritten absah, will nun doch einen Anwalt einschalten. „Wenn meine Mutter ein Pflegefall wird, wird das schließlich teuer werden.“

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