Kommentar zum Beethovenfest Vertrauen schwindet

Meinung | Bonn · Die fehlenden Veranstaltungshallen für das Beethovenfest 2021 zeigen, welche Auswirkungen die verzögerte Fertigstellung der Beethovenhalle hat. In der Pflicht steht Stadtdirektor Wolfgang Fuchs, meint GA-Redakteur Andreas Baumann.

Was für eine Blamage für Bonn: 2020 feiert die Stadt mit Millionenaufwand und üppigem Festprogramm den 250. Geburtstag von Ludwig van Beethoven, ihrem großen Sohn. Und schon ein Jahr später könnte es sein, dass ausgerechnet das Beethovenfest entweder in reduzierter Form oder viel zu früh in den Sommerferien stattfindet – weil es wegen der andauernden Baustellenkrise in der Beethovenhalle wohl keine Hauptspielstätte für das Festival geben wird. Das WCCB und das Opernhaus anderweitig belegt, die Uni-Aula und der Kammermusiksaal des Beethovenhauses zu klein, der Telekom Dome eher zu groß. Das ist bitter für eine Stadt, die sich gerade um dauerhafte Zuschüsse des Bundes für das Beethovenfest bemüht.

Das Beispiel zeigt, wie gravierend die Folgen des Beethovenhallen-Desasters sind. Es geht um mehr als die Zusatzbelastung des tiefroten Stadthaushalts mit Baukosten, die in Kürze das Doppelte der ursprünglich veranschlagten Summe erreicht haben dürften. Es geht im Kern um den Verlust von Vertrauen. Um das Vertrauen der Bürger in die Fähigkeit von Stadtverwaltung und Rat, wichtige Projekte zu gestalten und sauber umzusetzen – ob es nun um Sanierungen, die dringend nötige Verkehrswende oder preiswertes Wohnen in der eng bebauten Stadt geht.

Bei dieser Fallhöhe ist es kein Wunder, dass die Ratsopposition den Oberbürgermeister ins Visier nimmt. Im nächsten Jahr sind Kommunalwahlen, und Ashok Sridharan will wieder antreten. Besonders der SPD kommt nichts mehr gelegen als ein Oberbürgermeister, dem das scheiternde Bauprojekt Beethovenhalle im Wahlkampf wie ein Mühlstein um den Hals hängt. Sridharan und die Jamaika-Koalition dürften ohnehin mit weiteren Problemen wie der Zukunft der Schwimmbäder, des Opernhauses und des Viktoriakarrees zu kämpfen haben, die bis Herbst 2020 wahrscheinlich nicht endgültig gelöst sein werden.

Dass der OB als Chef der Verwaltung auch für die Beethovenhalle die Verantwortung trage, sehen womöglich viele Bürger genauso wie die Opposition. Aber muss er die Sanierung deshalb „zur Chefsache“ machen? Der Mann, der die Beethovenhalle seit fast fünf Jahren eng begleitet, ist Stadtdirektor Wolfgang Fuchs. Ihm jetzt die Projektleitung zu entziehen, wäre ein bloßer symbolischer Akt, der die verfahrene Lage noch komplexer machen würde. Er steht in der Pflicht, nach seinem Klinikaufenthalt ein Konzept vorzulegen, das den erheblichen Schaden für die Stadt Bonn so weit wie möglich begrenzt.

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