Streit um 4,3 Millionen Euro Sridharan wurde nicht über Vertragsrisiko bei Urban Soul informiert

Bonn · Der Kaufvertrag für die früheren Stadtgrundstücke am Hauptbahnhof benachteiligt die Stadt bei den Residualkosten. Es geht um Millionen Euro. Jetzt bestätigt der verantwortliche Ex-Abteilungsleiter: Er hatte den Oberbürgermeister nicht über das Risiko unterrichtet.

 Die Baustelle von Urban Soul in der Innenstadt. Der Investor und die Stadt streiten sich um die sogenannten Residualkosten.

Die Baustelle von Urban Soul in der Innenstadt. Der Investor und die Stadt streiten sich um die sogenannten Residualkosten.

Foto: Benjamin Westhoff

Der Streit zwischen der Stadt und dem Urban-Soul-Investor um die sogenannten Residualkosten köchelt weiter. Dabei geht es vor allem um 3,7 Millionen Euro für die statische Ertüchtigung des früheren Nordfelds, auf dem das „Lifestyle-Haus“ und das Hotel stehen. Diese Maßnahmen sehen die Stadtverwaltung und ihre Berater zwar als legitime Residualkosten an, die vom Investor vom Kaufpreis für die städtischen Grundstücke abgezogen werden dürfen. Sie bezweifeln aber, dass die Summe angemessen ist, wie einer vertraulichen Vorlage für den Rat zu entnehmen ist.

Das Problem: Im Kaufvertrag ist nicht rechtsverbindlich geregelt, in welcher Form die Ausgaben zur Herrichtung der Baugrundstücke belegt und abgerechnet werden sollen. Das Rechnungsprüfungsamt (RPA) kritisiert wie berichtet, dass es damit schwerer wird, Residualkostenforderungen abzulehnen. Ein Fachmann aus der Unternehmensberatung Drees & Sommer hatte die Stadt schriftlich vor dieser laxen Regelung gewarnt, später aber doch noch grünes Licht für den Vertrag gegeben.

Im Rechnungsprüfungsausschuss nahmen Ratspolitiker am Donnerstagabend erneut die Stadtverwaltungsspitze ins Visier und hakten nach, wer vor Vertragsunterzeichnung 2017 über das Residualrisiko informiert war. „Wir wollen wissen, ob der Oberbürgermeister eine Mitverantwortung trägt“, betonte Johannes Schott (Bürger Bund) im Ausschuss. Ashok Sridharan wiederholte, dass er nicht in Kenntnis gesetzt worden sei. Das bestätigte RPA-Amtsleiter Daniel Pütz. Der Rechnungsprüfer berichtete von einem Telefonat mit dem Ex-Abteilungsleiter, der den Urban-Soul-Vertrag ausgehandelt hatte und heute nicht mehr für die Stadt arbeitet. „Er sagte, dass er weder den OB noch die Amtsleitung über diese Punkte informiert habe“, so Pütz.

Sridharan fordert Protokolle vor Vertragsabschluss nicht an

Zwar existieren laut Stadtverwaltung Protokolle der Verhandlungen. Weder Sridharan noch Victoria Appelbe als zuständige Leiterin der Wirtschaftsförderung haben diese aber vor Vertragsabschluss angefordert. Beide bauten wohl darauf, über wichtige Themen vom Ex-Abteilungsleiter informiert zu werden. Tim Achtermeyer (Grüne) sieht allerdings auch eine Hol-Schuld. „Bei Vertragsverhandlungen, gerade von dieser Bedeutung, muss sichergestellt sein, dass die entscheidenden Informationen beispielsweise durch Protokolle die Hierarchien der Verwaltung erreichen“, unterstrich das Ausschussmitglied nach der Sitzung. Laut Sridharan hat die Verwaltung organisatorische Konsequenzen gezogen: So müssen an Vertragsverhandlungen jetzt mindestens zwei Personen derselben Hierarchiestufe beteiligt sein, um ein gleichberechtigtes Vier-Augen-Prinzip zu gewährleisten.

Dass das Nordfeld (Bonner Loch, Parkplatz) statisch ertüchtigt werden musste, war schon beim Zuschlag an „Die Developer Projektentwicklung GmbH“ aus dem Zech-Konzern klar. Der Investor hatte eine Garage und die U-Bahn zu überbauen. Gegen die Summe von 3,7 Millionen Euro erhebt das Sachverständigenbüro Ulke Bauconsult, das die Stadt eingeschaltet hat, aber „beträchtliche Einwände“, heißt es in der Vorlage. Und weiter: „Diese konzentrieren sich darauf, dass bei einzelnen Positionen die statische Erforderlichkeit der abgerechneten zusätzlichen Ertüchtigungsmaßnahmen zu hinterfragen ist, dass Abbrucharbeiten in einem aufwändigen Hochdruckwasserstrahlverfahren statt als kostengünstigere Stemmarbeiten durchgeführt wurden, und dass erhebliche Teilleistungen für die Schal-, Bewehrungs- und Betonarbeiten nach Stundenlohn und nicht zu Einheitspreisen erbracht wurden.“

Mehr als acht Millionen Euro an Forderungen anerkannt

Für manche Arbeiten, so die Vorlage, habe der Investor nicht einmal Rechnungen vorgelegt – für die „Bestandsaufnahme Ebene B“ zum Beispiel, für die rund 52.000 Euro abgerechnet worden seien. Die Projektentwickler, die als Generalunternehmer die Firma Zechbau aus dem eigenen Konzern beauftragt haben, wollten sich auf Anfrage nicht äußern.

Neben den 3,7 Millionen Euro weist die Stadt weitere Forderungen über 665.000 Euro zurück, weil sie nicht als Residualkosten zu akzeptieren seien. Rund 8,1 Millionen Euro hat sie dagegen bisher anerkannt. Bei den sogenannten äußeren Residualkosten (Herrichtung öffentlicher Wege und Außenanlagen), die der Investor später noch geltend macht, wird mit weiteren zwei Millionen Euro gerechnet. Der Kaufpreis für die Grundstücke lag bei 23,5 Millionen. Falls die Stadt sich mit dem Investor nicht einigt, soll über strittige Summen ein Schiedsgutachter entscheiden, der laut Vertrag von der Industrie- und Handelskammer zu bestimmen ist.

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