Telefonseelsorge Bonn-Rhein-Sieg Viele Anrufe gehen unter die Haut

BONN · Die Telefonseelsorge Bonn-Rhein-Sieg kann auch für das Jahr 2013 mit einem Zuschuss der Stadt Bonn von 72.000 Euro rechnen. "Er dient der Mitfinanzierung der Geschäftsführung, Verwaltung, der Psychologin und der Mietkosten, und wir sind dankbar für diese freiwillige Förderung in finanziell auch für die Stadt schwieriger Zeit", erklärt Leiter Michael Probst-Neumann.

 Eine Frau telefoniert mit der Telefonseelsorge.

Eine Frau telefoniert mit der Telefonseelsorge.

Foto: dpa

Auf der Grundlage eines Ratsbeschlusses von 1978 steht der Seelsorge jährlich ein Zuschuss zu. Innerhalb eines durchschnittlichen Jahreshaushalts von 245.000 Euro seien die Bonner Gelder ein wichtiger Posten, erläutert Probst-Neumann. Der Rhein-Sieg-Kreis gebe jährlich 10.000 Euro. Bis zu 25 Prozent könne der Verein selbst durch Spenden aufbringen. Die Restkosten begleichen die beiden Kirchen.

Zurzeit sind 90 Ehrenamtliche rund um die Uhr für Menschen mit Problemen erreichbar. Die Zentrale kümmert sich um deren Auswahl, Dienstplanung, Aus- und Fortbildung, Supervision und die überregionale Koordinierung. "Immerhin gelingt es uns, mit äußerst schlanker Verwaltungsstruktur 90 Ehrenamtliche zu qualifizieren, zu motivieren und zu begleiten", sagt Michael Probst-Neumann.

Dass die Stadt Bonn für 2013 beabsichtigt, eine gesteigerte Leistungsvereinbarung abzuschließen, freut ihn natürlich, da seine Geschäftsstelle ständig am Limit arbeite. Über die Summe habe es noch kein Gespräch gegeben. Die Ansprüche an die Ausbildung telefonseelsorglicher Kräfte seien aber sehr gestiegen, so der Leiter. "Ziel der neuen Vereinbarung ist, die anonyme Telefonberatung als präventives Angebot zur Vermeidung von schwerwiegenden psychosozialen Krisen für die Bürger weiterhin gewährleisten zu können", formuliert die Verwaltung.

Zurzeit erhält die Telefonseelsorge um die 50 Anrufe pro Tag. Die Themen, mit denen die Mitarbeiter Tag und Nacht konfrontiert werden, spiegeln die Probleme der Zeit wieder: Unzufriedenheit in der Partnerschaft, Einsamkeit, Armut, Mobbing in der Schule oder am Arbeitsplatz, Burn-out, Überforderung alleinerziehender Elternteile oder Überforderung im Umgang mit zu pflegenden Angehörigen.

In diesen persönlichen Notsituationen ist es für die Ratsuchenden wichtig, sich diese Probleme anonym von der Seele reden zu können. Die Telefonseelsorge bietet den nötigen Raum. "Wir arbeiten rein prozessorientiert. Wir sind also angewiesen darauf, dass wir uns immer wieder in neue Lebensprozesse hineindenken", berichtet Probst-Neumann. Der Anrufer müsse das Gefühl bekommen, sich zurücklehnen zu können, angehört zu werden, ohne irgendwelche Rollen spielen zu müssen.

Die Gewissheit, "hier kann ich etwas sagen, ohne dass mir jemand ins Wort fällt", werde immer wichtiger in der heutigen Zeit. Am Telefon baue sich kein Druck auf. Die Ehrenamtlichen stellten keine Diagnose, sie blieben Laien und auf Augenhöhe, sagt Probst-Neumann. "Die Telefonseelsorge gibt Bonn ein menschliches Gesicht." Andererseits gingen viele Anrufe auch den Ehrenamtlichen unter die Haut. "Und dann ist es das Schlimmste, wenn ein Anrufer in Not einfach auflegt." Dann müsse auch der Ehrenamtliche im Team Rückhalt finden.

Telefonseelsorge
Die ökumenische Telefonseelsorge Bonn/Rhein-Sieg ist rund um die Uhr für Menschen mit Problemen zu erreichen unter der Telefonnummer 0800/1110111 und 0800/1110222. Sie ist Teil des bundesweiten kostenlosen Beratungsangebots und erreichbar.

90 geschulte Mitarbeiter haben in Bonn ein offenes Ohr, und Vertraulichkeit ist selbstverständlich. Gesucht werden immer wieder ehrenamtliche Mitarbeiter zwischen 25 und 65 Jahren, die belastbar und einfühlsam sind. Interessenten wenden sich unter der Telefonnummer 0228/653344 (E-Mail info@ts-bonn-rhein-sieg.de) an die Geschäftsstelle. Die Ausbildung erfolgt über zwei Jahre. Auch Spenden sind für den Fortbestand sehr nötig.

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