Apotheker beklagen Engpässe Viele wichtige Arzneimittel sind in Bonn ausverkauft

Bonn · In den Apotheken in Bonn und der Region sind viele wichtige Arzneimittel ausverkauft. Bei diesem Engpass gibt es derzeit keine Aussicht auf Besserung.

 Eva Sawicka kann in der Gronau-Apotheke viele gängige Arzneien nicht mehr anbieten.

Eva Sawicka kann in der Gronau-Apotheke viele gängige Arzneien nicht mehr anbieten.

Foto: Benjamin Westhoff

Engpässe bei der Medikamentenversorgung bereiten den Apothekern in Bonn und der Region Probleme – und das seit Monaten ohne Aussicht auf Besserung. „Schlimm genug, dass Impfstoffe nicht lieferbar sind“, sagt etwa Eva Sawicka, Geschäftsführerin der Gronau-Apotheke, „aber mittlerweile fehlen auch viele der gängigsten Arzneien.“ Besonders oft wird das Schmerzmittel Ibuprofen knapp, bestätigen auch andere Apotheker. Doch der Mangel betrifft alle möglichen weiteren Medikamente.

Sawicka versucht sogar, für ihre Kunden im Ausland an Ersatz zu kommen. Dafür braucht sie aber ärztliche Verordnungen. „Das bedeutet für uns viel mehr Arbeit“, sagt die Apothekerin. Die Patienten müssten mehrere Tage, manche auch Monate warten. „Viele verstehen nicht, dass es in Deutschland zu so großen Lieferengpässen kommen kann.“ Sie ärgere, dass die Hersteller keine nachvollziehbaren Gründe für die Lieferprobleme angäben.

Eine andere Apothekerin aus Bonn, die anonym bleiben möchte, hat „fast täglich“ mit dem Mangel zu kämpfen. 60 von rund 2000 Medikamenten habe sie deshalb schon gar nicht mehr im Angebot. Eine weitere Pharmazeutin beklagt besonders häufige Lieferengpässe bei Aspirin. Wegen der langen Wartezeiten habe sie schon etliche Kunden verloren.

„Es gab solche Engpässe bis vor einigen Jahren in dieser Dimension nicht“, erklärt Thomas Preis, Vorsitzender des Apothekerverbandes Nordrhein. Viele Medikamente würden heute nicht mehr in Deutschland oder Europa hergestellt, sondern in Fernost und dort auch nur von sehr wenigen Herstellern. Wenn nur bei einem die Produktion oder die Lieferung gestört werde, habe das direkte Auswirkungen auf die Versorgung in Deutschland.

Ersatzmittel können Probleme verursachen

Ute Schneider-Jacobs, Sprecherin des Verbandes für die Bonner Region, erlebt es selbst: „Bis zu zehn Stunden pro Woche verbringen wir inzwischen mit der Recherche, wo welche Medikamente noch lieferbar sind.“ In ihrer Burg-Apotheke in Bad Godesberg seien an einem Morgen im Juli knapp 200 Medikamente nicht verfügbar gewesen. Ist das verordnete Präparat nicht zu bekommen, können Apotheken von der Krankenkasse vorgegebene, wirkstoffgleiche Präparate ausgeben. Ist dies nicht möglich, liegt ein offizieller Versorgungsengpass vor. So sei momentan der Impfstoff Shingrix, der gegen Gürtelrose eingesetzt wird, in der Region Köln/Bonn nicht mehr lieferbar.

Ersatzmittel mit demselben Wirkstoff können allerdings auch Probleme verursachen. Vor allem ältere Patienten kommen mit einem Wechsel des Medikaments nicht immer klar, wie Erich Krämer, niedergelassener Hausarzt, aus seiner Troisdorfer Praxis weiß. „Wenn das Medikament vorher lang und gelb war und jetzt klein und rot, ist es schwer, das Vertrauen der Patienten zu behalten.“ Auch weiß er um Unverträglichkeiten in Folge eines Wechsels, das sei aber selten. Schwierig sei ein Wechsel bei Schilddrüsenmedikationen. „Die sollten nicht substituiert werden. Die Medikamente werden unterschiedlich resorbiert, sodass verschieden dosiert werden muss“, sagt Krämer.

Eine Frau, die ihren Namen nicht in der Zeitung lesen möchte, hat negative Erfahrungen mit dem Austausch von Präparaten gemacht. Seit einer Beinamputation muss sie täglich mehrere Medikamente nehmen, unter anderem ein Antiepileptikum gegen Phantomschmerzen. Nach Jahren habe sie auf ein Generikum umsteigen müssen, und ihr Körper habe mit schweren Nebenwirkungen reagiert. Umgekehrtes erfuhr sie mit Morphinen. „Jahrelang habe ich ein Generikum bekommen und irgendwann, ich weiß nicht mehr warum, gab man mir den Originator. Da habe ich ganz plötzlich meine Tage wieder bekommen.“

Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte als Aufsichtsbehörde hält den Ball trotz allem flach. „Aufgrund der uns aktuell vorliegenden Informationen besteht aus unserer Sicht derzeit kein Anlass, grundsätzlich von einer besorgniserregenden Situation auszugehen“, versichert die stellvertretende Sprecherin Sabine Cibura. Auch das Universitätsklinikum Bonn gibt Entwarnung für seine Patienten. „Unsere Einkaufgruppe hat ein Konzept, um Lieferengpässe frühzeitig zu erkennen und darauf zu reagieren“ erklärt Chefapotheker Ingo Schulze. „Wir finden Lösungen, sodass sich unsere Patienten keine Sorgen machen müssen.“

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