Personalmangel in der Kinderbetreuung Verwaltungskräfte helfen in Bonner Kitas aus

Bonn · Der Personalmangel in Bonner Kitas macht sich immer mehr bemerkbar: Die Stadt hat nun erstmals Verwaltungskräfte in Kindertagesstätten eingestellt, um die Pädagogen zu entlasten. Ihre Einstellung erfolgt auf Probe.

Den Kindertagesstätten geht das Personal aus. Fachkräfte werden immer rarer, und das ist schon seit Langem ein Problem, sagt Udo Stein. Der Leiter des städtischen Jugendamtes hat deshalb ein Pilotprojekt auf den Weg gebracht: In verschiedenen Kitas werden Verwaltungskräfte auf Probe eingesetzt, die die pädagogischen Leitungen entlasten sollen, damit sich diese wieder auf ihre originäre Aufgabe der Kita-Leitung konzentrieren können.

Zunächst sollen drei Verwaltungskräfte eingestellt werden, die in verschiedenen, noch auszuwählenden städtischen Kitas ab dem neuen Kindergartenjahr im August ihre Arbeit aufnehmen. Rund 140.000 Euro kosten die zusätzlichen Kräfte, die Stein zufolge das Land NRW zu hundert Prozent refinanziert.

Der Einsatz der Verwaltungskräfte in den Kitas ist zunächst auf ein Jahr befristet und wird anschließend evaluiert. Gerade im Hinblick auf den Fachkräftemangel, durch den die gesetzlich vorgeschriebene Mindestpersonal-Ausstattung nicht stetig sichergestellt werden könne, kommt es immer häufiger vor, dass Einrichtungsleitungen in den Gruppendienst einspringen müssen. Parallel seien die administrativen Aufgaben der Leitungen extrem gestiegen, weiß Stein.

16 Stellen für sogenannte Ergänzungskräfte

Möglich macht das Modell eine Neuberechnung der Zuschüsse seitens des Landes: Demnach stehen der Stadt Bonn bis zur Neuregelung des Kinderbildungs-Gesetzes (Kibiz) in 2019 jährlich zusätzlich 900.000 Euro zur Finanzierung der Kitas zur Verfügung. Ein Geldsegen zur richtigen Zeit. Mit den restlichen Mitteln sollen 16 Stellen für sogenannte Ergänzungskräfte, also Kinderpflegerinnen, geschaffen werden, mit denen die personellen Lücken in den Kitas teilweise gefüllt werden könnten, erklärt Stein. „Sie können zwar die Fachkräfte nicht eins zu eins ersetzen, sie können aber helfen, eine ausreichende Aufsicht der Kinder zu gewährleisten.“

Mehr als 70 Kindertagesstätten betreibt allein die Stadt, in denen 970 Fach- und Ergänzungskräfte für die jüngsten Bonner zuständig sind. Bei einer Ausfallquote von zehn Prozent, etwa durch Krankheit oder Schwangerschaft, ist die Personaldecke in den Einrichtungen in aller Regel sehr knapp. Die Folge: Die Belastung der pädagogischen Kräfte steigt zusätzlich und führt wiederum zu krankheitsbedingten Ausfällen.Mit dem Nachteil, dass die Kitas nur Notgruppen anbieten können oder früher schließen müssen.

Wenige Bewerber

Äußerst knapp ist aber auch die aktuelle Bewerberlage. „So wenige Bewerber und Bewerberinnen wie zurzeit hatten wir noch nie“, sagt Sylvia Monschau. Der Markt sei quasi leergefegt. Die Leiterin der evangelischen Kindertagesstätte „Luthers Arche“ in Poppelsdorf ist derzeit händeringend auf der Suche nach fünf bis sechs neuen Fachkräften, weil die Lutherkirchengemeinde im neuen Kindergartenjahr eine zweite Einrichtung, „Luthers Garten“, mit zwei Gruppen eröffnen will.

„Wir könne ja auch nicht jeden oder jede nehmen. Die Person muss schließlich zur Einrichtung passen“, macht Monschau das Dilemma deutlich. Aus ihrer Sicht stehen die Ausbildungsbedingungen im engen Zusammenhang mit dem Mangel an Nachwuchskräften. Voraussetzung für die Erzieherausbildung ist heute mindestens das Fachabitur. Die Ausbildung dauert drei Jahre und das erste Geld verdienten die jungen Erzieher erst am Ende im Anerkennungsjahr, sagt Monschau. „Das macht diesen Berufsweg heutzutage möglicherweise so unattraktiv.“

Bedarf an Erziehungskräften steigt

Dazu kommt der enorm gewachsene Bedarf an Erziehungskräften durch den rasanten Ausbau der U 3-Plätze in den Kindertageseinrichtungen und offenen Ganztagsschulen in den letzten Jahren. Beispiel: Gab es 2003 nur für etwa sechs Prozent der Grundschulkinder einen Platz in einer OGS, so sind es heute 60 Prozent. „Wir kommen mit der Ausbildung unserer Erzieher und Erzieherinnen ja gar nicht mehr hinterher“, sagt Birgt Hufnagel, Leiterin des Robert-Wetzlar-Berufskollegs.

Dort werden jährlich 60 Erzieherinnen und Erzieher ins Berufsleben entlassen. Für mehr hat Hufnagel aber weder Räume noch Personal. „Das wird sich auch so schnell nicht ändern.“

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