Bonner Lokalgeschichte Vergessener Schlagerstar aus Kessenich

Bonn · Der Autor Josef Niesen ermöglicht Einblicke in die Bonner Lokalgeschichte. In einer Biografie über den Schlagerstar Charles Amberg aus Kessenich erzählt er dessen spannende Geschichte und ruft ihn zurück in die Gedächtnisse der Menschen.

 Charles Amberg auf einer Postkarte aus den 1920er Jahren, gemeinsam mit Conny Amberg.

Charles Amberg auf einer Postkarte aus den 1920er Jahren, gemeinsam mit Conny Amberg.

Foto: Josef Niesen

Er arbeitete mit Legenden wie den Comedian Harmonists, Hans Albers, Johannes Heesters und Zarah Leander zusammen: Charles Amberg, 1894 als Karl Amberg in Kessenich geboren, geriet trotz seiner großen Bedeutung in der damaligen Zeit immer weiter in Vergessenheit. „Genau dem möchte ich entgegenwirken, das ist mein Hauptziel: Die spannende Geschichte dieser Persönlichkeit noch einmal richtig zu erzählen und vielleicht dafür zu sorgen, dass man sich unter seinem Namen wieder etwas vorstellen kann“, so Autor Josef Niesen.

Seit mehr als 30 Jahren befasst er sich bereits mit Bonner Lokalgeschichte und sieht diese bei seinen daraus entstandenen Büchern als „große Klammer, die alles verbindet“. Niesen ist bei der Recherche für sein „Bonner Personenlexikon“ auf den Namen Amberg gestoßen und hat angefangen, weiter zu recherchieren.

Viele Sackgassen und Falschinformationen fanden sich auf dem langen Weg zu fundierten Informationen aus Archiven. „Es gab kaum biografische Angaben und einschließlich seines Geburts- und Sterbedatums fand ich immer wieder falsche Daten“, so Niesen. Doch diese kaum zu fassende Persönlichkeit, die augenscheinlich eine Weltberühmtheit war und den Weg von Bonn nach Berlin fand, um dort zu einem Schlagerstar der 1920er und 30er Jahre zu werden, war für den 54-Jährigen Anreiz, die Geschichte weiter aufzudecken und zu erzählen.

Ein Buch sei für ihn gleichermaßen eine Möglichkeit, all das Gelesene zu verarbeiten. Allein das im März erschienene Buch „Gib mir den letzten Abschiedskuss – die Lebensgeschichte des Schlagertexters Charles Amberg (1894-1946) zwischen Aufstieg und KZ-Haft“ beinhaltet Dokumente aus mehr als 40 Archiven.

Mehr als sechsjährige Recherche

„Besonders verwunderte mich die Tatsache, dass Amberg 1943, auf dem Höhepunkt seines Erfolgs, einfach von der Bildfläche verschwand. Erst später fielen mir Angaben des Konzentrationslagers Neuengamme in die Hände, die das Ganze erklärten.“ Warum Ambergs Lebensweg ihn dorthin führte? Der einzige Anhaltspunkt für Niesen scheint Homosexualität zu sein. Sowohl das Lied „Ich reiß' mir eine Wimper aus“ wie auch seine vermutliche Scheinehe lassen darauf schließen.

Mehr als sechs Jahre brauchte Josef Niesen, um den Lebensweg von Karl Amberg, der den Künstlernamen Charles annahm und nie wieder ablegte, zu rekonstruieren. Auf seinen Recherchen lernte er einen letzten Verwandten kennen und gelangte so an neues Bildmaterial.

Auch nach dem Erscheinen der ersten Auflage hofft der Autor, weitere Informationen zu erhalten: „Es gibt immer noch einen weißen Fleck um das Jahr 1944 herum. Wenn durch das Buch Menschen animiert werden, mir ihr Wissen zukommen zu lassen, würde ich auf jeden Fall eine noch ausführlichere Neuauflage in Angriff nehmen.“

In einem umfangreichen Werkverzeichnis finden sich die über 500 Titel Ambergs. „Man braucht auch ein wenig Spürsinn für diese Arbeit, wahrscheinlich habe ich einfach das Sherlock-Holmes-Syndrom“, so Niesen augenzwinkernd.

"Wochenend und Sonnenschein"

Lieder wie „Wochenend und Sonnenschein“ (Comedian Harmonists) oder „Du sollst mein Glücksstern sein“ (deutscher Text) stammen aus der Feder von Charles Amberg. Noch heute sind sie bekannt, nur werden sie eben nicht mit ihm in Verbindung gebracht. Er hat außerdem Operetten, Revues und Drehbücher verfasst.

In den Kapiteln „Biografie“, „Stammbaum“ und „Ausgesuchte Liedtexte“ nähert sich der Autor mit umfangreichem Bildmaterial der fast vergessenen Persönlichkeit an. Ende des Jahres soll noch ein Fachaufsatz für das Stadtarchiv in den Bonner Geschichtsblättern erscheinen. Das Buch als Resultat in den Händen zu halten, sei aber erst einmal ein tolles Gefühl und eine Entschädigung für die jahrelange Arbeit, so der Autor.

Das Buch mit dem Titel „Gib mir den letzten Abschiedskuss“ von Josef Niesen ist im BonnBuchVerlag erschienen und für 9,80 Euro im Buchhandel unter der ISBN 978-3-00-056023-1 erhältlich.

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