Nahverkehr betroffen Verdi kündigt neue Streiks in Bonn an

Bonn · Für den 10. und 11. April haben Gewerkschaften neue Streiks angekündigt. Allerdings wird nur am ersten Tag der Nahverkehr betroffen sein. Das Nachsehen haben Abiturienten der Berufskollegs, die am kommenden Dienstag eine Prüfung schreiben.

Wie die Stadtwerke in einer Pressemitteilung berichteten, müssten SWB-Fahrgäste erneut damit rechnen, dass am Dienstag den 10. April von Verdi gestreikt werde. Die Stadtwerke Bonn seien demnach den ganzen Tag betroffen. "Der Streik wird voraussichtlich große Auswirkungen auf Busse und Bahnen haben", teilen die Stadtwerke mit. Zum Betriebsbeginn am kommenden Tag sollen die Busse und Bahnen wieder fahren. Bei der Rhein-Sieg-Verkehrsgesellschaft (RSVG) habe man zum jetzigen Zeitpunkt noch keine Informationen zu möglichen Ausfällen, wie Betriebsleiter Frank Wiedemann dem GA sagte.

Auch in Köln kommt es am Dienstag zu ganztägigen Warnstreiks. Ab 3 Uhr morgens finden keine Stadtbahnfahrten der Kölner Verkehrsbetriebe (KVB) statt. Laut einer Pressemitteilung würden nur Busfahrten von Subunternehmen durchgeführt. Der Betrieb wird, wie in Bonn, am nächsten Tag wieder aufgenommen.

Besonders ärgerlich wird die Anfahrt für Pendler, die täglich die Linie 16 oder 18 auf der Strecke zwischen Bonn und Köln nutzen. Dort wird ganztägig kein Verkehr stattfinden. Die gute Nachricht: Deutsche Bahn, Mittelrheinbahn und andere Eisenbahnverkehrsunternehmen sind durch den Streik der Gewerkschaften nicht betroffen.

"Unangemessene" Einmischung

Der angekündigte Termin für den Warnstreik dürfte bei den Abiturienten der Gymnasien für Erleichterung gesorgt haben. Ihre Prüfungen beginnen erst am Mittwoch, 11. April, und dann sollen Busse und Bahnen wieder fahren. Zuvor hatte Oberbürgermeister Ashok Sridharan (CDU) an die Gewerkschaften appelliert, im Zusammenhang mit der angekündigten Fortsetzung der Warnstreiks des öffentlichen Dienstes in der nächsten Woche Rücksicht auf die Abiturienten zu nehmen. Er bat die Gewerkschafter für die Tage der Prüfungen, Busse und Bahnen nicht zu bestreiken, damit alle Absolventen rechtzeitig zu den Prüfungsterminen in den Schulen ankommen können. Sein Appell stieß in Bonner Gewerkschaftskreisen auf Befremden. Auch die SPD kritisierte deswegen den OB.

Nach dem Warnstreik vor den Osterferien, als Busse und Bahnen in Bonn lahmgelegt waren, plant die Komba-Gewerkschaft nun für den kommenden Mittwoch den nächsten Warnstreik. Rund 7000 Mitglieder werden dazu in Bonn erwartet. Die Komba vertritt die Interessen von Beamten sowie Arbeitnehmern im öffentlichen Dienst der Kommunen, deren privatisierten Dienstleistungsunternehmen und der entsprechend im Landesdienst Tätigen.

Am Mittwoch, 11. April, werden demzufolge zahlreiche Kindergärten geschlossen bleiben und vielerorts wird der Müll nicht abgeholt. Anders als bei den Stadtwerken ist laut Komba-Streikleiter Rainer Friedrich das Gros der Beschäftigten in den Kitas und bei Bonnorange bei der Komba organisiert. Kaum Auswirkungen seien im Dienstleistungszentrum der Stadt Bonn zu erwarten. „Das wird wie gewohnt geöffnet haben. Wir gehen nicht davon aus, dass dort viele Kollegen streiken werden.“

Auf die Frage, warum Verdi und Komba anders als beim ersten Warnstreik jetzt an getrennten Tagen streiken wollen, obwohl sie dieselben Forderungen vertreten, erklärte der örtliche Verdi-Sprecher Volker Wenner: „Das war beim ersten Warnstreik wohl ein Zufall.“ Sein Landesvorstand lehne aus Konkurrenzgründen grundsätzlich gemeinsame Streiktage ab.

„Wir wissen, dass ein Streik immer eine Belastung für die Bürger darstellt“, sagte Christoph Busch, städtischer Personalrat und Chef der Komba-Gewerkschaft Bonn/ Rhein-Sieg. Allerdings gebe es ein Streikrecht. „Wer die Streiks etwa in Frankreich kennt, weiß, wie moderat hier bei uns gestreikt wird. Der Oberbürgermeister sollte sich besser raushalten und vielmehr dafür sorgen, dass die kommunalen Arbeitgeber, zu denen er auch gehört, ein vernünftiges Angebot auf den Tisch legen. Das ist bisher nicht geschehen“, sagte der Gewerkschafter. Die nächste Tarifrunde sei für den 16. April vorgesehen. „Die Streiks sind angekündigt, so dass sich alle Schülerinnen und Schüler rechtzeitig darauf einstellen können“, sagt Busch.

Für die Vize-Vorsitzende der SPD-Ratsfraktion, Gabi Mayer, hat sich Sridharan „unangemessen“ eingemischt. „Das steht ihm nicht zu“, sagte Mayer, „ein Streikaufruf der Gewerkschaften dient dazu, den berechtigten Forderungen der Gewerkschaften zusätzliche Aufmerksamkeit zu verschaffen“.

Schulpflegschaft steht Sridharan zur Seite

Sridharan war anderer Meinung: „Den Schülern ist es nicht zuzumuten, alternative Beförderungsmöglichkeiten zur Schule zu nutzen, da diese nur schwerlich zu finden sein werden und zudem aufgrund der Streiks mit einem erhöhten Verkehrsaufkommen zu rechnen ist.“ Insofern wären die Schüler, die kurz vor den wichtigsten Prüfungen in ihrer Schullaufbahn stünden, zusätzlich belastet. „Das kann nicht sein“, so Sridharan.

Auf seiner Seite hat der OB die Stadtschulpflegschaft. „Natürlich gibt es ein Streikrecht, und das muss auch wahrgenommen werden können“, sagt Andreas Beutgen, Vorsitzender der Stadtschulpflegschaft. Allerdings sei es „hochgradig unglücklich“, dass ausgerechnet kommende Woche, wenn die ersten Abiturprüfungen anliefen, die Warnstreiks fortgesetzt würden. „Der Tarifstreit wird auf dem Rücken der jungen Erwachsenen ausgetragen, die ohnehin genug Stress wegen der Abiturprüfungen haben.“

Das Nachsehen haben allerdings die Abiturienten der Berufskollegs: Deren erster Prüfungstag ist der kommende Dienstag. Dann werden etwa am Heinrich-Hertz-Berufskolleg rund 30 Prüflinge in den Fächern Informatik und Gestaltungstechnik ihr Wissen unter Beweis stellen müssen. „Das sind natürlich lange nicht so viele wie an den Gymnasien, aber wir erwarten dennoch, dass alle pünktlich zu den Prüfungen anwesend sind“, sagte Markus Klasmeyer, Leiter des Berufskollegs. Er geht davon aus, dass sich seine Schüler gut auf den Warnstreik einstellen werden. „Trotzdem ist das Ganze sehr ärgerlich“, sagte er und lobte Oberbürgermeister Ashok Sridharan, der an die Gewerkschaften appelliert hatte, an den Abiturprüfungstagen möglichst auf einen Streik bei Bus und Bahn zu verzichten

Streik gilt nicht als Entschuldigung

Wie die Bonner Schülerschaft das Ganze sieht, war am Dienstag nicht zu erfahren, eine entsprechende Anfrage des General-Anzeigers bei der Bezirksschülervertretung blieb wohl wegen der Osterferien unbeantwortet.

Harald Franz, stellvertretender Schulleiter am Tannenbusch-Gymnasium und trotz Ferien im Einsatz, gibt sich gelassen. Er geht davon aus, das Gros der Abiturienten sei ohnehin auf Streiks bei Bus und Bahn vorbereitet und werde pünktlich erscheinen. Schließlich hätten die Gewerkschaften breit angekündigt, ihre Warnstreiks fortsetzen zu wollen.

Erster Abi-Prüfungstag ist Mittwoch, 11. April. Laut einem Sprecher des NRW-Schulministeriums ist ein angekündigter Streik kein unvorhergesehenes Ereignis und gilt deshalb nicht als Entschuldigung. Die Schüler müssten pünktlich zu den Prüfungen erscheinen.

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